Schwelm. Mit 18 Jahren bekommt Linderhausens Hakim Kerim Celik die Diagnose Krebs. Genesungswünsche erhält er auch von rivalisierenden Vereinen.
Der Jugend-Trainingsbetrieb auf dem Sportplatz an der Rennbahn läuft auf Hochtouren, so langsam trudeln auch die ersten Spieler der Herren-Teams der Spielvereinigung Linderhausen ein. Jeder Fußballer, der an diesem Dienstagnachmittag auf das Gelände kommt, strahlt direkt bis über beide Ohren, wenn er Hakim Kerim Celik sieht. Der 18-jährige Fußballer ist seit einigen Wochen nur noch selten am Platz, denn bei ihm wurde in diesem Sommer ein Hodgkin-Lymphom, auch bekannt als Lymphdrüsenkrebs, diagnostiziert. Wie er selbst, seine Mannschaft und die gesamte Fußballszene damit umgehen, ist schlichtweg beeindruckend.
Man könnte meinen, dass die Diagnose einen jungen Menschen wie Hakim Kerim Celik aus der Bahn wirft. Zumal für ihn nach bestandenem Abitur in diesem Frühjahr nun ein ganz neuer Lebensabschnitt beginnen sollte. „Schon seit dem ich Kind bin, will ich Polizist werden“, sagt er. Dafür bewarb er sich vor knapp einem Jahr auch, bestand die verschiedenen Auswahlkriterien und wurde schließlich ausgewählt. „Er hatte sogar schon eine Personalnummer“, sagt sein Vater Zafer Celik. Bis dann die Diagnose Krebs kam.
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Eine Diagnose, die die Eltern erstarren lässt
Im ersten Moment konnte Hakim Kerim Celik nicht glauben, was der Arzt nach einem anfänglichen Verdacht und anschließenden Untersuchungen bestätigte. Ein Knubbel am Hals stellte sich als bösartig heraus, der Krebs hatte zudem auch in weitere Teile seines Körpers gestreut. „Hakim hat das einfach so hingenommen, wir Eltern waren wie versteinert“, sagt Vater Zafer. Die Ärzte leiteten gleich die nächsten Schritte ein, nur Tage später fand sich Hakim Kerim in der Behandlung seiner Krankheit wieder.
Dabei deutete im Sommer nichts darauf hin, dass es dem 18-Jährigen körperlich nicht gut ging. In der Vorbereitung auf die neue Saison trainierte Hakim Kerim Celik nach dem Ende seiner Zeit als Jugendfußballer bei den Linderhausener Senioren mit, unter anderem wurde er bei einem Testspiel der ersten Mannschaft Ende Juli 15 Minuten vor dem Ende eingewechselt. Geplant war, dass er sich in der zweiten Mannschaft in der Kreisliga B für die A-Liga-Mannschaft anbietet – doch daraus wird vorerst nichts.
Nur an sein Team gedacht
Nach der Diagnose wandte sich Hakim Kerim Celik an seinen Trainer Julian Marquardt. „Er hat mir nach dem ersten Schock sofort jegliche Unterstützung angeboten, das fand ich toll“, sagt der junge Fußballer. Als Mannschaftssportler, der er ist, dachte Celik aber in erster Linie an sein Team. Das stand nämlich unmittelbar vor einem Meisterschaftsspiel. Celik wollte aber nicht, dass seine Diagnose seine Mannschaft von diesem Spiel ablenkt. Die Partie endete mit einem 1:0-Sieg – und im Anschluss erfuhren Celiks Mitspieler von der Diagnose.
Was dann folgte, ist für Familie Celik bis heute kaum in Worte zu fassen. „Wir wissen gar nicht, wie wir uns dafür irgendwann einmal bedanken sollen“, sagt Vater Zafer. Wer die anderen Fußballern auf der Rennbahn beobachtet, wie sie mit der Familie umgehen, dem kommt der Eindruck, dass diese das überhaupt nicht erwarten.
Unmittelbar nach der ersten Operation, bei der Hakim Kerim Celik der bösartige Knubbel am Hals entfernt wurde, meldeten sich seine Mitspieler mit einem Post in den sozialen Medien, beim nächsten Heimspiel trugen alle Mannschaften zum Aufwärmen ein T-Shirt mit den besten Genesungswünschen. „Das bedeutet mir sehr viel und schenkt mir wirklich viel Kraft“, sagt Hakim Kerim Celik. So einen Zusammenhalt wie in Linderhausen habe er noch nie gespürt. Auch sein Vater Zafer, der in seiner aktiven Zeit als Fußballer für einige Vereine gespielt hat, stimmt dem zu. Aber nicht nur in seinem eigenen Verein ist die Anteilnahme groß. „Es haben sich sehr viele Menschen bei mir gemeldet, auch viele, die ich überhaupt nicht kenne“, sagt Celik. Bei aller Rivalität an Spieltagen sei das an tolles Zeichen.
Celiks Heilungschancen stehen bei 90 Prozent
Von seiner Krankheit unterkriegen lassen will sich er sich nicht. Die Chancen auf eine vollständige Heilung stehen laut den Ärzten bei 90 Prozent, bis es aber soweit ist, ist noch ein langer Weg zu gehen. Einen von vier Zyklen seiner Chemotherapie hat Hakim Kerim Celik bisher durchlaufen, die ausfallenden Haare beunruhigen ihn dabei inzwischen nicht mehr. „Anfangs habe ich gedacht: Oh nein, nicht die Haare“, sagt er, lacht und streicht sich über den inzwischen kurz geschorenen Kopf.
Sportlich betätigt er sich in dieser Zeit auch, soweit es seine körperliche Verfassung zulässt, allerdings gilt es aufgrund des geschwächten Immunsystems nun Erkältungen oder andere, sonst eher banalere Krankheiten zu vermeiden. Auch der Kontakt zu anderen soll er in den nächsten Wochen noch vermeiden. Um auf Nummer sicher zu gehen, misst die Familie gleich zweimal am Tag Fieber. „Wenn es mir gut geht, gehe ich mir aber die Spiele meiner Mannschaft ansehen“, sagt Hakim Kerim Celik. Ohne Fußball geht es für ihn eben einfach nicht.
Im Januar will er wieder spielen
Wenn seine Genesung so verläuft wie erhofft und auch keine durch die Chemotherapie möglichen Nebenwirkungen auftreten, will Hakim Kerim Celik spätestens zu Beginn des neuen Jahres wieder auf dem Feld stehen und sich im Fußball unter Männern behaupten. Auch seine Ausbildung zum Polizisten will er dann weiter verfolgen, wenn ihm die Amtsärzte wieder volle Gesundheit attestieren. Kurz vor der Diagnose hatte es diesbezüglich noch so ausgesehen, als wäre sein seit Kindheitstagen gehegter Berufswunsch nicht mehr möglich. Doch der Einsatz seines Vaters und der Ärzte bei der Polizei hält diesen Traum von Hakim Kerim Celik aufrecht.
Doch das ist alles noch Zukunftsmusik für einen jungen Menschen, der sich aktuell noch ganz anderen Herausforderungen gegenüber sieht. Wie Hakim Kerim Celike mit seiner Diagnose und den daraus resultierenden Behandlungen umgeht, ist und bleibt beeindruckend. Genauso wie die Unterstützung aller um ihn herum.