Gevelsberg. Der Gevelsberger (18) wird nach seinem ersten Bundesliga-Spiel von Marco Reus, Kehl und Co gelobt. So lief es ab und das sagen die Verantwortlichen.
Es war schon mit viel Fußballromantik verbunden, als Kjell Wätjen zum Zuckerpass auf Marco Reus ansetzte. Ausgerechnet das 18-jährige Talent in seinem allerersten Bundesliga-Spiel legte der BVB-Legende in einem seiner letzten Spiele für den Fußball-Bundesligisten auf. Das aufstrebende Talent macht mit seiner ersten Vorlage in seiner gerade gestarteten Profi-Karriere das erste Mal auf sich aufmerksam und bedient ausgerechnet den, der sich nach über einem Jahrzehnt von Borussia Dortmund verabschieden wird – und dank des Gevelsberger Wätjen womöglich sogar sein letztes Tor im Signal Iduna Park schoss.
Lob von Marco Reus höchstpersönlich
5:1 (4:1) lautete das deutliche Ergebnis gegen den FC Augsburg am Ende. Vor ausverkaufter Kulisse schauten knapp 81.000 Zuschauer bei der Staffelübergabe zu, die sich Wätjen gerade wohl sehnlichst erträumt. Es war ein ganz starkes Debüt des Gevelsbergers. Entsprechend wurde er nach Abpfiff auch am Sky-Mikro von Patrick Wasserzieher zu seiner Vorlage befragt. Und ob Marco Reus sein Idol sei? Darauf startete er eine Lobeshymne für den scheidenden Star.
Reus selber fand angesprochen auf das Debüt des Gevelsbergers auch nur positive Worte. „Kjell hat ein unfassbares Spiel gemacht. Ein geiler Kicker, wie er mich da sieht in dem Raum. Das ist schön, dass er mir die Kugel da auflegt“, lobte Reus den Youngster im Anschluss.
Auch Kehl verteilt Komplimente
Gegen den FC Augsburg deutete Wätjen damit bereits an, was die BVB-Fans in den kommenden Jahren von ihm erwarten können. Er könnte das nächste Juwel werden, das bei Borussia Dortmund den Durchbruch schaffen könnte – und bekam deswegen nicht nur von Reus Lob.
Von Sportdirektor Sebastian Kehl gab es genauso Komplimente: „Wir haben ihn jetzt reingeworfen. Er war etwas aufgeregt. Aber wie ihm die Mannschaft geholfen hat, mit welchen Szenen er selbst auch schnell ins Spiel gekommen ist, hat ihm Sicherheit verschafft. Er war an vielen Umschaltmomenten beteiligt und hat immer wieder Bälle gefordert und einen Assist geliefert. Er hat sich sehr viel zugetraut. Gemeinsam mit Felix Nmecha hat das im Mittelfeld sehr gut funktioniert. Ein besseres Debüt kann man nicht haben.“
Wätjen profitiert von BVB-Rotation
Dabei profitierte das junge Talent auch von der aktuellen Situation der Borussen. Ob Edin Terzic nicht vielleicht den Busfahrer aufstellen wird, wurde er vor dem Spiel gefragt. Denn Dortmund wollte und musste vor dem Kracher im Halbfinale-Rückspiel der Champions League gegen PSG die Kräfte schonen. Schließlich hatten diese am Wochenende spielfrei und gehen komplett ausgeruht in das wichtige Spiel.
Zehn Neue standen deswegen in der Dortmunder Startelf. Nur Torwart Gregor Kobel stand wie zuletzt wieder im Tor. Wätjen nutzte seine Chance und rang nach dem Spiel erstmal um die richtigen Worte. „Ich weiß gerade nicht, was ich sagen soll“, meinte er bei Sky.
Schon als Kind mit eingelaufen
Der Einlauf vor dem Spiel war für Kjell Wätjen etwas ganz besonders, vor der Gelben Wand den heiligen Rasen zu betreten. Aber neu war das für ihn nicht – bereits als Einlaufkind an der Hand von den Stars tat er das früher, damals aber noch in anderer Funktion als heute. Die ganze BVB-Jugend hat er durchlaufen. Für ihn ist nun ein Traum in Erfüllung gegangen.
Ein paar Mal stand er schon im Kader, nachdem er im Wintertrainingslager in Marbella überzeugte, kam aber bisher nicht zum Einsatz. Jetzt war es soweit – und die Nervosität merkte man ihm sofort an. Seine ersten Minuten gingen nicht gerade optimal los. In seiner ersten Szene rutschte er kurz vor dem eigenen Sechzehner aus und verlor den Ball. Das führte er nach dem Spiel im Interview auf die Nervosität zurück.
Mehr Fußball-Romantik geht kaum
Aber von da an kam er immer besser ins Spiel und zeigte sich auch offensiv mit der Zeit immer mehr. Zwischendurch merkte der Sky-Kommentator an, dass Wätjen noch unauffällig sei – doch er belehrte diesen einen besseres und wurde auch von diesem immer mehr gelobt.
Mit 11,4 Kilometer lief der Gevelsberger am Ende von allen BVB-Profis am meisten, gewann 50 Prozent seiner Zweikämpfe und brachte 89 Prozent der Pässe an den Mann. Auf der Sechs machte er einen guten Job. Und in der 34. Minute bereitete er dann eben Marco Reus auch noch seinen Treffer vor – mitten im Dortmunder Torerausch. Aus der eigenen Hälfte flog der Steilpass in die Tiefe und landete perfekt auf Marco Reus Fuß, der mit all seiner Erfahrung den Ball im Tor unterbrachte.
Der eine Star verabschiedet sich bald also und macht eventuell sogar sein Abschiedstor, der andere betritt gerade die Fußballbühne und hofft auf die Karriere, die hinter Reus liegt – fußballromantischer geht es kaum.