Hagen. . Die vergangene Saison verlief am Ende etwas turbulent für den Basketball-Bundesligisten Phoenix Hagen. Doch das ist abgehakt. Beim Redaktionsbesuch sprach das Phoenix-Führungstrio über die neue Serie, aber auch über Altlasten.

Ein turbulentes Jahr liegt hinter dem Klub – an diesem Samstag startet Phoenix Hagen mit einem Heimspiel gegen BG Göttingen (18 Uhr) in die neue Saison der Basketball-Bundesliga, Hagens achte in Folge. Beim Redaktionsbesuch sprachen Aufsichtsrats-Chef Sven Eklöh, Trainer Ingo Freyer und der neue Geschäftsführer Patrick Seidel über die Vergangenheit, die neue Serie und Zukunftsperspektiven.

Am Ende der vergangenen Saison wurde es auf Grund des Punktabzuges noch eng in Sachen Klassenerhalt. Wie fällt mit etwas Abstand Ihr Saisonfazit aus, Herr Freyer?
Ingo Freyer: Ich bin ja nun schon eine ganze Zeit lang hier. Ich weiß um die Stärken, die wir hier in Hagen haben, und an welchem Punkt unserer Entwicklung wir uns befinden. In den ersten drei Jahren nach dem Aufstieg ging es nur darum drinzubleiben. Das war die Zeit, in der wir uns an das Bundesliga-Niveau herangetastet haben. Jetzt sind wir auf einem Level, auf dem wir so etwas wegstecken können. So, wie die Saison lief, war ich mir ganz sicher, dass uns das nicht umwerfen wird.

In der Geschichte der Bundesliga hat es noch keinen Klub gegeben, für den eine solche Strafe nicht zum Abstieg führte. Phoenix wurde schon als „Sensations-Nichtabsteiger“ tituliert. Dazu die Wechsel in Geschäftsführung und Aufsichtsrat. War es Ihre turbulenteste Saison in zehn Jahren?
Freyer: Nein, für mich als Sportlicher Leiter war es kein turbulentes Jahr. Da gab es andere Jahre, in denen es im Abstiegskampf enger war. Obwohl es am Ende ein bisschen knapp wurde, war es eigentlich ein ruhiges Jahr. Wie schon in den vergangenen Jahren haben wir gut gespielt – über unseren Möglichkeiten.

Hat die Unruhe in Vereinsführung und Umfeld die Mannschaft tatsächlich nicht berührt?
Freyer: Egal ist den Spielern das nicht, die bekommen das schon mit. Ich versuche aber, so etwas von der Mannschaft wegzuhalten, damit wir in jedem Spiel und jedem Training fokussiert sind. Man muss den Tunnelblick haben und die Dinge, die jenseits des Feldes sind, ausblenden. Die gilt es, davon unabhängig zu regeln. Das sind wir gewöhnt. Nicht weil es vorher schon so viele Wechsel in der Geschäftsführung gegeben hätte, aber Baustellen hat es immer gegeben. Damit zurechtzukommen, ist eine unserer Stärken. Es ist auch gut, dass ich schon länger hier bin, da kenne ich den Umgang mit solchen Problemen.

Sie gehen nun in Ihre zehnte Saison in Hagen. Wird es da nicht langsam schwierig, sich vor einer Spielzeit immer wieder neu zu motivieren? Freyer: Nein, ich glaube, dass Motivation eine Charaktereigenschaft ist, die man als Spieler, Trainer oder Mitarbeiter mitbringt – oder eben nicht. Entweder wurstelst du vor dich hin oder du bist voll dabei.

