Ennepe-Süd. Früher hätte er gerne eine Profi-Karriere hingelegt, jetzt spielt Julien Aulbach dort, wo andere eher ihre Karriere beenden: in der Kreisliga C.
Wütend hämmert er auf dem Kunstrasenplatz am Landringhauser Weg herum. Eigentlich, und das belegen mehrere Videos, kann Julien Aulbach deutlich besser Freistöße schießen, als ihm das in diesem Moment beim Spiel seines TuS Hasslinghausen III gegen die TSG Herdecke II gelungen ist. Aulbach ist mit Abstand der beste Spieler auf dem Feld, angesichts seiner bisherigen sportlichen Vita überrascht das allerdings auch nur wenig. In der Jugend spielt der gebürtige Ennepetaler beim Wuppertaler SV und Fortuna Düsseldorf – jetzt aber ist er ein außergewöhnlich guter Kicker in der untersten Klasse. Und dabei soll es auch erst einmal bleiben.
Bei BW Voerde war er schon, beim FSV Gevelsberg hatte er es auch schon probiert. „Das gefiel mir aber alles nicht so richtig“, sagt der 24-Jährige. Statt zu versuchen, sich bei den beiden Bezirksligisten durchzubeißen, wie er es in der Jugend schon beim Nachwuchs der beiden Traditionsvereine gemacht hatte, meldete sich Julien Aulbach erst einmal gänzlich vom Fußball ab. Er probierte sich in der Zwischenzeit in anderen Sportarten, machte unter anderem Kampfsport. „Ich wollte mal sehen, wie weit man gehen kann“, sagt er. Was angesichts des Kampfsports, den er betrieb, treffend passt: „Mixed Martial Arts“, kurz MMA, gilt als eine der brutalsten Sportarten überhaupt.
Durch neuen Beruf wenig Zeit
Der eigentliche Grund aber, warum es für ihn in der Bezirksliga trotz seiner hochwertigen fußballerischen Ausbildung nicht ganz funktionierte, war sein Wille, sein eigener Chef werden zu wollen. Inzwischen ist Julien Aulbach nämlich selbstständiger Dachdecker. „Da kann ich einfach nicht immer garantieren, dass ich es zu jeder Trainingseinheit schaffe“, sagt er. Eher das Gegenteil ist der Fall – was seinen Mitspielern beim TuS Hasslinghausen erst einmal egal ist.
Denn die Qualitäten, die Aulbach für die Drittvertretung des Vereins auf den Platz bringt, überwiegen jede Trainingsbeteiligung. Aber wie findet ein so talentierter Kicker überhaupt zum einem C-Ligisten? „Mein Bruder und ich haben uns umgeschaut, wir wollten unbedingt zusammenspielen“, sagt er. Die Wahl fiel auf den TuS Hasslinghausen III, der in der Vorsaison noch Tabellenvorletzter in der untersten Klasse wurde. „Wir haben nach einem Team gesucht, dass die richtige Mentalität hat, das zu uns passt“, sagt er. Was das heißt? Zumindest so viel, dass die Brüder Aulbach nach einem Verein Ausschau hielten, dem sie sofort helfen können. Und das tun sie. Acht Tore hat Julien Aulbach bisher in dieser Saison erzielt, sein Bruder Robin hält hinter ihm die Seite oftmals dicht. Zumindest dichter als in der vergangenen Spielzeit. Zehn Spiele vor dem Saisonende hat das Team bereits so viele Punkte eingefahren wie in der gesamten Vorsaison.
Keine Lust mehr auf noch mehr Fußball
Entsprechend des fußballerischen Niveaus seiner Mitspieler war sich Julien Aulbach bereits im Vorfeld klar, dass er sicher nicht so gute Mitspieler wie in der Vergangenheit haben wird. „So versuche ich jetzt, den Jungs ein bisschen was weiterzugeben“, sagt er.
Natürlich weckt ein so talentierter Spieler immer auch Begehrlichkeiten bei anderen Vereinen. Ab und an half Aulbach auch bereits in der Zweitvertretung in der Kreisliga A1 aus, Angebote anderer Vereine gäbe es immer wieder. „Für mich ist es aber hier so, wie es ist, perfekt. Ich habe schon lange genug alles nach dem Fußball ausgerichtet, das brauche ich nicht mehr“, sagt er – was seine Mitspieler freuen dürfte.