Gevelsberg. Er wollte Profi werden, doch dafür reichte es nicht ganz. Jetzt ist Dzenan Mucic in der Bezirksliga gelandet und will abliefern.
Rund um den FSV Gevelsberg fallen immer wieder ähnliche Worte, wenn es um Dzenan Mucic geht. Eine „Maschine“ sei der 1,93 Meter große Stürmer, der offiziell seit dem 4. Dezember für den Fußball-Bezirksligisten spielberechtigt ist. Es gibt nicht wenige, die dem FSV dank der Neuverpflichtung zutrauen, eine ähnlich starke Rückrunde wie im Vorjahr zu spielen und die Meisterschaft noch einmal offener zu gestalten. Genau das will Mucic auch, die neun Punkte Rückstand auf den Tabellenführer Sölde kann aber auch er nicht alleine aufholen. Mit vielen Toren soll er aber dafür sorgen, dass Gevelsberg da ist, wenn der Spitzenreiter Punkte liegen lässt. Seine Vita lässt darauf schließen, dass „Dzeno“ genau dafür der richtige Mann ist.
Der Weg von Dzenan Mucic ist mit einigen Enttäuschungen gepflastert. Der Traum vom Leben als Profifußballer hat sich für ihn nicht erfüllt, dabei sind die Veranlagungen da. Beim Hallenturnier mit seinem Ausbildungsverein FSV Gevelsberg wird er vom VfL Bochum entdeckt, der ihn zu einem Probetraining einlädt - nach zwei Einheiten ist klar, dass sich der Weg des Neffen von Sadat Dautovic an der Castroper Straße fortsetzen wird. Bis zur U19 ist er in Bochum am Ball, durchläuft alle Jugendmannschaften des VfL und darf sogar immer wieder bei den Profis reinschnuppern. An der Seite von „Toto“ Losilla steht er mit auf dem Trainingsplatz. Bis ihn eine Verletzung ausbremst, damals, als die Corona-Pandemie die Welt in Atem hält. „Ich habe dann keinen Profivertrag bekommen und mich deswegen anderwertig umgesehen“, erinnert sich Dzenan Mucic.
Bochum will sechsstellige Ausbildungsentschädigung
Der VfL Bochum hat nämlich keine zweite Mannschaft mehr, in der hoffnungsvolle Talente aus der Jugend Erfahrungen sammeln können, um an den Profifußball herangeführt zu werden. Mucic trainiert deswegen in den Reserveteams von Greuther Fürth oder dem 1. FC Kaiserslautern mit, ehe ihn ein luxemburgischer Erstligist haben möchte. Ein Wechsel kommt aber nicht zustande, weil der VfL laut Mucic 240.000 Euro Entschädigung für die Ausbildung fordert - unrechtmäßig, wie sich später vor Gericht klären sollte.
Der junge Fußballer hängt in einem Schwebezustand, er hält sich in dieser Phase immer wieder mit individuellem Training in Gevelsberg fit. Irgendwann ergibt sich die Gelegenheit, beim englischen Zweitligisten Derby County mitzutrainieren, wo ein gewisser Wayne Rooney als Trainer für die Offensivabteilung verantwortlich ist. Zwei Wochen trainiert er unter dem ehemaligen Weltklassestürmer, bekommt wertvolle Tipps und lernt kennen, wie hart in England gearbeitet wird. „Das ist ganz anders als hier“, erinnert er sich an die intensiven Trainingseinheiten. Ein Vertrag kommt aber auch hier nicht zustande.
Andere Zahlungsmoral in Kroatien
Erneut geht es nach Gevelsberg, ehe er ein Angebot aus der zweiten kroatischen Liga bekommt. Hrvatski Dragovoljac heißt der Verein aus der Hauptstadt Zagreb, bei dem Dzenan Mucic im März 2021 aufschlägt. Über die zweite Mannschaft empfiehlt er sich, steht beim späteren Aufsteiger in die erste kroatische Liga auf dem Platz, ehe nach sieben Monaten auch dort Schluss ist. „Da habe ich gelernt, dass es ganz normal in Kroatien ist, dass man nicht regelmäßig Geld bekommt“, sagt er. Seine Mitspieler erklären ihm, er müsse sich nicht wundern, warum so viele kroatische Talente das Land verlassen, um im Ausland zu spielen. Mucic bricht seine Zelte in Kroatien ab und kehrt wieder einmal enttäuscht nach Gevelsberg zurück.
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Von da an beginnt seine Odysee durch den deutschen Amateurfußball. Erst heuert er beim Oberligisten FC Kray an, als dort das Team auseinander bricht, wechselt er zum TuS 05 Sinsen, wo nach einem halben Jahr ebenso Schluss ist wie bei der folgenden Station in Monheim. „Da war ich dann an dem Punkt, dass ich mit meinem Onkel gesprochen habe“, berichtet Mucic. Der Onkel ist Sadat Dautovic, der ihm während eines Urlaubs den FSV Gevelsberg nahelegt. Mucic wohnt unweit des Stadion Stefansbachtal, über die Kontakte des Vereins will er jetzt eine Ausbildung anfangen. „Das hat jetzt oberste Priorität“, sagt er.
Niveau der Spieler in Gevelsberg überrascht Mucic
Dass es mit dem Profifußball nicht geklappt hat, hat Dzenan Mucic akzeptiert. Traurig sei er deswegen nicht, er habe dank des Fußballs einiges sehen und erleben dürfen. „Corona und die Geschichte mit der Ausbildungsentschädigung haben mir viel kaputt gemacht“, sagt er. Jetzt stehen eben andere Dinge für ihn im Fokus, er kann sich vorstellen, längerfristig beim FSV zu bleiben. Dort trainiert er seit einigen Monaten nicht mit, das Team hat ihn beeindruckt hinterlassen. „Ich hätte gedacht, dass das Niveau in der Bezirksliga schlechter ist. Wir haben hier einige Jungs, die auch höher spielen könnte“, glaubt Mucic. Vielleicht hat er ja noch in dieser Saison einen großen Anteil daran, dass es in der kommenden Spielzeit zumindest eine Liga höher ist.