Hagen/Iserlohn. Ronja Schroeder aus Iserlohn ist über Cross-Fit zum Gewichtheben beim SSV Hagen gelangt. Was sie dort mitnimmt und wie sie das im Alltag umsetzt.

Immer häufiger kommt es vor, dass junge Frauen Gefallen an der Schwerathletik finden und sich in verschiedenen Disziplinen versuchen. Beim SSV Hagen trainiert seit geraumer Zeit Ronja Schroeder Gewichtheben und hat vor wenigen Wochen ihren ersten Wettkampf absolviert. Sie gibt einen Einblick, warum sie sich für den Kraftsport entschieden hat, was dieser bei ihr auslöst und warum es immer noch das Klischee des reinen Männersports gibt.

Die 27-Jährige war immer schon sehr sportlich unterwegs und probierte sich als Kind und Jugendliche in sämtlichen Sportarten aus, darunter Judo, Boxen, Schwimmen, Ballett oder Laufen. „Meine Eltern haben viel Wert darauf gelegt. Ich durfte mir immer aussuchen, was ich mache“, erzählt sie. Es war dann ihr Vater, dem im September 2017 ein Video auf Facebook begegnete. Es zeigte die sich in Deutschland zum Trend entwickelnde Sportart Cross-Fit. Die Tochter schaute sich begeistert mehrere Videos an: „Es waren wildeste Videos, die mich total beeindruckten.“ Das wollte sie selbst probieren.

Seit sieben Jahren beim Cross-Fit

Gesagt, getan. Sie schloss sich daraufhin der Cross Box in ihrer Heimat Iserlohn an. Cross-Fit, was aus den USA herüber geschwappt ist, verbindet viele Fitnessbereiche. Nicht nur Kraft- und Konditionstraining, sondern auch turnerische Elemente oder Gymnastik. Der gesamte Körper wird beansprucht, mit Trainingsgeräten oder Eigengewichtsübungen. Ronja Schroeder nahm in den ganzen Jahren sogar an ein paar Wettkämpfen teil. Das sei aber stressig. Außerdem legte die junge Frau zuletzt viel Wert darauf, sich im Gewichtheben zu verbessern. Denn das bildet auch einen Teil beim Cross Fit.

Ronja Schroeder
Ronja Schroeder trainiert häufig in der Cross Box Iserlohn und ist dort auch Trainerin. © Cross Box Iserlohn | Carsten Wilke

Sie schaute sich um, wo dies möglich war und stieß auf die Gewichtheber-Gruppe des SSV Hagen, die sie gemeinsam mit ihrem Trainer Carsten Wilke besuchte. „Mir macht es total Spaß, mit der Langhantel zu arbeiten“, sagt sie generell. Es waren dann im Sommer 2024 die Olympischen Spiele in Paris, bei denen das Gewichtheben – und vor allem die Wettkämpfe der Frauen – ihr Interesse weckten. „Es ist ein beeindruckender Sport. Ich habe gestaunt, wie sauber die Technik auf der hohen Ebene aussieht“, erzählt die Sportlerin und fügt an: „Um im Cross-Fit besser damit zurechtzukommen, wollte ich mich aufs Gewichtheben fokussieren.“ Einmal in der Woche nimmt sie daher am Training in Wehringhausen teil. In der Cross Box Iserlohn stehen in einer Krafteinheit nur rund 20 Minuten zur Verfügung. „Es ist schwierig, sich zu verbessern“, hat Ronja Schroeder festgestellt.

Klischees über Frauen im Kraftsport bestehen weiterhin

Seit nun sieben Jahren im Cross-Fit samt Gewichtheben habe sie eine gewisse Selbstdisziplin entwickelt. Bis zu sechsmal in der Woche trainiert sie. „Auch, wenn mir gerade nicht die Laune danach steht. Und wenn es mal nicht klappt, bin ich frustriert. Aber ich habe gelernt, nicht aufgeben. Ich möchte mich nicht darauf ausruhen, was ich gut kann“, gibt sie als Einblick in ihr Inneres. Sie sei als Frau in ihrem Sport in einer kleinen Blase, in der Männer auf dem Papier bessere Leistungen bringen. Aber: „Frauen können die gleichen Leistungen bringen und heben im Verhältnis sogar mehr. Für mich ist es total selbstverständlich, dass ich mit schweren Gewichten arbeite.“

