Gevelsberg/Sprockhövel. So wandelt einer Spielerinnen-Trio vom Baumhof auf den Spuren von Lena Oberdorf und Alexandra Popp.

Sie zählen zu den besten Spielerinnen im deutschen Frauen-Fußball. Alexandra Popp und Lena Oberdorf gehören zu den Leistungsträgerinnen sowohl beim VfL Wolfsburg als auch in der Nationalmannschaft. Popp als Kapitänin. Beide Gevelsbergerinnen haben ihre Karrieren hier begonnen: beim FC Silschede beziehungsweise beim TuS Ennepetal und bei der TSG Sprockhövel. Und beide setzten sich zunächst in Jungen-Mannschaften durch, erkämpften sich dort Respekt, holten dort sich das nötige Rüstzeug. Ein Weg, der erneut die TSG Sprockhövel beschreitet.

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Lernen von den Jungs

Normalerweise wird in den meisten Fällen im Jugendsport ab der C-Jugend nach den Geschlechtern getrennt. Durch eine Sondergenehmigung des Kreises Hagen und der Vereine dürfen Mädchen bis zur U17 in den Mannschaften der Jungen mitspielen. Die TSG Sprockhövel macht aktuell von dieser Sondergenehmigung dreimal Gebrauch.

Leonie Perbandt (am Ball) spielt in der C-Jugend der TSG Sprockhövel und im Nachwuchsteam des DFB.
Leonie Perbandt (am Ball) spielt in der C-Jugend der TSG Sprockhövel und im Nachwuchsteam des DFB. © Verein

Nina Kerkhof (17), Leonie Perbandt (15) und Galina Stich (14) spielen zusammen mit Jungen in dem U15-Team der TSG. Für Nina Kerkhof und Leonie Perbandt gibt es zudem die Erlaubnis, dass sie in der C-Jugend aktiv sein können, obwohl sie zu alt für den Jahrgang sind. Einen Nachteil sehen sie darin aber nicht. „Wir lernen eher von den Jungs, da sie robuster sind und wir dadurch eine andere Spielweise haben, als es bei den Mädchen der Fall ist“, betont Nina Kerkhof. „Wir machen aus unseren Nachteilen Vorteile. Die Jungs sind körperlich anders gebaut als wir. Wir sind dafür oft wendiger“, fügt sie lachend hinzu. Auch Leonie Perbandt sieht darin eine besondere Herausforderung: „Es ist eine andere Qualität und die Entwicklung ist dadurch ganz anders.“

Mädchen begegnen Vorurteilen

Deshalb begegnen die Mädchen zu Beginn bei einer neuen Mannschaft oft Vorurteilen. „Am Anfang ist es etwas schwierig und wir müssen uns erst beweisen“, gibt Leonie Perbandt zu. Schnell würden aber die Jungen bemerken, dass sie mithalten können – und dann gebe es auch keine Probleme mehr. Das beste Beispiel dafür ist die Wahl von Nina Kerkhof zur Kapitänin. „Die Mannschaft hat sich von selbst für Nina entschieden“, freut sich U15-Trainer Ercan Aktan.

Lena Oberdorf hat es am Baumhof vorgemacht. Über die SGS Essen kam die Nationalspielerin in die Frauen-Bundesliga. Seit dem Sommer 2020 spielt sie beim VfL Wolfsburg. „Auf jeden Fall. Körperlich bringt das einiges, ich würde auch jedem Mädchen empfehlen, so lange bei den Jungs zu spielen, bis es nicht mehr geht. Da lernt man, sich durchzusetzen“, sagte Oberdorf in einem Interview mit unserer Zeitung auf die Frage, ob es sie fußballerisch weiter gebracht habe, mit Jungs zu spielen

Galina Stich, C-Jugend-Spielerin der TSG Sprockhövel, ist auf gutem fußballerischen Wege.
Galina Stich, C-Jugend-Spielerin der TSG Sprockhövel, ist auf gutem fußballerischen Wege. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Trainer Ercan Aktan ist von den drei Mädchen in seinem Team überzeugt, war zu Beginn aber überrascht. „Hier bei der TSG ist es meine erste Erfahrung mit Mädchen im Team, aber es macht wirklich viel Spaß“, schwärmt er. Die Mädchen können sich den Worten ihres Trainers nur anschließen. „Ercan macht es wirklich sehr gut“, schwärmen die Kickerinnen. Galina Stich und Nina Kerkhof sind für Aktan ein fester Bestandteil der Mannschaft. Leonie Perbandt ist aktuell verletzt. „Leonie ist trotz der Verletzung sehr aktiv neben dem Platz“, lobt Co-Trainerin Emilia Krieger den Einsatz der 15-Jährigen.

Über U-Auswahl in Bundesliga

Das Trainerteam erlebt alle drei Fußballerinnen als sehr leistungsorientiert. „Es ist schade, dass Nina und Galina nur einmal in der Woche beim Training anwesend sein können“, bedauert der Aktan. Die beiden leben im Mädcheninternat des Fußball- und Leichtathletik-Verbands Westfalen (FLVW), sie trainieren nur freitags bei der TSG. Im Internat lernen die beiden, wie sie ihren sportlichen Alltag mit ihren Pflichten wie Schule verbinden können. Der FLVW sagt selbst, dass er den Fußballerinnen mit dem Internat einen Weg in die Fußballspitze ermöglichen möchte.

Zum Start der Karriere mit den Jungs gespielt, jetzt in der Frauen-Nationalmannschaft: Lena Oberdorf (/links) und Alexandra Popp aus Gevelsberg.
Zum Start der Karriere mit den Jungs gespielt, jetzt in der Frauen-Nationalmannschaft: Lena Oberdorf (/links) und Alexandra Popp aus Gevelsberg. © Archiv | Peter Hartenfelser

Hinzu kommt, dass alle drei Kickerinnen für die Westfalenauswahl auflaufen. Auch Lena Oberdorf hat diesen Weg beschritten. In den U14- bis U18-Teams Westfalens hat Oberdorf 16 Spiele absolviert – und dreimal getroffen. In den U-Nationalmannschaften hat die Gevelsbergerin 39-mal den Dress mit dem Adler übergestreift (bei 15 Treffern). 2017 gewann sie mit dem DFB-Team die U17-Europameisterschaft Alexandra Popp durchlief die vier U-Teams der Nationalmannschaft mit 44 Einsätzen und 32 Toren mit dem Höhepunkt U20-Weltmeisterin 2010 und U17-Europameisterin 2007.

Schritt in Richtung Profi-Fußball

Mit den Nominierungen für die Westfalenauswahl macht das Sprockhöveler TSG-Trio einen wichtigen Schritt in Richtung Profifußball. „Mein Wunsch ist es, so hoch wie möglich zu spielen“, träumt Nina Kerkhoff. Ihre zwei Teamkolleginnen stimmen ihr zu. Wie ihr gemeinsames Vorbild Lena Oberdorf, die selbst bei der TSG gekickt hat, möchten sie später mal für die Nationalmannschaft spielen. Galina Stich hat zudem ein Team im Blick, für das sie in Zukunft gerne mal spielen möchte: „Mein Wunschverein wäre der FC Barcelona.“

Bis dahin haben die drei noch einen weiten Weg vor sich. Jetzt wünschen sie sich aber schon, dass mehr Mädchen in Jungen-Mannschaften spielen würden und damit ihre Qualität zeigen.

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