Hagen/Bochum. Im Fußballkreis Hagen/Ennepe-Ruhr kennt eigentlich jeder Fußballer Matthias Bock. Jetzt stand bei ihm aber die Familie mal im Vordergrund.
Als Matthias und Gregor Bock in ihren BVB-Trikots über den Flur im Bochumer Knappschaftskrankenhaus ziehen, steigt die Laune auf der Station. Gerade einmal einen Tag nach ihrer gemeinsamen Operation sind die beiden Brüder wieder in Bewegung – ehrgeizig wie sie nun einmal sind. Einen Tag zuvor hat Matthias seinem neun Jahre jüngeren Bruder Gregor eine Niere gespendet. Für den im Fußballkreis Hagen/Ennepe-Ruhr bekannten Schiedsrichter und Obmann eine Selbstverständlichkeit. Auch, weil beide gemeinsam in Zukunft wieder zum Fußball gehen möchten.
So gibt es den Ausweis
Einen Organspendeausweis kann sich jeder im Internet bestellen. Unter www.organspende-info.de können sich Interessierte informieren und ein Bestellformular ausfüllen.
Anschließend wird der Organspendeausweis als kleine Plastikkarte per Post zugesandt.
Ein Höchstalter für die Bestellung eines Spenderausweises gibt es nicht. Ebenfalls gibt es nur wenige Erkrankungen, die einer Spende im Weg stehen.
Das Thema Nierenspende ist schon lange bekannt in der Familie Bock. „Als mein Bruder die Bundeswehr vor 35 Jahren verlassen hat, wurde festgestellt, dass er eine Zystenniere hat“, sagt Matthias Bock. Irgendwann, dass war ab diesem Zeitpunkt klar, werde Gregor Bock eine neue Niere brauchen. Obwohl der 60-Jährige eingetragener Organspender ist, lässt er diesen ruhen – in dem Wissen, dass sein Bruder irgendwann seine passende Niere braucht. Dieser Zeitpunkt kam in den vergangenen Jahren immer näher. „Vor zwei Jahren wurde es dann ernst“, sagt Matthias Bock. Nach etlichen Voruntersuchungen, Gesprächen mit Psychiatern und einer Ethik-Kommission war es soweit.
Aus der OP wird ein Familien-Projekt
Große Sorgen hat sich Matthias Bock dabei nie gemacht. „Für mich war das keine Frage, dass ich meinen Bruder helfen werde“, sagt er heute. Auch nicht, als ihm bewusst wird, welche Auswirkungen die Nierentransplantationen bereits im Vorfeld für ihn hat. 15 Kilogramm sollte der seit 45 Jahren aktive Fußballschiedsrichter bis zur Operation abnehmen, um diese für ihn und die Ärzte zu vereinfachen. Kurz vor der OP hatte Bock sogar zwei Kilogramm mehr abgenommen, als gefordert. „Ich wollte auf keinen Fall der Grund sein, warum die Operation nicht durchgeführt werden kann“, sagt er und lacht. Da verzichtete beim Essen mit der Familie schon einmal auf das Steak. „Es gab Suppe“, erinnert er sich.
Aus der notwendigen Operation wurde so nach und nach ein Projekt für die gesamte Familie. Bocks Tochter Carina begleitete ihn beim Laufen um den Hengsteysee. Mit der Unterstützung der Verwandtschaft erreicht Matthias Bock die notwendigen Voraussetzungen vor der Operation, die Ende November dann im Knappschaftskrankenhaus in Bochum getätigt wird.
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Insgesamt sechs Stunden liegen Matthias und Gregor Bock im Operationssaal, der Eingriff läuft reibungslos ab. Natürlich auch, weil die beiden Brüder die perfekten Voraussetzungen für einen solch großen Eingriff geschaffen haben.
Nach der Transplantation schnell wieder auf den Beinen
Wenn Matthias Bock etwas macht, dann scheint er es immer richtig gut machen zu wollen. Nicht umsonst ist er als Fußball-Schiedsrichter seit Jahrzehnten aktiv, wird von Spielern und Trainern geschätzt und ist zuverlässig vorne dabei, wenn es auch abseits des Fußballplatzes darum geht, Verantwortung zu übernehmen. Als ihm Chefarzt Prof. Dr. Viebahn nach der Operation sagt, dass er und sein Bruder nicht lange liegen dürfen, schnappt er sich seinen Bruder und fängt an über die Flure zu ziehen.
In absehbarer Zeit soll es nun wieder gemeinsam zum Fußball gehen. „Ich sage Gregor immer, dass meine Niere mal wieder ein Bierchen beim Fußball braucht“, sagt er und lacht. Wenn es die Corona-Pandemie wieder zulässt, will er die beiden Dauerkarten seines Bruders bei seinem Herzensverein Borussia Dortmund mal wieder beanspruchen. Aber nur, wenn es wieder voll wird. „Bei 750 Zuschauern im Stadion macht das doch keinen Spaß“, findet Bock. Keine halben Sachen eben.
Einen Traum will sich Bock noch erfüllen
Einen weiteren Traum möchte er sich im kommenden Jahr erfüllen. Nach England soll es gehen, denn dort hat Matthias Bock noch nie ein Fußballspiel live im Stadion gesehen. „Mein Bruder schon, und er hat mir so davon vorgeschwärmt, dass ich das unbedingt mal live erleben möchte“, sagt Bock. Die Tour will er, natürlich, gemeinsam mit seinem Bruder machen.
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Bis sich dieser Traum aber erfüllt, wird Matthias Bock noch das ein oder andere Mal auf den Plätzen in Hagen und dem südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis zu sehen sein. Dort sorgt er nach über 2000 Spielen an der Pfeife wieder dafür, dass andere ihrer Leidenschaft nachgehen. So wie er seinem Bruder geholfen hat, sich ständige Fahrten zur Dialyse sparen zu können. „Er soll sich nur nicht immer dafür bedanken“, sagt Matthias Bock. Eine andere Sache liegt ihm aber sehr wohl am Herzen. „Wie uns die Ärzte, Schwestern und Pfleger im Krankenhaus behandelt haben, war wirklich großartig.“ Für selbstverständlich hielte er das nicht – entgegen dem, was er für andere macht.