Ronja Schroeder
Vor einigen Wochen trat Ronja Schroeder für den SSV Hagen erstmals bei einem Wettkampf an. © Cross Box Iserlohn | Carsten Wilke

Manche andere Frauen sagen der Kraftsportlerin gegenüber: Das könnte ich nicht, dann wird man ja nur breit. Oder: Frauen an der Stange sehen komisch aus. Ronja Schroeder bedauert dies und sagt mit Blick auf Cross-Fit samt Gewichtheben: „Letztendlich ist es ein guter Sport, eine Altersvorsorge. Man kann mehr den Fokus drauf legen.“ Sie ist sogar zertifizierte Trainerin und leitet gerne an. Dabei gilt es, an unterschiedlichen Stellschrauben zu drehen. Sie müsse vor allem als Frau sehr selbstbewusst auftreten. In ihrer Box in Iserlohn klappt das gut, alle strengen sich an, geben ihr Bestes. „Ich habe den Eindruck, dass Frauen sich sogar noch ein bisschen mehr reinknien.“

Selbstbewusstsein, Geduld und Resilienz gestärkt

Neue Männer in der Box sind zunächst zurückhaltend, selbst wenn sie sich außerhalb total anders verhalten. Wichtig ist Ronja Schroeder: „Die Trainerin sagt mir, wo es lang geht, also mache ich es auch.“ Sie spürt, dass dies und eben das Gewichtheben ihr Selbstbewusstsein stärke. „Geduld und Resilienz werden besser. Auch abseits vom Sport weiß ich: Ich bin stark, ich kann mit Situationen umgehen.“ Sie ist der Meinung, dass Frauen insgesamt noch mehr den Blick für das Detail haben und an Kleinigkeiten arbeiten. Sie hat mitbekommen: „Männer denken eher pragmatisch und sagen beim Sport: Ich trainiere einfach härter.“

Laura Hoeft zeigt starke Leistungen für SSV Hagen

Beim Willi-Verley-Pokal in Essen trat Ronja Schroeder erstmals auf einem Wettkampf im Gewichtheben an. Durch sechs gültigen Versuchen (je drei im Reißen und Stoßen) hat sie in der Gewichtsklasse bis 71 Kilogramm insgesamt 127 Kilogramm geschafft (55 Kilogramm gerissen und 72 Kilogramm gestoßen).

Ihre Vereinskollegin Laura Hoeft stand das zweite Mal für den SSV Hagen Gewichtheben auf der Matte. Sie schaffte in der Master Kategorie in der Gewichtsklasse bis 71 Kilogramm durch sechs gültige Versuche insgesamt 121 Kilogramm (51 Kilogramm Reißen und 70 Kilogramm Stoßen).

Durch das Training sei sie offener, früher hatte sie eine Zeit lang ihre Selbstdisziplin abgelegt, Dinge nach hinten verschoben. Das hat sich komplett gewandelt. Beruflich arbeitet sie im Vertrieb, im Innendienst. Dort hat sie einen Teamkollegen, der anfangs auch dachte: Frauen und Gewichtheben passt nicht zusammen. „Dadurch, dass wir uns mittlerweile gut kennen, hat er eine andere Sichtweise bekommen. Und beruflich begegnet man sich sogar eher auf einem Level“, so Ronja Schroeder. Wenn ihre Leistungen aus dem Sport in den Alltag übertragen werden, weiß sie: „Man ist nicht besser, weil man ein Mann bist. Ich kann das Gleiche leisten. Und wenn nicht, heißt es nicht, dass man ein schlechterer Mensch ist.“

Mittlerweile haben sogar ein paar Freundinnen aus der Cross Box gefragt, ob sie auch mal beim SSV Hagen vorbeischauen können. Das freut die Iserlohnerin, die sich 2025 verstärkt auf das Gewichtheben konzentrieren möchte. Mit drei Einheiten in der Woche, zweimal beim Cross-Fit und weiterhin einmal in Hagen. „Man sieht schnell Fortschritte, wir arbeiten in Hagen in Zyklen. So kann man sich zunächst auf die erste, dann auf zweite Phase konzentrieren“, sagt die Heberin, die das Reißen bevorzugt. Und innerhalb der Trainingsgruppe spürt sie vollen Respekt.