Hagen. Frank Wesselmann geht beim AOK-Firmenlauf mit dem Rollstuhl an den Start - nicht als Einziger. Das ist seine Geschichte:
„Man muss einfach mutig sein.“ Dieser Satz, den Frank Wesselmann sagt, hat eine besondere Bedeutung. „Ich kann nur jedem raten, an seine persönlichen Grenzen zu gehen, es einfach zu versuchen. Das gilt natürlich auch für Menschen mit Handicap.“ Frank Wesselmann ist 47 und stammt aus dem Raum Gütersloh. Er sitzt im Rollstuhl, macht aktuell eine mehrwöchige Intensivtherapie am Ambulanticum in Herdecke. Und am Donnerstagabend war er Teil des AOK-Firmenlaufs, der erneut tausende Menschen an den Hengsteysee nach Hagen lockte.
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„Ich habe eine inkomplette Querschnittlähmung“, erklärt Wesselmann, der sich „ganz spontan abends noch nachgemeldet“ hat. Bei einer inkompletten Querschnittlähmung sind entweder die motorischen oder die sensorischen Nervenbahnen betroffen. „Ich sitze seit mittlerweile sechs Jahren im Rollstuhl. Aber ich arbeite weiter und hart daran, dass ich irgendwann vielleicht wieder eigenständig gehen oder stehen kann. Ich bin fest überzeugt, dass ich es schaffe“, sagt der Mann, der bei der Läufergruppe an den Start gegangen ist und nach 46 Minuten und 27 Sekunden ins Ziel kam. „Eigentlich wollte ich letztes Jahr schon starten, das war dann durch den Regen nicht möglich“, erinnert er sich.
„Ich fand es toll, dass außer mir auch weitere Menschen im Rollstuhl an den Start gegangen sind. Vielleicht kann das andere ermutigen, bei so etwas teilzunehmen“
Aber am Donnerstagabend klappte dann alles: „Ich musste meine E-Unterstützung ausschalten und bin einfach im Fluss der Läufer mitgefahren. Es war schwierig, aber eine tolle Atmosphäre - insgesamt eine super Geschichte“, betont Wesselmann am Tag nach dem Großsport-Event. Natürlich sei es hier und da etwas „kribbelig gewesen“, sich zwischen die Läuferpulks zu schieben - „aber auf jeden Fall machbar, auch für Rolli-Fahrer. Ich fand es toll, dass außer mir auch weitere Menschen im Rollstuhl an den Start gegangen sind. Vielleicht kann das andere ermutigen, bei so etwas mitzumachen“, so seine Hoffnung für zukünftige Veranstaltungen dieser Art.
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„Viele geben sich viel zu früh auf“
Für ihn war es die erste Veranstaltung dieser Art, bei der er an den Start gegangen ist. „Aber ich schwimme, mache Kanusport auf der Ruhr oder fahre Handbike“, gibt er Einblicke in seinen Alltag. Auf die Therapiemöglichkeiten im Ambulanticum sei er zufällig gestoßen, „ich war total begeistert und bin nach wie vor überzeugt von der Arbeit hier“, sagt er über die Einrichtung in Herdecke - ein ambulantes interdisziplinäres Therapiezentrum für die neurologische Nachsorge von Patienten mit einer Erkrankung des zentralen Nervensystems, wie beispielsweise Schlaganfall, Querschnitt, Schädelhirntrauma oder Multipler Sklerose.
„Wir behandeln bei uns Patienten mit erworbener Erkrankung. Sie werden bei uns immer in einer Eins-zu-eins-Behandlung über mehrere Wochen betreut“, erklärt Gründerin Marion Schrimpf. Sie freue sich, Betroffenen durch die Behandlungsmöglichkeiten Hoffnung geben zu können. „Viele geben sich viel zu früh auf. Ich finde, diese Geschichte ist ein tolles Beispiel, dass viel mehr geht als manche für möglich halten. Vielleicht kann sie auch andere inspirieren.“