Gevelsberg. Die Fußballer von EJ, SEG und VfL gibt es nicht mehr. Und so entwickelte sich die Erfolgsstory des FSV Gevelsberg.

„Geh’ mir weg mit dem Quatsch“, lautete eine der ersten Reaktionen. Insbesondere bei den älteren Fußballern von SE Gevelsberg und VfL Gevelsberg stießen die Pläne zur Aufgabe der eigenen Fußballabteilung beziehungsweise des eigenen Vereins auf Ablehnung. Aus dem „Quatsch“ wurden ernsthafte Gespräche, die Neugründung des FSV Gevelsberg und schließlich – 16 Jahre später – kann der „Quatsch“ als Erfolgsstory benannt werden.

Viel Überzeugungsarbeit zu leisten

Dabei hatten in den früher Nuller-Jahren Knut Kaiser und Andreas Linke ordentlich Überzeugungsarbeit zu leisten. „Uns war damals klar, dass nur ein Zusammenkommen beider Fußballer diesen Sport in Gevelsberg voranbringen kann“, so Kaiser, der seinerzeit der Abteilungsleiter der SE Gevelsberg war. Die SEG war erstmals ranghöchster Fußballklub als Bezirksligist – das war sogar einen Wagen im Gevelsberger Kirmeszug wert. Der VfL Gevelsberg hatte immer noch an dem finanzielle Ruin zu knapsen – und dem folgenden Fall von der Oberliga bis in die Kreisliga C. Der VfL hatte an den bezahlten Fußball geklopft, dies aber teuer bezahlen müssen.

Die Unterschriften im November 2004: Die Fußballer von VfL Gevelsberg und SE Gevelsberg lösen sich auf und gründen den FSV Gevelsberg.
Die Unterschriften im November 2004: Die Fußballer von VfL Gevelsberg und SE Gevelsberg lösen sich auf und gründen den FSV Gevelsberg. © WP | Heinz-G. Lützenberger

„Es war in der Tat schwierig, die Älteren zu überzeugen“, so Andreas Linke, damals Vorsitzender des bereits neu gegründeten VfL Fußball Gevelsberg war. Der VfL Gevelsberg hatte sich übrigens als Gesamtverein aufgelöst, die verschiedenen Abteilungen lebten als neue Vereine weiter. Eben wie der VfL Fußball Gevelsberg. So sollte vermieden werden, dass sich finanzielle Probleme auch bei den Turnern, Boxern oder Judokas nieder schlagen konnten.

Vorbehalte erfahren

Dass es Vorbehalte gab, hat Knut Kaiser am eigenen Leib erfahren, als er zusammen mit Oliver Brakelsberg eine entscheidende Jahreshauptversammlung des VfL Gevelsberg in der „Juliushöhe“ besuchte. „Diese Blicke“, sagt er heute lachend. „Die haben ganz klar bedeutet: Was wollen die denn hier?“ Und diese Blicke habe gezeigt, dass bis zur Jahrtausendwende ein ordentlicher Konkurrenzkampf im Gevelsberger Fußball herrschte.

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Knut Kaiser kann sich noch an bissige Duelle beider Mannschaften – die SE Gevelsberg firmierte noch als EJ Gevelsberg – beispielsweise auf dem Heidesportplatz erinnern. „Da war ordentlich Zoff, da haben einige Zuschauer, manchmal auch Mütter mit Stöcken oder Regenschirmen aufeinander eingedroschen“, so Kaiser. Nicht nur SEG und VfL waren sich hin und wieder nicht grün. FC Silschede, FC Gevelsberg, FC Vogelsang schließlich der FC Gevelsberg-Vogelsang buhlten um gute Spielerinnen und Spieler, buhlten um potenzielle Sponsoren.

Die Grundsteinlegung fürs FSV-Bistro mit (v.l.) Andreas Linke, Gerd Vollmerhaus, Bürgermeister Claus Jacobi und Knut Kaiser.
Die Grundsteinlegung fürs FSV-Bistro mit (v.l.) Andreas Linke, Gerd Vollmerhaus, Bürgermeister Claus Jacobi und Knut Kaiser. © Archiv

„Wir brauchten Sponsoren. Aber wir nahmen uns die möglichen Spenden gegenseitig weg. Auch das war ein wichtiger Grund, den FSV Gevelsberg zu gründen“, erläutert Knut Kaiser. Und bis zur besagten Jahreshauptversammlung hatten Andreas Linke und seine weiteren Vorstandsmitstreiter gute Überzeugungsarbeit geleistet, so dass es nur eine Stimme gegen die Auflösung des VfL Fußball Gevelsberg und für die Gründung eines FSV Gevelsberg gab. „Und es gab keinen einzigen Vereinsaustritt“, so Linke. Das sah bei mancher Fusion in der Umgebung anders aus.

Spitzenreiter der Bezirksliga

So setzten die Verantwortlichen am 16. November 2004 in der Cafeteria im Dort am Hagebölling die entscheidenden Unterschriften zur Gründung des FSV Gevelsberg auf den notariell beglaubigten Vertrag – und eine Erfolgsstory konnte beginnen. „Ja, das kann man so beschreiben“, sagen sowohl die Gründungsvorsitzenden Andreas Linke und Knut Kaiser – aber auch Roberto Buchholz, der aktuell den FSV-Vorsitz inne hat. Das zeigt sich auch sportlich an der Tabellenführung in der Bezirksliga.

