Wetter. Der Wechsel nach Heilbronn brachte Daniel Sciborski seinen ersten deutschen Titel. Mit der TSG wurde der Wetteraner Bundesliga-Meister.
Deutscher Vizemeister im Snooker war er schon, 2018 bei den Herren, aktuell ist er es bei den Junioren. Und während seine Sportart mit der Weltmeisterschaft im englischen Sheffield heute als erste in der Halle wieder aus der Corona-Zwangspause startet, hat Daniel Sciborski jetzt auch seinen ersten nationalen Titel. Mit der TSG Heilbronn hat der 20-Jährige aus Wetter die Bundesliga beim Abbruch im März angeführt, nun wurde das Team von der Deutschen Billard Union (DBU) zum deutschen Meister erklärt.
„Super, dass wir jetzt Meister sind“, sagt Daniel Sciborski, der seinen 20. Geburtstag gerade im Urlaub in Frankreich gefeiert hat, „aber die Feier fiel natürlich aus, ich habe meine Teamkollegen ewig nicht gesehen.“ Eben seit dem Saisonabbruch im März, als Sciborski gerade bei den Europameisterschaften im portugiesischen Albufeira aktiv war. Und während weltweit fast alle Sportler in den Lockdown geschickt wurden, ermittelte die „European Billiards and Snooker Association“ an der Algarve weiter ihre Europameister. Bei den Junioren war das Turnier schon beendet, Sciborski schaffte es in der U21-Klasse unter die besten 32, die Herren aber spielten noch. „Als alles zusammenbrach, kamen wir noch rechtzeitig nach Hause“, denkt er zurück, „die deutschen Herren dagegen mussten irgendwie mit dem Bus nach Lissabon kommen.“
Snooker-Tisch im Wohnzimmer
Seitdem hält sich Sciborski, der an der Ruhr-Universität Bochum Jura studiert, in der Heimat in Grundschöttel auf. Zur TSG Heilbronn, zu der er nach seinen Jugendtagen beim Snooker-Club Hagen und dem Bundesliga-Aufstieg mit dem BC Schwarz-Blau Horst-Emscher im letzten Sommer gewechselt war, fuhr der Wetteraner ohnehin nur an den Bundesliga-Spieltagen. „In Horst hat es nicht mehr so gepasst, ich wollte etwas Besseres“, erklärt er den Wechsel nach Baden-Württemberg, „auch wenn Heilbronn nicht ganz um die Ecke ist.“ Sciborski trainiert weiter im heimischen Wohnzimmer („Da habe ich einen Snooker-Tisch, auch wenn er nicht ideal ist, da es an den Ecken ein bisschen eng ist“), fährt zu den sieben Bundesliga-Doppelspieltagen gemeinsam mit dem in Aachen lebenden Teamkollegen Omar Alkojah. Und sieht sich angesichts des Saisonerfolg in der Liga bestätigt.
Gewertet wird dort nach langem Warten, ob die Saison 2019/20 nicht doch noch im Herbst fortgesetzt werden könnte, die Tabelle nach der Hinrunde. Und die weist die TSG Heilbronn mit dem gut integrierten Neuzugang Sciborski als Spitzenreiter aus. Nachdem man sich in den beiden Jahren zuvor als Vizemeister jeweils dem 1. SC Mayen-Koblenz geschlagen geben musste, hatten die Heilbronner nun erstmals ganz knapp mit der besseren Bilanz an Einzelspielen die Nase vorn. Obwohl man das Hinspiel in Koblenz knapp mit 3:5 verloren hatte. „Wir hätten noch am letzten Spieltag gegen Koblenz spielen müssen, da wären wir gern Meister geworden“, sagt Sciborski – und verweist auf die spezielle Rivalität zwischen beiden Mannschaften: „Koblenz ist ein bisschen das Bayern München des Snooker.“
Gute Nachricht beim Fußball-Finale
Der Rivale verpflichte regelmäßig die besten Spieler, hat mit Lukas Kleckers und Simon Lichtenberg zudem die einzigen beiden deutschen Snooker-Profis unter Vertrag. Beide waren auch die Akteure, die sich für die am Freitag startende Weltmeisterschaft in Sheffield hätten qualifizieren können, scheiterten aber jeweils in der zweiten Qualifikationsrunde. Und gegen Kleckers unterlag Daniel Sciborski im letzten Herbst bei den deutschen Meisterschaften in Bad Wildungen im Viertelfinale, während er bei den Junioren erneut Vizemeister wurde.
Dass es in der Bundesliga mit Heilbronn zum ersten Titel reichte, entschied sich Ende Juni. „Ich kann mich noch genau erinnern“, sagt Sciborski, „denn ich habe gerade den 34. Spieltag der Fußball-Bundesliga geguckt, als der Anruf von meinem Mannschaftsführer kam.“ Als Fan von Borussia Mönchengladbach zitterte er noch um den Einzug seines Klubs in die Champions-League, nach dem Gladbacher 21-Sieg gegen Hertha BSC Berlin konnte er dann doppelt feiern. Eine Meisterparty des Heilbronner Teams soll noch folgen, auch wenn Mannschaftskapitän Richard Wienold weiß: „Die Spieler unserer Mannschaft sind quer verstreut durch Deutschland daheim. Da ist es nicht einfach, alle zusammen zu trommeln. Aber das klappt schon.“
Titelverteidigung ist Ziel
Nach der Rückkehr aus dem Urlaub, der ihn noch nach Spanien führt, will Daniel Sciborski in Heilbronn dabei sein. Für die TSG spielt er auch in der nächsten Saison, wenn man den erstmals errungenen deutschen Titel verteidigen will. „Wann die Saison beginnt, ist noch nicht ganz klar, es soll im September oder Oktober sein“, sagt der Wetteraner. In Ermangelung von regulären deutschen Meisterschaften, die für 2020 gestrichen wurden, sollen die „Internationalen offenen Deutschen Meisterschaften“ am 6. November in Rüsselsheim dann Saison-Höhepunkt sein. Und im neuen Jahr will Sciborski, der in der Deutschen Billard-Union vom Nachwuchs-Kader in den sechs Amateure umfassenden Herren-A/B-Kader aufgerückt ist, auch wieder für Deutschland spielen. Etwa bei den Europameisterschaften der Junioren im Frühjahr. Sciborski: „Wann immer die Saison losgeht, ich werde hoffentlich bereit sein.“