Kopenhagen/Gevelsberg. Das sind die Parallelen vom Drama um Eriksen in Kopenhagen und dem Infarkt von „HaPe“ Müller vor siebeneinhalb Jahren.

Ein riesen Schock, ein Déjà-vu. Dieser Samstagabend, dieser 12. Juni 2021 hatte es in sich. Der dänischen Fußball-Nationalspieler Christian Eriksen geht zu Boden, muss reanimiert werden. Entsetzen in allen Gesichtern, die während der Übertragung zur Europameisterschaft im Fernsehen gezeigt werden. Knapp 700 Kilometer vom Geschehen entfernt sieht Hans-Peter Müller die Szene am Bildschirm, fühlt sich um siebeneinhalb Jahre zurück versetzt. Erinnerungen werden wach, als am 11. Januar 2014 der Trainer Müller zu Boden geht und um sein Leben kämpfte.

+ + + Du willst wissen, was im lokalen Sport in Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal, in Wetter und Herdecke sowie in Hagen passiert? Melde Dich hier zum kostenlosen Newsletter an + + +

Kliche leitete Maßnahmen ein

„Als ich das gesehen habe, habe ich sofort an die Situation von damals denken müssen“, sagt Hans-Peter Müller, seinerzeit Trainer des Oberligisten HSG Gevelsberg-Silschede, aktuell Trainer des Verbandsliga-Aufsteigers TG Voerde. Müller erlitt einen Herzinfarkt. Insbesondere durch die sofort eingeleiteten Wiederbelebung-Maßnahmen durch den damaligen HSG-Kreisläufer und Berufs-Feuerwehrmann Kevin Kliche, kehrt der bewusstlose Trainer ins Leben zurück.

„Ich kann mich nur erinnern, dass ich eine Flasche Wasser haben wollte“, sagt Müller. „Dann bin ich liegend wach geworden. Kevin hielt meinen Kopf, meine Frau und meine Tochter standen dabei, die Halle war leer.“ Die gesamte Dramatik, der Kampf ums Leben, die Herzmassagen, die Mund-zu-Mund-Beatmung, das Einsetzen des Defibrillator – all’ das hat Müller seinerzeit nicht mitbekommen. „Ich weiß nur noch“, erinnert sich der heutige Voerder Trainer, „dass ich mich gewundert habe, dass die Halle leer war und warum wir nicht einfach weiter spielen würden.“

Schnelle Reanimation rettet Leben

Was danach kam, ist Geschichte mit glücklichem Ausgang. Müller („Der 11. Januar 2014 war mein zweiter Geburtstag.“) kam ins Krankenhaus, zum Herzspezialisten in Wuppertal. Nach einigen Tagen konnte er wieder nach Hause. Das große Glück war, dass er so schnell reanimiert wurde. Was in den Tagen unmittelbar nach der Attacke übrig geblieben ist, waren große Schmerzen im Rippenbereich. „Mir hat der Professor erzählt, dass es nicht ungewöhnlich sei, nach Herzmassagen mit Rippenbrüchen davon zu kommen“, so Hans-Peter Müller, der allgemein einfach „HaPe“ gerufen wird. „Leber die Rippen schmerzen, als dass ich ganz weg wäre.“

Handballspiel wird abgebrochen

Dramatische Momente am 11. Januar 2014, die sich in Gedanken am 12. Juni 2021 wiederholen. Müller kann in etwa nachempfinden, was sich vor Ort abspielt. Beim Blick via Bildschirm in die Gesichter von Spielern aus Dänemark und Finnland, in die der Mannschaften um die Nationalmannschaften, in die der Zuschauer wird der Schock der durch das Stadion in Kopenhagen geht, ist mehr als deutlich. Auch, dass beide Mannschaften sichtlich gehemmt weiter gespielt haben, war auch laut Müller nur eine logische Folge.

Dass das Spiel am Samstagabend überhaupt noch ausgetragen wurde, darüber kann und will Müller nicht urteilen. Vor siebeneinhalb Jahren, die HSG Gevelsberg-Silschede führte in der 27. Minute in der Halle West gegen Teutonia Riemke mit 12:7, war es keine Frage, dass die Begegnung nicht fortgeführt, sondern abgebrochen wurde. „Noch heute, wenn ich Bochumer, die damals dabei waren, treffe, sagen sie: Es ging nicht, wir hätten einfach nicht spielen können“, sagt „HaPe“ Müller. Die Meinung innerhalb der HSG-Truppe war genau so. Die Partie wurde abgebrochen und im Laufe der Saison wiederholt – die Bochumer gewannen. Nicht so bei dem Spiel der Fußball-Europameisterschaft in Kopenhagen. Nach knapp zweistündiger Pause ging es weiter, Finnland gewann gegen abwesend wirkende Dänen.

Euro ist für Dänemark gelaufen

„Ich bin hin und her gerissen, ob man diese Begegnung noch am Abend hätte spielen sollen“, sagt Hans-Peter Müller, der nicht weiß, wie er eine etwaige Entscheidung gefällt hätte. „Es ist und war völlig egal, ob das Spiel noch am Samstagabend oder, wie die UEFA es als Alternative vorgeschlagen hat, am Sonntag um 12 Uhr hätte stattfinden sollen. Die Dänen sind durch, sie können sich nicht mehr auf den Fußball konzentrieren, wie es bei solchen Meisterschaften nötig ist“, ist sich Müller sicher. „Die Europameisterschaft ist für Dänemark gelaufen.“

Erstes Training seit Oktober ein Genuss

Für Hans-Peter Müller geht es mit dem Handball weiter, vergangene Woche gab es endlich wieder das erste Training mit seinen Jungs. „Ich habe den Jungs erst einmal erklärt, was wo in der Halle ist und was wie funktioniert“, sagt Müller – und lacht. Aber in der Tat gab es ein großes Hallo, in einer Umgebung, die seit vergangenen Oktober so nicht mehr bekannt war – ja, sogar verboten war. Müller: „Das erste Training war ein Genuss.“

+ + + Mehr Lokalsport aus dem südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis findest Du hier + + +