Hagen. In „Kabinengeflüster“ spricht BG-Trainer Kosta Filippou (42) über prägende und witzige Momente seiner Karriere als Basketballer in Hagen.

Er ist eine Trainerinstitution in der 1. Basketball-Regionalliga: Seit 13 Jahren ist Kosta Filippou Coach der BG Hagen, kein anderer steht schon so lange für seinen Verein an der Seitenlinie. Reichlich Spuren hat der 42-Jährige aber auch als Spieler hinterlassen, stand unter anderem für Bundesligist Brandt Hagen und in der zweiten Liga für BG Hagen und Iserlohn auf dem Feld. Der „gelernte“ Aufbauspieler lässt es seit einigen Jahren ruhiger angehen, kämpft aber regelmäßig mit VFK Boele-Kabel um Titel im Ü35- und Ü40-Basketball.

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In der 9. Folge unserer Serie Kabinengeflüster mit Yannick Opitz und Sören Fritze, die beide für „Coach K“ die Schuhe schnüren, packt der Familienvater einige seiner schönsten Momente und witzigsten Anekdoten aus seiner Laufbahn aus.

Einschusslöcher an der Halle

Die B-Jugend von Brandt Hagen war in den Neunzigerjahren unter anderem deshalb so erfolgreich, weil die Mannschaft von Coach Berthold Bisselik regelmäßig auf internationalen Turnieren vertreten war. „Das hat unheimlich zusammengeschweißt“, weiß Kosta Filippou. Nur die Reisebedingungen waren nicht so angenehm wie bei den Profis. Als die Brandt-Jungs mal zu einem Turnier in die Tschechei gereist sind, sollte sie eine kleine Propellermaschine von Prag nach Bratislava fliegen. Das alte Schätzchen sah allerdings so aus, als sollte es lieber am Boden bleiben. „Wir waren damals 15, 16 Jahre alt und hatten kein Gefühl der Angst. Wir dachten uns: Das passt, wir werden schon ankommen“, erinnert sich Filippou.

Bescherte dem einen oder anderen Fluggast Ängste: Die tschechische Propellermaschine, mit der die Brandt-B-Jugend 1994 von Prag nach Bratislava flog.
Bescherte dem einen oder anderen Fluggast Ängste: Die tschechische Propellermaschine, mit der die Brandt-B-Jugend 1994 von Prag nach Bratislava flog. © Unbekannt | Kosta Filippou

Das Gefühl der Angst beschlich die Basketballer aber, als die Maschine in die Lüfte stieg, die Stewardess sich nach dem Servieren einiger Getränke schnell wieder auf ihren Sitz begab und sich anschnallte. „Erst hat es nur etwas geruckelt, dann fing die Maschine so richtig an zu rattern“, lacht Filippou. Aber den Höllenritt überstand das Jugendteam unversehrt. Am Flughafen von Bratislava durften die jungen Basketballer ihre Koffer dann aus dem Anhänger eines Traktors holen, ehe sie ein ausrangierter Linienbus zur Sporthalle brachte. Dort angekommen verdichteten sich die Hinweise, dass die tschechische Mafia vor Ort das Sagen hatte. „In der Außenfassade der Halle waren Schusslöcher“, erzählt Filippou. „Wir hatten dann schon ein mulmiges Gefühl.“

Schnappschuss mit Folgen

Als Filippou 1996 Teil des Brandt-Erstliga-Kaders wurde, nahm sein Leben angenehmere Züge an. Damals war Nike noch exklusiver Ausstatter der Hagener Basketballer. Noch heute hat Filippou ungeöffnete Kartons des Schuhherstellers in seinem Keller. Man nahm mit was man konnte. Gereist wurde jetzt noch mehr, allerdings nicht hin zu zerschossenen osteuropäischen Hallen, sondern zu den ruhmreichen Stätten von Real Madrid oder Paris Basket Racing. „Paris hatte mit JR Reid und Sedale Threatt zwei Ex-NBA-Spieler, bei Real spielte Pablo Laso unter Trainer Zeljko Obradovic“, schwelgt Filippou in Erinnerungen an Korac-Cup-Duelle gegen Europas Elite. „Als junger Kerl konnte man das gar nicht einordnen, gegen wen man da eigentlich gespielt hat.“

Am Abend vor dem Auswärtsspiel in Frankreich strichen Filippou, Teamkamerad Till Oeltermann und WP-Fotograf David Rosenkranz, mit dem Filippou gut befreundet war, noch durch die Pariser Innenstadt. Verbotenerweise. Denn Brandt-Trainer Peter Krüsmann wollte, dass seine Spieler im Hotelzimmer bleiben. „Ich wusste ja, dass ich nicht viel spielen werde, also sind wir noch mal losgezogen“, grinst Filippou. Als die Volmestädter zwei Tage später mit der Niederlage im Gepäck zu Hause ankamen und Krüsmann die Zeitung aufschlug, wunderte er sich. Anstatt einer Spielszene sah der Trainer den jungen Filippou, wie er lässig vor dem Eiffelturm posierte. „Beim nächsten Training hat Peter mich angegrinst“, denkt Filippou zurück. „Er hat es zum Glück ganz entspannt genommen.“

Willkommen bei den Profis

An seinen ersten Auftritt als Profi von Brandt Hagen denkt man gerne zurück, aber Kosta Filippou tut dies mit Schmerzen. Seine erste Chance bekam er in der Saisonvorbereitung gegen ein US-amerikanisches Collegeteam, das in der Ischelandhalle zu Gast war. „Damals gab es Zehner- und keine Zwölferkader. Die Chance, mal reingeworfen zu werden, war recht hoch“, sagt der BG-Trainer.