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Der FSV Gevelsberg etabliert sich schnell. Schließlich waren die Voraussetzungen gar nicht mal so schlecht. Es gab eine Art Euphoriewelle – das Stadion Stefansbachtal bekam einen Kunstrasen, Gevelsberg wurde zum offiziellen Trainingsstandort der WM 2006 erkoren (auch wenn keine Nation dies in Anspruch nahm), das Sommermärchen an sich sorgte für eine gewisse Euphorie. Dann die Planungen, Grundsteinlegung und die Fertigstellung des FSV-Bistros im Stefansbachtal. Sportlich gelang bereits in der Saison 2006/2007 der Aufstieg in die Bezirksliga.

Buchholz seit 2019 Vorsitzender

Damit war allerdings auch sportlich das Ende der Fahnenstange (vorerst) erreicht. Finanziell musste sich der FSV Gevelsberg konsolidieren. Nach und nach ging dies auch mit dem FSV-Bistro finanziell immer besser. Landesliga kam nicht wirklich in Frage. „Das sind mehr Kosten, aber nicht unbedingt mehr Einnahmen“, so Knut Kaiser, der viele Jahre auch fürs Finanzielle verantwortlich war. „Immer wieder gab es Situationen, in denen es finanziell nicht einfach war. Wir haben uns aber zusammenraufen können“, so Andreas Linke.

Der FSV Gevelsberg hat mit Nationalspieler Lukas Klostermann (2.v.l.) ein Ehrenmitglied. Hier die Ernennung im Juni 2016 mit (v.l.) Dirk Henning, Michael Schmitz und Knut Kaiser.
Der FSV Gevelsberg hat mit Nationalspieler Lukas Klostermann (2.v.l.) ein Ehrenmitglied. Hier die Ernennung im Juni 2016 mit (v.l.) Dirk Henning, Michael Schmitz und Knut Kaiser. © Jens Pommerenke / AirPictures.de

Seit dem Sommer 2019 hat Roberto Buchholz das Sagen als Vorsitzender. „Ich habe ein tolles Team, mit dem man sehr gut arbeiten kann“, sagt der einstige SEG-Spieler, der seinerzeit ebenfalls die Notwenigkeit des neuen Vereins gesehen hat. Die Aussicht, vielleicht in der kommenden Saison in der Landesliga spielen zu können, frohlockt. „Das wäre schon klasse“, so Buchholz. Und Linke ergänzt: „Wenn man die Chance hat, aufzusteigen, dann muss man die auch nutzen.“ Knut Kaiser legt dabei Wert darauf, dass finanziell ein Projekt Landesliga tragbar sein müsse.

Übrigens hat Roberto Buchholz nicht unmittelbar als Nachfolger von Uwe Schmitz das Amt angetreten. Interne Meinungsverschiedenheiten hatten dazu geführt, dass diese Position einige Zeit nicht beziehungsweise kommissarisch besetzt war. Buchholz war zuvor Vorsitzender des FSV-Fördervereins und ließ sich dann in die Pflicht nehmen. Ihm zur Seite stehen Geschäftsführer Uwe Franz, Finanzvorstand Christian Bauermeister sowie Vize Robert Jost. Und auch der Nachwuchs hat nach der Demission von Dirk Henning als Jugendleiter eine neue Führungscrew. Uwe Franz und Jens Wiemann kümmern sich federführend um die Jugend.

Nachwuchs derzeit ein Sorgenkind

Wenngleich hier auch das Sorgenkind zu benennen ist. „Wir müssen hier einiges wieder kontinuierlich aufbauen“, erkennt auch Roberto Buchholz. Beispielsweise, dass der FSV Gevelsberg derzeit ohne A-Junioren aufgestellt ist, kann nicht gut sein. Dafür sieht es in den jüngeren Jahrgängen erfreulicher aus. „Wenngleich uns die Corona-Pandemie schon Sorgen bereitet“, sagt Buchholz. Wie viele Vereine, wie in vielen Sportarten besteht die Sorge, dass durch das Trainings- und Spielverbot sich die Jungen und Mädchen vom Fußball, vom FSV weg orientieren.

Ein Vorläufer des FSV war der „TuS Eintracht Jahn
Ein Vorläufer des FSV war der „TuS Eintracht Jahn" - hier eine Schülermannschaft mit (v.l.) Jugendleiter Nicolaus Mauermann, Hans Hartfeld, Walter Bösmann, Friedrich Wilhelm Bogut, Gustav Adolf Weschke, Helmut Wagner, Horst Breme, Horst Laake, Manfred Fischer, Hans Ewald, Hans Sormund, Hans Nolde. © Hans Nolde | Privat

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Doch insgesamt blickt Roberto Buchholz zuversichtlich in die Zukunft. Er sieht den FSV Gevelsberg gut aufgestellt. Mit der Gründung im Dezember 2004 haben Andreas Linke, Knut Kaiser und die weiteren vielen Mitstreiter eine gute, alternativlose Basis gelegt. Kaiser blickt überdies nach vorne: „Ich denke, dass wir einen großen Fußballverein in Gevelsberg mit weiteren Mitstreitern brauchen, damit wir alle Kräfte und alle Finanzen vernünftig bündeln können“, so Knut Kaiser. Davon können die Seniorinnen und Senioren genauso profitieren wie die Jungen und Mädchen im Nachwuchsbereich.“

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