Schwelm. Die deutschen Basketballer ziehen nach dem WM-Titel auch ins Olympia-Halbfinale ein. Schröder und Co warfen einst auch in Schwelm Körbe.

„Im vierten Viertel versuchten die Schwelmer Baskets, den knappen Vorsprung zu verwalten, doch Dennis Schröder auf der Seite der Gäste drehte nun noch einmal auf und war nicht zu stoppen.“ Ein Satz, der heute erfunden klingt, stand im Jahr 2011 tatsächlich einmal in einer Zeitung. Der heutige Kapitän der deutschen Basketball-Weltmeister stand damals mit 18 Jahren auf dem Feld in der Schwelmer Halle West, musste sich aber trotz seiner starken Leistung im Schlussviertel mit seinen Braunschweigern geschlagen geben. Es ist nur eines von vielen Beispielen, das unterstreicht, welchen Stellenwert die drittklassige ProB für den deutschen Basketball hat – hier sammeln junge Talente erste Erfahrungen im Männer-Basketball. Hier ist dabei auch Schwelm.

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Jetzt sind die deutschen Basketballer mit einem 76:63 gegen Griechenland auch ins Halbfinale bei den Olympischen Spielen eingezogen. Für Stephan Völkel, Geschäftsführer der EN Baskets, war zudem die WM mit dem deutschen Titelgewinn im vergangenen Jahr ein weiterer Beleg dafür, wie großartig seine heiß geliebte Sportart Basketball ist. Dazu sei der Titel eine Bestätigung der vor Jahren im deutschen Basketball eingeleiteten Entwicklungen. „Es ist in den vergangenen Jahren eine Menge passiert, die Einführung der Jugend-Bundesligen oder die Anhebung der professionellen Standards bei den Vereinen haben sicher einen Anteil am Titel“, sagt Völkel, der selbst schon für viele Vereine als Funktionär tätig war.

Klare Vorgaben an Klubs

Die von Völkel angesprochene Professionalisierung im deutschen Basketball bezieht sich auch auf die Strukturen in Schwelm. Die Liga regelt ziemlich eindeutig, was ein Verein wie die EN Baskets zu erfüllen hat, um die Lizenzauflagen für die ProB zu erfüllen. Eine Vorgabe: Es muss einen hauptamtlichen Jugendtrainer geben. Seit diesem Sommer ist das in Schwelm Philipp Beckmann, der sich um die Koordination und das Training im Jugendbereich kümmert.

Etwas anders läuft die Kooperation beispielsweise bei Teams, die in der unmittelbaren Peripherie der großen Bundesligisten angesiedelt sind. Das führt mitunter die größten deutschen Basketball-Talente nach Schwelm, so wie Dennis Schröder oder zuletzt auch Justus Hollatz.

Jetzt Weltmeister, vor einigen Jahren noch Matchwinner des SC Rist Wedel in Schwelm: Nationalspieler Justus Hollatz.
Jetzt Weltmeister, vor einigen Jahren noch Matchwinner des SC Rist Wedel in Schwelm: Nationalspieler Justus Hollatz. © Getty Images | Unbekannt

Wagner mal im Kader

Zumindest ein Mal stand auch Franz Wagner mal im Kader von LOK Bernau gegen die EN Baskets. 2018 kam Wagner allerdings nicht zum Einsatz. Wenige Monate später erzielte er in den Playoffs gegen Ulm 37 Punkte.

Der Nationalspieler und Teil der Weltmeister-Mannschaft spielte von 2017 bis 2021 via Doppellizenz für den SC Rist Wedel und war in dieser Zeit auch zweimal in der Schwelmer Dreifeldhalle zu Gast. Als 17-Jähriger zeigte Hollatz im Februar 2019, über welches Talent er verfügt und legte beim Wedeler 85:77-Sieg in Schwelm fünf Punkte, sieben Assists und fünf Rebounds auf. Knapp ein Jahr später war Hollatz beim 85:80-Sieg seines Teams schon der prägende Spieler. 23 Punkte, vier Assists und fünf Rebounds unterstreichen das. „Bei uns kann man also künftige Weltmeister sehen, ein Grund mehr, sich unsere Spiele in der Halle anzusehen“, findet Stephan Völkel.

Teams wie LOK Bernau, Wedel oder die BSW Sixers können immer wieder auf die Talente von Bundesligisten zurückgreifen – die dann auch in Schwelm Erfahrungen auf ProB-Niveau sammeln, ehe sie später nicht selten tragende Rollen im europäischen oder nordamerikanischen Spitzenbasketball einnehmen.

Deutlicher Zuwachs im Südkreis

An den von vielen nun prognostizierten Boom im deutschen Basketball glaubt Völkel allerdings nicht, dafür sei unter anderem die mediale Berichterstattung des WM-Turniers auf den Philippinen, Indonesien und in Japan zu dürftig gewesen. Der Streamingdienstleister „Magenta“ übertrug zwar alle Spiele und heimste dafür berechtigt großes Lob aus der Basketball-Welt ein, erreichte aber vor allem aber eher die, die sich ohnehin schon für den Sport interessieren. Die breite Masse wurde erst durch die Übertragung des Finales gegen Serbien im ZDF erreicht, knapp 4,6 Millionen Menschen verfolgten den deutschen Triumph live.

Trotz dieser geringeren medialen Berichterstattung für die breite Öffentlichkeit als beispielsweise beim Fußball hofft man auch in Ennepetal, Gevelsberg und Schwelm auf ein größeres Interesse am Basketball in der Region. Der Zulauf in den Abteilungen ist in den vergangenen Jahren wieder deutlich gestiegen bei der SE Gevelsberg, der TG Voerde oder auch im Schwelmer Basketball. „Wir werden weiter akribisch arbeiten müssen, aber das haben wir auch schon vor dem WM-Turnier gemacht“, sagt Stephan Völkel.

Völkel ärgert sich wie viele über den DFB

Der Geschäftsführer der EN Baskets ärgert sich viel mehr über die Ignoranz des Deutschen Fußball-Bundes. Dieser hatte während der Schlussphase des aus deutscher Sicht historischen WM-Endspiels verkündet, dass Bundestrainer Hansi Flick von seinen Aufgaben entbunden wird. „Das ist wieder einmal an Unverschämtheit nicht zu überbieten“, findet er. Gerade in dem Moment, in dem die Öffentlichkeit dem Basketball die große Aufmerksamkeit schenkte, platzte der DFB mit schlechten Nachrichten rein. Jetzt sind die Basketballer nach dem WM-Triumpf drauf und dran, mit einer möglichen Olympia-Medaille den nächsten ganz großen Titel zu holen.