Schwelm/Hagen. Samja Roswora und Lisa Sieberg sind Trainerinnen bei der Roten Erde – parallel stehen sie aber selbst noch im Wettkampf. Wie sie das meistern:
Ziemlich genau 76 Zentimeter hoch stehen die acht Hürden auf den 80 Metern vor den jungen Leichtathletinnen an diesem Sonntag im Hagener Ischelandstadion. Eine Herausforderung ist das gerade für die jungen Sportlerinnen, die noch nicht so geübt sind im Hürdenlauf. Da braucht es eine große Menge Empathie von Samja Roswora (30) und Lisa Sieberg (22). Sie trainieren den Leichtathletik-Nachwuchs bei der RE Schwelm nicht nur bei den Mehrkampfmeisterschaften des Fußball-und Leichtathletikkreises Hagen/Ennepe-Ruhr. Ein Wettkampftag, der eine besondere Herausforderung für sie als Trainerinnen ist, schließlich läuft ihr eigener Wettbewerb parallel. Das bedeutet, dass sie in einem Moment für ihre jungen Schützlinge verantwortlich sind – und im nächsten Moment für sich selbst.
Eine der jungen Schwelmer Sportlerinnen ziert sich ein wenig vor dem Hürdenlauf. Ihn nicht anzutreten, würde das Aus im Mehrkampf bedeuten, wo in jeder der insgesamt sieben Disziplinen eine Leistung erbracht werden muss, damit die Teilnehmerinnen in der Wertung bleiben. Selbstbewusstsein aufzubauen ist jetzt gefragt, was Lisa Sieberg und Samja Roswora versuchen zu vermitteln. Einfühlsam sprechen sie mit ihrer Sportlerin, die gleich im ersten Lauf ran muss. Am Ende meistert sie den Lauf, auch wenn sie eher bedächtig als auf Tempo bedacht über die acht Hürden geht. „Das hat sie sehr gut gemacht“, findet Trainerin Roswora.
Als gutes Beispiel vorangehen
Für sie selbst ist der Hürdenlauf auch nicht unbedingt die Lieblingsdisziplin in der Leichtathletik. Am ersten Tag der Mehrkampfmeisterschaften aber muss auch sie die Hürden überwinden, um einen kompletten Siebenkampf absolvieren zu können. Ein Stück weit leben sie und Kollegin Sieberg ihren Athletinnen also vor, dass man sich im Mehrkampf schon einmal durch so manche Disziplin einfach durchbeißen muss.
So ein Wochenende wie jetzt bei den Mehrkampfmeisterschaften in Hagen ist für Roswora und Sieberg durchaus stressig. Wobei die beiden Athletinnen niemals das Wort „stressig“ dafür benutzen würden. „Man muss seine Augen und Ohren überall haben, das ist schon sehr anspruchsvoll“, sagt Lisa Sieberg. Immer wieder gelte es, den jüngeren Athletinnen und Athleten die Aufregung und Ängste zu nehmen und dafür zu sorgen, dass sie sich frühzeitig zur nächsten Disziplin aufwärmen, vorbereiten und auch rechtzeitig an Ort und Stelle einfinden.
Seit Corona wächst die Schwelmer Leichtathletik
An diesem Sonntag, dem zweiten Tag der Meisterschaften, sei das aber deutlich entspannter, als es das noch tags zuvor war. Da waren die ganz jungen Athletinnen und Athleten mitunter zum ersten Mal überhaupt bei einem solchen Wettkampf am Start. „Das ist deutlich aufregender, es herrscht einfach teilweise ein großes Durcheinander“, sagt Samja Roswora. Dieses Mal, und das betonen Roswora und Sieberg unisono, sind sie selbst nebenbei auch noch im Wettkampf bei den Frauen aktiv. Die eigene Leistung steht dabei eindeutig im Hintergrund. Das sei nicht immer so, aber letztlich unumgänglich, wenn Junioren und Erwachsene am gleichen Wettbewerb in unterschiedlichen Altersklassen starten. Teilweise stehen Trainerinnen und Schützlinge dann auch schon mal gemeinsam bei einem Wettkampf. So wie dieses Mal unter anderem beim Speerwerfen.
Seit Corona herrscht bei der RE Schwelm ein regelrechter Boom in der Leichtathletik-Abteilung. Ein Boom, der inzwischen so groß geworden ist, dass es für die Gruppe der Kinder ab sechs Jahren sogar eine satt gefüllte Warteliste gibt. Grund dafür: der Mangel an Trainerinnen und Trainer. „Eigentlich sind wir sehr gut aufgestellt und haben viele Trainer, aber seit Corona haben wir einen großen Zulauf“, sagt Lisa Sieberg.
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Sie übernimmt vor allem in den Trainingseinheiten am Wochenende immer die Verantwortung für in der Regel 15 bis 25 junge Sportlerinnen und Sportler. Im Winter wird in der Sporthalle trainiert, sobald es das Wetter zulässt geht es zum Üben auf den Sportplatz an der Rennbahn. Zweimal unter der Woche, einmal am Wochenende wird dann unter der Anleitung von insgesamt sieben Übungsleiterinnen und Übungsleitern trainiert – und das sorgt auch für Erfolge.
Bald überregional im Vergleich
Dann wird trainiert
In der Sommersaison trainieren die Leichtathleten der RE Schwelm auf dem Sportplatz an der Rennbahn.
Die Kindergruppe (sieben bis zwölf Jahre) trifft sich dort immer dienstags von 17 Uhr bis 18.30 Uhr.
Die Jugendlichen (ab zwölf Jahren) trainieren dienstags von 18 Uhr bis 20 Uhr und donnerstags von 17.30 Uhr bis 19 Uhr.
So wie bei Elisa und Thalia Rabe und Eva Stemmann. Die drei U16-Athletinnen werden aller Voraussicht nach in den kommenden Wochen an überregionalen Wettkämpfen teilnehmen, angepeilt sind unter anderem die Westfälischen Meisterschaften in einzelnen Disziplinen.
Das bedeutet wieder eine Menge Arbeit für die Trainerinnen. Im Vorfeld und an den Wettkampftagen selbst. „Wir machen das nicht für das Geld“, sagt Lisa Sieberg. „Es macht einfach Spaß, mit den Kindern, man wächst auch immer mehr in seine Rolle rein. Wir haben einfach Bock auf Leichtathletik“. Treffender könnte man nicht begründen, warum zwei junge Frauen das sonnige Wochenende lieber im Stadion als an einem Baggersee verbringen.