Herr Eklöh, wie haben Sie denn die vergangene Saison als „Neueinsteiger“ erlebt?
Sven Eklöh: Ich hatte Phoenix immer nur von der Zuschauerseite erlebt, ob früher beim SSV, bei Brandt oder heute bei unseren Feuervögeln. Es hatte immer viel mit den Geldern zu tun, aber auch mit mangelnder Anerkennung für diesen Spitzensport. Wir müssen mehr tun! Das ist elementar wichtig. Vor meiner Amtszeit habe ich das auch ein bisschen abgetan, nach dem Motto ,Naja, das ist halt ein Sportverein.’ Jetzt, wo ich in dem Kosmos drin bin, merke ich erst mal – trotz meiner langen Berufserfahrung –, dass ich noch eine Menge lernen musste und immer noch lerne. Jetzt habe ich erst mal gesehen, wie komplex das Sportgeschäft ist. Es gibt die Facette Sport, die Facette Verein, den Bezug zur Stadt, Politik und zum Sportbund. Es gibt das Feld Jugendarbeit, die Ehrenamtlichen – das alles spielt eine Rolle. Dem habe ich mich geöffnet, das ist unheimlich spannend und macht richtig Bock. Aber der Funke muss auch überschlagen – damit alle diese Begeisterung spüren, die Phoenix ausmacht. So wie unser Traditions-Trainer es immer wieder schafft, alle zu verblüffen. Die Konkurrenz fragt sich: ,Wie schafft der das nur?’

Wirtschaftlich haben wir in den vergangenen und im letzten Jahr Pech gehabt – oder anders gesagt: Wir haben alles aufgearbeitet und offen dokumentiert. Die Wahrheit hat einigen weh getan, aber wir mussten die Vergangenheit aufarbeiten und einen Sanierungsplan erarbeiten, der uns die kommenden Jahre noch zur Aufgabe steht. Die Unterstützer der Vergangenheit zu halten und dennoch starke neue zu finden, hat oberste Priorität.
Fühlt sich nach drei Wochen im Amt sehr wohl bei Phoenix: Patrick Seidel, Geschäftsführer. Foto: Michael Kleinrensing Wie haben Sie Phoenix Hagen denn wahrgenommen, Patrick Seidel?
Patrick Seidel: Grundsätzlich ist Hagen ein Name, der mich immer begleitet hat. Mit Düsseldorf hatten wir damals regelmäßig tolle Duelle in der 2. Bundesliga Nord. Auch im Pokal, der damals noch einen anderen Modus hatte, gab es viele Begegnungen. Mich hat immer fasziniert, was für eine Ausstrahlung Phoenix hatte – auch über die Stadtgrenzen hinaus. Da hat man schon ein bisschen neidisch nach Hagen geblickt, weil der Verein so eine große Bedeutung für die Stadt und ihre Menschen hat. Wir in Düsseldorf hatten immer 500 oder 600 Fans aus Hagen zu Gast, die dort für Heimspiel-Atmosphäre gesorgt haben. Das hat dazu geführt, dass ich auch als Fan ab und zu zur Ischelandhalle gefahren bin.

Seit David Bell Point Guard ist, gab es auch einige Siege gegen Alba Berlin, die ich miterlebt habe. Das waren immer Highlights. Zum Thema „Hose runter lassen“: Da habe ich meine Erfahrungen gesammelt, in der zweite Liga. Deswegen kenne ich mich in der Hinsicht aus. Auch wenn einige die zweite Liga vielleicht abtun – aber dort muss man mit noch kleineren Ressourcen arbeiten. Der Druck ist dort auch nicht anders. Ich finde beeindruckend, wie man hier mit dem Thema Lizenzverstöße seit Februar umgegangen ist, und kann mich deshalb auch damit identifizieren. Ich denke, dass wir eine große Herausforderung vor uns haben.

Sie sind nun seit gut drei Wochen im Dienst. Was können Sie über ihre erste Zeit in Hagen sagen?
Seidel: Langeweile kommt nicht auf. Mittlerweile ist mein Terminkalender sehr gut gefüllt, man hat bis zu sechs oder sieben Termine täglich, da muss auch einiges parallel laufen. Dort ein Sponsorengespräch, hier ein Vertragsabschluss. Vieles war natürlich zielgerichtet auf den ersten Spieltag, da muss das Catering organisiert, sich um die Fanartikel und die Helferteams gekümmert werden. Das war schon viel Arbeit. Im Büro bin ich absolut happy. Die Räumlichkeiten an der Funcke-Straße sind zwar etwas verbesserungswürdig – da wollen wir demnächst auch einen Umzug wagen. Aber mit den Mitarbeitern komme ich sehr gut zurecht, das macht großen Spaß. Ich bin auch froh, dass einige Mitarbeiter schon länger dabei sind und den Standort kennen.

