Schwelm/Ennepetal. Jan Priebe und Sven Garz sind bereits seit Jahren als Groundhopper unterwegs – und erleben dabei unglaubliche Geschichten.

Es ist schon ein seltsames Hobby, das Jan Priebe und Sven Garz da haben. Für den Fußball reisen der Ennepetaler Priebe und der Schwelmer Garz durch die ganze Welt, zu jedem Urlaub gehört auch ein Besuch beim örtlichen Fußballverein. Priebe und Garz sind Sammler. Aber anstatt Briefmarken oder andere Devotionalien zu sammeln, sammeln die beiden Fußballstadien. Groundhopping nennt sich das. Ein Einblick in eine stark wachsende Szene.

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Jan Priebe erinnert sich noch gut. 2006 hat er das erste Spiel seines Herzensvereins, des VfL Bochum, gesehen. Heute besitzt er eine Dauerkarte und ist Mitglied. Irgendwann aber reicht es ihm nicht mehr, lediglich alle Heimspiele im Ruhrstadion zu schauen. Durch seinen Onkel, mit dem er nach wie vor 90 Prozent seiner Touren antritt, fängt er an, quer durch Deutschland zu reisen, um auch Auswärtsspiele des VfL sowie des MSV Duisburg zu besuchen. Das Ziel ist es, immer neue Stadien zu sehen, in denen man noch nicht war. „Dann kam irgendwann der Gedanke, man könnte ja auch mal im Ausland ein Spiel sehen, die Stadt und eine neue Kultur sehen“, erklärt er.

Im Ruhrstadion Bochum fängt alles an

2015 fängt es an. Heute steht der 22-Jährige bei 268 Spielen auf 143 verschiedenen „Grounds“, wie Stadien und Arenen in der Szene genannt werden. Seine beliebtesten Reiseziele sind England, Holland und Belgien. Bei jeder Fahrt in den Urlaub, oder sobald ein freies Wochenende ansteht, informiert sich Priebe, wer wann wo spielt.

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Das Fußballspiel steht meist im Zentrum einer solchen Reise, ein wenig wird auch die Stadt auch besichtigt. Wie so eine Reise abläuft, beschreibt Priebe anhand einer Englandreise. Morgens um sieben Uhr geht der Flieger, in Manchester werden sich ein bis zwei Spiele angeguckt, zwischen oder nach den Spielen die Stadt ausgekundschaftet und der eine oder andere Pub besucht, bevor es am nächsten Morgen zurück geht. Übernachtet wird am Airport.

Wimpel und Eintrittskarten als Erinnerungen

So eine Reise kostet ihn dann, je nach Übernachtung, etwa 100 Euro. Viel mehr wert sind aber die schöne Geschichten und Anekdoten, die er erlebt. Neben Eintrittskarten sammelt er als Andenken an seine Reisen Wimpel der Vereine – inzwischen mehr als 150 Stück. Ein ganz besonderes Exemplar ersteigert er in den Niederlanden. Bei einem kleinen Verein in der Nähe von Enschede fragt er nach einem Wimpel, der Verein verkauft jedoch keine. Zufällig steht der Präsident des Vereins neben ihm, der ihn in sein Büro einlädt und ihm einen Wimpel. Der Grund? Er finde die Story cool.

Jan Priebe (rechts) mit seinem Onkel vor dem San Siro in Mailand.
Jan Priebe (rechts) mit seinem Onkel vor dem San Siro in Mailand. © Jan Priebe

Noch skurriler wird es nur bei einem Besuch in Manchester, als Priebe zum Stadion des kleinen Vereins Stockport County pilgert. Ein Spiel gibt’s dort nicht zu sehen. Der Greenkeeper des englischen Fünftligisten lässt sie aber ins Stadion auf den Rasen, wo die beiden gar das Grün trimmen dürfen. Auch beim FC Sheffield, dem ältesten Fußballklub der Welt, klopft Priebe an die Geschäftsstelle, bekommt eine Stadiontour durch die Kabinen und Trophäensammlung und erhält als Andenken ein Mitgliederheft.

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„Man trifft immer viele nette Leute, die verblüfft davon sind, wenn man solch weite Touren auf sich nimmt, um deren Verein zu sehen“, so Priebe. „Ich will einfach etwas sehen und dann ist es auch schön, eine Städtetour zu machen. Es ist aber auch einfach geil, am Fußballplatz zu stehen und eine Wurst zu essen.“ Auch die Begegnungen seien wichtig. „Man trifft immer jemanden, mit dem man reden kann. Ich glaube, ich war noch nie auf einer Tour, ohne dass ich mit einem Einheimischen ins Gespräch gekommen bin“, beschreibt Priebe.

1300 Spiele gesehen – nur vom BVB

Noch mehr Erfahrungen als Groundhopper hat der Schwelmer Sven Garz. Der 50-Jährige hat sein Leben dem Groundhopping gewidmet. Er ist leidenschaftlicher BVB-Fan und seit 1983 regelmäßig bei Spielen der Schwarz-Gelben. Allein vom BVB hat er mehr als 1300 Spiele gesehen. Insgesamt bringt er es auf ganze 3900 Spiele und hat dabei Stadien in 96 Ländern besucht. Garz selbst sieht sich trotzdem als „Gelegenheits-Hopper“.

Sven Garz betreibt als Hobby Groundhopping - dabei schaut er sich möglichst viele verschiedene Spiele in vielen Ländern an. Wie hier in Nordmazedonien.
Sven Garz betreibt als Hobby Groundhopping - dabei schaut er sich möglichst viele verschiedene Spiele in vielen Ländern an. Wie hier in Nordmazedonien. © Sven Garz

Im Gedächtnis geblieben sind ihm vor allem zwei Partien. 1986 spielte Deutschland im WM-Viertelfinale gegen Gastgeber Mexiko und gewann nach einem verrückten Spiel mit 4:1 im Elfmeterschießen. Rote Karten auf beiden Seiten und Tore von Allofs, Brehme, Matthäus und Littbarski – den Besuch im Aztekenstadion kann Garz nicht vergessen. Auch das Champions-League-Spiel des BVB gegen Kiew ausgerechnet am 11. September 2001 bleibe im Kopf. Als damals in New York das World Trade Center zerstört wurde, landete Garz’ Flugzeug außerplanmäßig in Prag.

Mit dem DFB um die ganze Welt

Am schönsten, so findet Garz, seien die alten Stadien in Belgien und den Niederlanden. Charmante Fußballstadien stehen in der Szene eher im Fokus als die modernen Arenen. „Mich faszinieren die Stadien, die seit 30 Jahren nicht mehr modernisiert worden sind“, erklärt er. Mit der DFB-Elf war er im Oman, in China, Riad oder Teheran. In der Pandemie sah er bisher zwar „nur“ 128 Spiele und besuchte 2021 „nur“ sechs Länder, doch ein Wunschziel hat Groundhopper Garz noch: Australien. Im nächsten Jahr bietet sich die perfekte Gelegenheit, wenn die Frauen-WM in Down Under und in Neuseeland stattfindet.