Mitte der zweiten Halbzeit war es soweit. Krüsmann beorderte den flinken Spielmacher aufs Parkett. Wie man das als Nachwuchstalent so macht, hing sich Filippou in der Defense voll rein, verteidigte seinen Gegenspieler über das ganze Feld. „Und dann wurde es auf einmal schwarz“, erzählt Filippou. Mit voller Geschwindigkeit rannte er in den Block des gegnerischen Centers und klatschte auf den Boden. „Oooohhhh“ – ein lautes Raunen besorgter Brandt-Fans ging durch die Halle. „Mir war klar: Du bist angekommen auf dem Profilevel, wo es noch mal härter zur Sache geht. Aber ich konnte weiterspielen.“

Die Schulter-Tortur

Geschichten über die eigentümlichen Trainingsmethoden von Miodrag „Pure“ Radimorovic – ehemals Trainer bei Brandt und BG Hagen – wurden an dieser Stelle schon erzählt. Und diesen Mut muss man unseren Kabinengeflüster-Gästen hoch anrechnen. „Wenn ich jetzt was von Pure erzähle, ruft er mich morgen an und verdonnert mich zu Liegestützen“, lacht Kosta Filippou.

Eine Klasse für sich: Die deutschen Junioren im Jahr 1994 mit: Kosta Filippou (Nr. 16), Till Oeltermann (10), Dirk Nowitzki (14), Mithat Demirel (5), Matthias Grothe (Zweiter von rechts hinten).
Eine Klasse für sich: Die deutschen Junioren im Jahr 1994 mit: Kosta Filippou (Nr. 16), Till Oeltermann (10), Dirk Nowitzki (14), Mithat Demirel (5), Matthias Grothe (Zweiter von rechts hinten). © Unbekannt | Privat

Bevor der damalige Basketball-Zweitligist BG Hagen in der Vorbereitung auf die Saison 2001/02 gegen Zweitregionalligist Werne testete, wollte „Pure“ seiner Mannschaft beibringen, wie man ein Spiel gewinnt, wenn die eigene Offensive nicht funktioniert. „Aber die konnte gegen Werne nicht funktionieren, weil wir am Morgen zwei Stunden Schultertraining gemacht hatten“, kann es Filippou heute kaum noch glauben. Auf einem Herdecker Fußballplatz mussten die BGer ihre Schultern kreisen. Nach vorne, nach hinten, nach oben, nach unten. Bis die Basketballer ihre Arme kaum noch heben konnten. „Du konntest den Ball einfach nicht auf den Korb werfen. Deswegen haben wir auch mit 42:30 oder so gewonnen“, sagt Filippou. Aber bezüglich „Pures“ Verteidigung gab es, so betonte es der Trainer immer, nur zwei Meinungen: seine und die falsche. Der einzige, der von der Schulter-Tortur verschont blieb, war BG-Center Saleh Taha. Als der an der Trainingsstätte erschien, durfte er sich wieder umdrehen und nach Hause fahren. Denn Taha erschien um 8:01 und nicht um 8:00 Uhr.

Aufwärmen Kreisliga-Art

Auch wenn die Schultern gut trainiert waren: In der Saison 2001/02 hatte die BG gehörige Probleme, Auswärtsspiele zu gewinnen. Lediglich eine Partie in der Fremde, in Halle an der Saale, konnte man für sich entscheiden – und das war umso verwunderlicher. „Wir sollten eine Stunde eher da sein. Aber eineinhalb Stunden vorher haben wir gesehen, dass es noch 70 Kilometer bis nach Halle sind. Das passte leider nicht“, schmunzelt Filippou.

Er und sein Team streiften sich während der Fahrt die Klamotten über und liefen quasi aus dem Bus aufs Feld. Fünf Minuten Aufwärmzeit blieben noch. Eine kleine Verschiebung des Hochballs nach hinten? Nicht mit Halle. Aber das brauchte die BG Hagen auch nicht. Sie gewann das Duell souverän. „Bei allen anderen Partien waren wir zwei, drei Stunden eher da und haben immer verloren. Und ausgerechnet in Halle haben wir gewonnen“, schüttelt Filippou den Kopf. Scheint so, als würden Kreisliga-Basketballer alles richtig machen...

+++ Info +++

In der Serie „Kabinengeflüster“ sprechen aktuelle und ehemalige Größen des Hagener Basketballs über prägnante, kuriose und witzige Momente ihrer Laufbahnen. Gast der nächsten Folge ist Fabian Bleck (9. März).

Die Serie hat unsere Zeitung in Zusammenarbeit mit den Basketballern Yannick Opitz und Sören Fritze, die bei Erstregionalligist BG Hagen aktiv sind, ins Leben gerufen. Beide spielen seit 2018 wieder für Trainer Kosta Filippou.