Wie groß ist der Mut, wirtschaftlich etwas mehr zu riskieren, um sportlich auf die nächste Ebene zu kommen?
Eklöh: Wir gehen jedes Jahr ins Risiko. Wir müssen uns ja erst einmal konsolidieren – und trotzdem schon in dieser Saison die Weichen für die nächste Stellen. Deshalb bin ich froh, dass Patrick Seidel nun da ist. Wir mussten zuletzt immer sehr kurzfristig planen, was ich falsch finde. Da müssen wir in eine andere Haltung kommen. Die oberste Priorität hat der Schuldenabbau. Der soll so schnell wie möglich von statten gehen, aber nicht auf Kosten der sportlichen Konkurrenzfähigkeit. Dies gut auszutarieren, ist unsere Aufgabe. Natürlich müssen wir uns weiterentwickeln, darauf wird auch die BBL genau achten. Wir haben ein Alleinstellungsmerkmal als Basketball-Standort in der Region und dies sollte man auch nutzen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass 2016/17 für Phoenix Hagen noch mal ein Jahr der Konsolidierung wird?
Eklöh: Ja, ganz klar. Aber mit einer starken Vision im Hinterkopf. In unserem Job muss man immer Visionär sein. Wenn Du aufhörst, besser zu werden, hast du aufgehört gut zu sein.

Zurück zum Sportlichen: Was dürfen die Fans in dieser Saison erwarten?
Freyer: Unser Anspruch ist, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Auf dem Feld soll sich das so ausdrücken, dass wir uns in dem bekannten Spielstil weiterentwickeln. Das werden wir auch tun, weil wir Spieler geholt haben, die uns das ermöglichen. Wir haben auf wichtigen Positionen etwas mehr Erfahrung bekommen. Wir haben auch an Größe zugelegt und sind nicht mehr nur ,die kleinen Phoenixe, die allen weglaufen’. Da sind wir variabler geworden - und das wird sich diese Saison schon zeigen. Wo genau die Reise hingeht, muss man sehen, denn auch die Konkurrenz entwickelt sich ja weiter – sowohl sportlich als auch finanziell. Für mich ist aber wichtiger, dass wir uns auf die eigene Entwicklung konzentrieren, dann werden wir als Mannschaft auch die nötigen Ergebnisse erzielen.

Wie ist die Mannschaft charakterlich einzustufen?
Freyer: Da gibt es auch immer ein Für und Wider. Wir haben keine ,Spinner’ dabei, so wie es früher vielleicht mal war - aber eine Mannschaft kann auch zu lieb sein, das muss man auf dem Spielfeld sehen. Ich hoffe es nicht. Man muss vorher abwägen: Nimmt man den ganz Verrückten, der auf dem Feld aus sich herauskommt und alles gibt, außerhalb des Courts aber genau so extrovertiert ist? Oder nimmst Du einen, der ein bisschen ruhiger ist? Das muss man abwägen, damit am Ende eine ausgewogene Mannschaft steht.

Trainer Ingo Freyer erwartet nach einer starken Vorbereitung einen guten Saisonstart. Foto: Michael Kleinrensing Kann Phoenix vielleicht sogar um die Playoff-Teilnahme mitkämpfen?
Freyer: Vor vier Jahren hatten wir das nächste Level sportlich ereicht, und auf diesem Niveau befinden wir uns aktuell noch. Die ersten drei Jahre in der BBL waren immer auf einem Level, bei dem es immer nur darum ging, nicht abzusteigen. Irgendwann haben wir uns aber gesagt: So, da sind wir jetzt raus, wir wollen ins gesicherte Mittelfeld. Das haben wir seit 2013 geschafft. Irgendwann geht die sportliche Entwicklung aber nicht mehr weiter, wenn das Umfeld nicht mitwächst.

