Ennepetal. Die Gevelsbergerin Lena Oberdorf ist eine der besten deutschen Spielerinnen – was sich bereits früh beim TuS Ennepetal abzeichnete.
Jugendtrainer im Fußball haben es mitunter nicht leicht. Manchmal geht es drunter und drüber im regen Treiben der kleinen Kicker, da geht auch schon einmal etwa durch. Gut, wenn man dann eine Lena Oberdorf im Team weiß. Adnan Yalcinkaya kann davon ein Lied singen. Als er die junge Oberdorf, heute eine der besten Fußballerin der Welt, in ihren Anfängen beim TuS Ennepetal trainierte, machte sie ihren Trainer darauf aufmerksam, dass Yalcinkaya einen Spieler zu wenig aufgestellt hatte – nachdem Oberdorf selbst in der heute noch sehr prägenden Art und Weise Lücke für Lücke zugelaufen hatte und keinem Zweikampf aus dem Weg gegangen war. Yalcinkaya war neben Peter Boers und Siggi Flüshöh einer von drei Trainern, die damals schon immer wieder wegen Lena Oberdorf ins Staunen gerieten.
2005 war es, als Peter Boers und Siggi Flüshöh die Minikicker beim TuS Ennepetal übernahmen. Wie es so oft ist, aus dem einfachen Grund, weil ihre beiden Söhne Hendrik Boers und Leander Jendrzey mit dem Fußball anfingen. „Wir hatten wirklich eine tolle Truppe, das war eine tolle Zeit“, erinnern sich Boers und Flüshöh, die zwei Jahre später Unterstützung von Adnan Yalcinkaya bekamen. Zwischen all den Jungs, die sie damals im Bremenstadion trainierten, war auch ein Mädchen, das aufgrund ihrer Spielweise gar nicht auffiel – oder eben gerade genau deswegen: Lena Oberdorf.
Der Ehrgeiz zeichnet Oberdorf schon früh aus
„Viele konnten gar nicht glauben, dass sie ein Mädchen ist“, erinnert sich Yalcinkaya. Der Grund dafür war ihr bereits damals schon körperlich intensives Spiel, ihre starke Technik und ihre mitunter unglaubliche Athletik, die viele Gegner der damaligen Ennepetaler Mannschaft schnell ins Auge fiel. „Wenn sie mal abgeräumt wurde, dann ist sie aufgestanden und hat weitergemacht“, sagt Boers. Mit ihren ersten Minuten in Fußballschuhen sollte sich damals schon zeigen, das Lena Oberdorf vieles von dem hat, was es braucht, um sich bis in die Weltspitze vorzuarbeiten. Talent sei die eine Sache, Oberdorfs Ehrgeiz sei aber von Beginn an spürbar gewesen. „Sie hat viele Fragen gestellt, wollte immer mehr wissen“, sagt Yalcinkaya. „Sie war fast schon sauer, wenn das Training vorbei war“.
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Dieser Ehrgeiz, gepaart mit ihrem Talent, führte mitunter auch dazu, dass die Gegner die junge Oberdorf genau im Blick hatten. Teilweise wurden zwei Jungs abgestellt, um sie zu bewachen. Manndeckung also – wohlgemerkt im Kinderfußball. „Da gab es leider auch immer wieder mal Sprüche von den Gegnern“, erinnert sich Boers.
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In einem Alter, wo es oft noch keine wirkliche Spezialisierung für einzelne Positionen gibt, fühlte sich Lena Oberdorf überall zuhause. „Egal wo du sie gebraucht hast, hat sie gespielt und es gut gemacht“, erinnert sich Flüshöh. „Sie hat auch im Tor eine gute Figur gemacht.“ Besser war sie aber auf dem Feld, weshalb irgendwann absehbar war, dass Oberdorf dem TuS Ennepetal entwachsen würde.
Oberdorf mit der perfekten Karriereplanung
2011 war es dann soweit, Oberdorf wechselte in der D-Jugend zur TSG Sprockhövel und spielte auch dort weiter unter Jungs. Ihr Bruder Tim, heute Profi beim Zweitligisten Fortuna Düsseldorf, war ein Jahr zuvor genau den selben Weg gegangen. Für ihre ersten Trainer rückblickend der richtige Schritt, wie auch der weitere Werdegang ihrer noch jungen Karriere.
Mit 16 wagte Oberdorf den Schritt aus Sprockhövel zum Frauen-Bundesligisten SGS Essen, wo sie sich schnell durchsetzte und die Top-Teams der Liga auf sich aufmerksam machte. Nach zwei Jahren in Essen ging es weiter zum Branchenprimus VfL Wolfsburg, wo sie auf Alexandra Popp traf, die ebenfalls aus Gevelsberg stammt. „Wenn jemand diesen Weg geplant hat, hat er meiner Meinung nach den perfekten Weg gewählt“, findet Adnan Yalcinkaya.
Irgendwann einmal die Beste der ganzen Welt
Ihn, Peter Boers und Siggi Flüshöh eint die Ansicht, dass alles, was Oberdorf bereits in jungen Jahren beim TuS Ennepetal zeigte, auch heute noch zu erkennen sei. „Sie will nie im Mittelpunkt stehen, ist nach außen unauffällig, aber immer für ihre Mannschaft da“, sagt Boers. Auf die Frage, ob sie Stolz empfinden, einen Teil zur Entwicklung einer der besten Fußballerinnen weltweit beigetragen zu haben, wiegeln alle drei Ex-Trainer ab. „In erster Linie bin ich dankbar, einen Teil beitragen zu dürfen“, sagt Peter Boers.
Sein Freund Siggi Flüshöh wünscht sich, dass seine ehemalige Spielerin irgendwann einmal den Weg nach England finden wird, wo der Frauenfußball in den vergangenen Jahren eine noch rasantere Entwicklung als in Deutschland genommen hat. Und Adnan Yalcinkaya geht sogar davon aus, dass es Lena Oberdorf nach ganz oben schafft. „Wenn sie gesund bleibt und vielleicht noch mehr aus sich herauskommt, bin ich mir sicher, das Lena mal Weltfußballerin wird.“ Den Grundstein dafür hat die Gevelsbergerin einst beim TuS Ennepetal gelegt.