Es sind nur kleine Stellschrauben, die man verändern müsste, die aber Geld kosten – sonst hätten wir seit der Playoff-Saison schon ein oder zwei Mal mehr in den Playoffs gestanden. Vor allem geht es darum, Ausfälle einzelner Spieler zu kompensieren. Wenn du das kannst, bist du auf dem nächsten Level. Jetzt sind wir da, wo wir sind. Realistisch gesehen, müsste man wieder mal sagen, dass es gegen den Abstieg geht. Ich glaube aber, dass wir sportlich um die Plätze 10 bis 14 kämpfen.

Wie schwierig ist die Integration der Spieler, die aus dem Ausland kommen?
Freyer: Dafür bekommt man ein Gespür. Eine große Hilfe dabei ist auch mein Assistent Steven Wriedt, der als Amerikaner genau diese Perspektive kennt. Er kann sich gut in diese Situation einfühlen. Mittlerweile wissen wir auch, worauf die Spieler Wert legen. Ich weiß, dass sich die Spieler bei uns in Hagen besonders wohlfühlen, weil wir sehr auf den Umgang mit ihnen achten. Natürlich gibt es anderswo mehr Geld, aber wir kümmern uns um den Rahmen. Es geht damit los, wie man die Spieler vom Flughafen abholt, wie oft man mit ihnen vorher telefoniert. Die erkundigen sich auch bei anderen Spielern, ob es bei Phoenix ein gutes Arbeitsklima gibt. Mittlerweile wissen wir aber, wie wichtig der Start für alle ist. Eine aufgeräumte Wohnung mit angeschlossenem Internet oder die Geschäftsstellen-Mitarbeiter, die seit der Ankunft der Spieler rund um die Uhr für sie da sind. Das ist sehr wichtig, so dass sich die Spieler wohl fühlen, um sich gerade am Anfang der Vorbereitung, die ja sehr hart ist, voll auf den Sport konzentrieren können.

Der Punktabzug und die Geldstrafe haben darauf hingedeutet, dass hier einige Jahre einiges aufgekommen ist. Für Sie gab es etwas Ähnliches in Essen, warum tun Sie sich das erneut an, Herr Seidel?
Seidel: Auch, weil es meinen Lebenslauf abrundet. Denn in leitender Funktion war ich in der ersten Liga noch nicht tätig. So ist Phoenix auch eine echte Chance für mich. Ich sehe deshalb eher die Potenziale als die Risiken. Gemeinsam mit dem Trainerteam und den Aufsichtsräten sehe ich auch eher das Positive - das überwiegt bei mir gegenüber einer Hemmschwelle vor dieser Herausforderung.

Offiziell sind Sie seit dem 1. September im Amt. Kann man noch kurzfristig Einfluss nehmen, wenn man erst drei Wochen vor Saisonbeginn einsteigt?
Seidel: Verträge haben natürlich Bestand. Auf die Ausgabenseite kann ich nur sehr eingeschränkt Einfluss nehmen, das stimmt. Unser Ansatz ist aber auch eher, die Einnahmenseite zu optimieren. Dort haben wir ein ordentliches Pfund, das wir vermarkten können. Wir haben Werte wie den Hallennamen, hochwertige freie Werbeflächen – auch mit Blick auf die TV-Präsenz. Im Zusammenspiel mit unserem guten Zuschauerzuspruch sind die Aussichten gut, zumal das Thema Fernsehen weiter Fahrt aufnimmt. Die Fernsehpräsenz soll noch steigen, Telekom Basketball wird zu dem Freitags-Livespiel bei Sport1 eine weitere Partie im Internet zeigen.

Geht es dabei um direkte Fernseh-Erlöse oder die eigenen Vermarktungsmöglichkeiten?
Seidel: Nein, wir sind in dieser Hinsicht noch immer eine Randsportart. Aber wir sind froh, wenn wir Fernsehzeit bekommen, vor allem im frei empfangbaren Fernsehen. Damit können wir unsere Partner und Netzwerke ansprechen.

Wie sieht es beim Dauerkartenverkauf aus? Der lief ja etwas schleppend an, es gab auch Kritik mit Bezug auf die Familienkarten.
Eklöh: Meines Wissens nach sind alle Kartenkategorien identisch mit denen des vergangenen Jahres. Die Kartenpreise auf der Haupttribüne, insbesondere unser Heuboden, sind gleich geblieben. Natürlich haben wir die übrigen Kartenpreise in mit uns vergleichbaren Vereinen der Bundesliga verglichen und haben sie moderat angepasst. Dauerkarten waren unverhältnismäßig zu günstig. Eins möchte ich klargestellt wissen: Familienfreundlich sind wir mit Sicherheit.

Der Ansturm auf Karten für das erste Heimspiel war allerdings auch schon mal größer. Ist das ein Zeichen, dass bei den Fans doch eine gewisse Ungewissheit herrschte?
Eklöh: Ja, das macht wohl ein Quäntchen aus. Es gab ja viele Fragen. Bleiben wir in der ersten Liga, können wir die Auflagen stemmen? Diese waren nicht überzogen. Es ging in erster Linie darum, dass wir offen und ehrlich unsere Zahlen kommunizieren und bescheinigen, wie der Weg der Konsolidierung aussieht. Diesen gehen wir partnerschaftlich gemeinsam mit der Liga, unseren Sponsoren und Unterstützern – die gute Zusammenarbeit muss in diesem Zusammenhang auch genannt werden. Im Sinne des Sports wird unser Weg unterstützt, das rechne ich der Liga hoch an. Der Blick geht nach vorn, die Liga geht mit, weil wir es mit den richtigen Leuten angehen. Der Standort Hagen ist für das deutsche Basketball auch zu wichtig, als dass man Phoenix im Stich lassen könnte.

Früher wurde der Saison-Etat kommuniziert. Wie sieht es damit aus? Und wie hoch sind die Verbindlichkeiten aus der alten GmbH?
Eklöh: Bisweilen muss man mit den Zahlen etwas vorsichtig sein. Wichtig ist aber, dass zum Beispiel unsere Mitarbeiter wissen, wie es aussieht. Wir brauchen in jedem Fall 2,5 Millionen Euro, um die Saison zu bestreiten, wir streben aber einen Etat von drei Millionen Euro mittelfristig an. Das ist der nächste Schritt, wir wollen weiterkommen. Dafür müssen wir auch sportlich erfolgreich sein, das hängt immer ganz eng zusammen. Wir müssen den Leuten aber auch ganz bewusst machen, wie wichtig es ist, das zu unterstützen. Eine Nachbarin gibt jeden Monat zehn Euro für den Verein – als Krankenschwester! Sie spendet 120 Euro im Jahr an den Verein, weil sie möchte, dass es weitergeht. Und davon gibt es viele. Wir sind auch auf Geldgeber angewiesen.

Wir müssen aber auch noch Leute wachküssen und ihnen sagen, was Phoenix ausmacht. Wir haben über 100 Leute, die in der Jugendarbeit tätig sind und Kinder von der Straße holen. Wir sind ein echter Verein, auch wenn unsere Gesellschaftsform anderes meinen könnte. Deswegen sind auch unsere Stadt und der Sportbund unsere ersten Anlaufadressen, diese Wichtigkeit mit zu unterstützen.

Am Samstag wird es gegen BG Göttingen ernst für Yannick Anzuluni und Phoenix Hagen. Foto: Michael Kleinrensing Wie hoch sind denn die Altlasten zu beziffern?
Eklöh: Wir führen 100 000 Euro jährlich zurück - und das müssen wir bestimmt sieben oder acht Jahre machen. Dann weiß man, um welche Summe es zirka geht.

Wie ist der Stand, was die Gesellschaften betrifft? Es gab zwei Gesellschaften – die neue Basketball GmbH und Co. KGaA und die alte Phoenix Hagen GmbH...
Eklöh: Die GmbH ist die alte, insolvente Firma. Wir haben einen Sanierungsfall und eine positive Fortführungsprognose. Dieser hat sich die KGaA angenommen – und gesagt: Okay, wir übernehmen die Verantwortung für die alte GmbH und tragen die Verbindlichkeiten über Jahre ab. Dieses Sanierungskonzept wurde der Liga vorgetragen – und das steht. Das sorgt für einen gewissen Druck. Mit allen, die im Boot sind, sind wir uns sicher, dass wir das schaffen können. Aber es bleibt eine große Herausforderung und auch eine große Verantwortung.

Wie groß ist das Wachstumspotenzial von Phoenix? Kann der Verein Sponsoren und Fans auch aus dem Umland anziehen, beispielsweise aus dem Ruhrgebiet? Es gibt ja auch eine Kooperation mit Schalke 04...
Eklöh: In erster Linie blicken wir auf die Vereine in der Region. Schwelm und Iserlohn sind wichtige Vereine für uns, mit denen wir noch intensiver kooperieren wollen. Aber auch das muss wachsen. Die Kooperation mit Schalke 04 soll dazu dienen, talentierte Spieler zu entdecken. In dem großen Land Nordrhein-Westfalen braucht es dazu weitere Satelliten-Standorte und ein solcher ist ganz sicher Gelsenkirchen. Schalke ist in die 2. Liga aufgestiegen und will sicherlich noch mehr. Die Kooperation wird uns aber sicherlich noch zu Gute kommen.
Seidel: Schalke ist ja auch erst in der Findungsphase, ich kenne den Trainer sehr gut, der auch ein alter Düsseldorfer ist. Ich kenne den Manager sehr gut, der Mannschaftskapitän ist ein alter Mitspieler. Aber Basketball steckt bei Schalke noch in den Kinderschuhen, nun soll ein hauptamtlicher Manager beziehungsweise Geschäftsführer eingestellt werden. Irgendwann kann der Gesamtverein natürlich auch die Rakete zünden und dem ganzen noch mehr Energie geben.

Der Blick auf das Ruhrgebiet hat auch einen anderen Aspekt. Früher gab es ein Phoenix-Spiel in Dortmund, zuletzt Gedankenspiele über ein Finalfour-Turnier in Oberhausen. Müssen Sie sich in diese Richtung orientieren, wenn Phoenix weiter wachsen will?
Eklöh: Wir haben den Gedanken mit Oberhausen ja mal gesponnen. So etwas macht man, um auszutarieren, ob man die Halle voll bekommt. Das haben wir bei der Westfalenhalle damals geschafft. So etwas ist wichtig, um zu wissen, wie attraktiv Phoenix Hagen wirklich ist. Wir werden nicht 12 000 oder 15 000 Zuschauer haben, aber 7000 oder 8000 halte ich perspektivisch in einer Multifunktionshalle durchaus für möglich. Konkrekt ist ein Spiel in Dortmund kein Thema, weil man einfach zu viele Umbaumaßnahmen vornehmen müsste.
Seidel: Ich bin überzeugt davon, dass man die Arena in Oberhausen gegen die „drei großen B’s“ mit 8000 Zuschauern vollmachen könnte. Ich glaube, dass bei einem Spiel gegen Bayern München 3000 oder 4000 echte Hagener mitfahren, wenn man Sonderzüge organisiert. Hinzu kommen 1500 oder 2000 Bayern-Fans und einfach noch ein paar Basketball-Interessierte. Da kann man eine richtig gute Geschichte drumherum schreiben – wenn auch noch nicht in dieser Saison.

Sie haben von einem Umzug der Geschäftsstelle gesprochen. Inwiefern sind die Räumlichkeiten verbesserungswürdig?
Seidel: Sie sind einfach zu klein. Nur mal zum Vergleich: Bei ratiopharm Ulm sitzen 23 Leute auf der Geschäftsstelle, davon alleine sechs im Verkaufsteam. Die geben den ganzen Tag Gas und verkaufen ihr Produkt. Mit dem Ergebnis, dass Ulm gerade für 15 Millionen Euro ein Trainingszentrum für Nachwuchs- und Profiabteilung baut. Vereine wie Alba Berlin, Bamberg oder Bayern München sind nicht erreichbar. An Klubs wie Ulm oder Oldenburg sollten wir uns schon orientieren. Warum sollte in Hagen nicht möglich sein, was dort möglich ist?

Allerdings nur, wenn auf Sicht eine neue, größere Halle gebaut wird, oder?
Eklöh: Wenn wir irgendwann einmal größere Schritte machen wollen, kommen wir an dem Thema Halle nicht vorbei. Wir verbrennen heute ja auch Geld dafür, dass wir den Boden ständig auf- und abbauen und reinigen müssen. Unsere aktuelle Infrastruktur ist schon eine Herausforderung. Die Stadt hat die Verantwortung angenommen und steht dem Spitzen-Basketball mehr als offen gegenüber.

Herr Seidel, war die Person Ingo Freyer für Sie auch ein Argument für ihre Entscheidung zu Gunsten von Phoenix Hagen?
Seidel: Grundsätzlich ist schön zu wissen, dass wir an dieser Stelle über große Kontinuität verfügen. Das ist gerade für einen kleinen Verein nach meiner Einschätzung mit das höchste Gut. Das sieht man auch im Fußball, Mainz 05 war so ein Beispiel – daraus kann man eine Stärke ziehen. Wenn man dann noch Korsettstangen wie David Bell hat, ist eine sehr gute Basis vorhanden und muss sich nicht auf irgendwelche vagen Geschichten einlassen. Natürlich habe ich den Weg von Ingo Freyer in Hagen sehr lange verfolgt. Ich finde auch, dass sich Phoenix sportlich stabilisiert hat, wir aber wirtschaftlich und strukturell einen Schritt hinterherhinken. Grundsätzlich herrscht bei mir aber ein gutes Gefühl, weil Ingo Freyer und Steven Wriedt den Laden im Griff haben. Bei mir hat sich in den letzten Wochen kein Spieler darüber beschwert, dass irgendwas nicht läuft. Ich kenne auch Standorte, da hat man den Spieler auf dem Weg zur Geschäftsstelle gesehen und wusste schon: Jetzt geht es los! Wenn man im Anzug mit einem Sponsor zusammensitzt und gleichzeitig ein Spieler ankommt, dass der Internet-Router nicht funktioniert, dann wird es anstrengend.

Was Phoenix ausmacht, ist die Einbindung von deutschen Talenten. Das Ziel ist, alle deutschen Positionen mit Eigengewächsen zu besetzen. Das ist noch nicht ganz gelungen, auch weil Spieler wie Niklas Geske wieder gehen. Wie kann Hagen sein Ziel erreichen?
Freyer: Geld spielt dabei schon eine große Rolle. Spieler wie Niklas Geske sind für uns dann irgendwann nicht mehr zu halten, andererseits freut es einen auch, wenn sie den nächsten Schritt machen können. Man hört von vielen Spielern aber auch, dass sie gerne wieder bei uns spielen würden. Seitdem wir unser Jugendprojekt vor fünf, sechs Jahren vorangebracht haben, ist hier viel entstanden. Mit Dominik Spohr bei Göttingen, Fabian Bleck in Bremerhaven und Niklas haben wir in der jüngsten Vergangenheit schon drei Spieler aus der eigenen Jugend in der BBL untergebracht. Das können Alba Berlin und Bayern München nicht von sich behaupten. Wir haben aber Talente in den Startlöchern, da kommen immer wieder Jungs nach, die man einbauen kann. Gute, von uns ausgebildete Spieler, gehen aber bisweilen auch wieder weg.

Letzte Frage, konkret zum Saisonstart: Die meisten der ersten Gegner sind mutmaßlich auf Augenhöhe. Muss Phoenix am Anfang viel gewinnen, um gleich in ein ruhiges Fahrwasser zu kommen?
Freyer: Ja. Damit befassen wir uns ja die ganze Zeit, darauf arbeiten wir seit Wochen punktuell hin. Ich periodisiere die Saison immer in einzelne Phasen – und in der Phase der ersten sieben Spiele geht es für uns darum, so viele Siege einzuheimsen, wie es geht. Wir haben eine gute Vorbereitung gespielt. Nicht nur von den Ergenissen her, das ist nicht so wichtig, sondern von der Entwicklung der Mannschaft her, was die Hierarchie betrifft. Im Vergleich zu anderen Jahren war das eine bessere Vorbereitung. Deshalb bin ich optimistisch, dass wir einen guten Start haben werden.