Ennepe-Süd. Corona: Mitte März werden unsere Sportler auf eine harte Probe gestellt: Wird gespielt? Wird unterbrochen? Wird abgebrochen? Ein Rückblick.
Es ist ein halbes Jahr her, als die heimische Sportwelt zwischen Hoffen und Bangen lag. In dieser zweiten März-Woche entschied sich, ob der Spielbetrieb fortgesetzt, unter- oder gar abgebrochen werden sollte. Im Rückblick hätte es keine andere Entscheidung geben dürfen, als den Abbruch sämtlicher Liga-Betriebe. Das haben die zuständigen Funktionäre gut gemacht. Doch zwischen dem 9. und 14. März war das für die Protagonisten alles andere als selbstverständlich. Es war völlig offen, wie mit der Situation umzugehen ist, welche Planungen nötig sind.
Sonntag, 8. März
Der 8. März ist ein normaler Sport-Sonntag. Die EN Baskets Schwelm feiern die Vize-Meisterschaft in der 2. Basketball-Bundesliga, ProB Nord. Die Vorbereitungen auf das erste Spiel der ersten Playoff-Runde können beginnen. Eine Woche später sollte Ulm als Süd-Siebter seine Visitenkarte in Schwelm abgeben. Im Baskets-Lager herrscht bereits nach der letzten Hauptrunden-Partie die Vorfreude und Zuversicht.
Dass es der letzte Spieltag in den anderen Ligen der anderen Sportarten an diesem 8. März sein sollte, daran war nicht zu denken. In der Fußball-Oberliga erzielt Ibrahim Lahchaychi das letzte reguläre Tor für den TuS Ennepetal beim 2:1 gegen Schermbeck. Wiedenbrück und Ahlen steigen auf, Ennepetal wird Achter, Sprockhövel landet auf dem 15. Platz. Nur weiß das an jenem Sonntag noch keiner. Ebenso entscheiden sich die weiteren Platzierungen in den weiteren Ligen.
Montag, 9. März
Doch am Sonntagabend lässt sich in einer Talkshow erahnen, dass besondere und schwere Zeiten auf die heimischen Sportlerinnen und Sportler zukommen werden. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und sein Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann – aber auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (alle CDU) – fabulieren, dass größere Veranstaltungen mit maximal 1000 Menschen möglich wären. Das führt zu ersten Umplanungen, aber auch zu Unsicherheiten. Denn die zuständigen Behörden haben aus Ministerien und Staatskanzlei keine offiziellen Anweisungen bekommen. „Wir rechnen am Dienstag mit einer offiziellen Nachricht aus Düsseldorf“, so Ingo Niemann, Sprecher des Ennepe-Ruhr-Kreises, auf Anfrage unserer Zeitung.
Die EN Baskets Schwelm planen also erst einmal für das erste Playoff-Spiel mit 1000 Personen. Der Zuschauerschnitt in der 1500 Fans fassenden Halle liegt bisher bei 1105. Doch so richtig weiß man nicht, was wofür zu planen ist. „Wir führen derzeit viele Gespräche. Mehr kann ich dazu nicht sagen“, so Geschäftsführer Omar Rahim.
Ähnlich unsicher der Blick des Fußball-Oberligisten TuS Ennepetal in die nähere Zukunft. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Zuschauer ausgeschlossen werden sollen“, sagt Ennepetals Sportlicher Leiter Thomas Riedel, der den Ernst der Lage um das Coronavirus keineswegs verkennt. Allein aus beruflichen Gründen weiß der Kaufmann um die Gefährlichkeit des Virus’, weiß, dass Maßnahmen nötig sind. „Bei uns wurden einige Dienstreisen abgesagt“, sagt er. „Das bedeutet auch, dass sich der Fußball und wir als TuS Ennepetal uns damit beschäftigen werden müssen.“ Riedel kann sich eine generelle Absage von Spieltagen vorstellen. Er meint aber auch Mitte März: „Vielleicht zwei oder drei Spiele ausfallen lassen. Das ist bei uns Amateuren durchaus zu händeln. In der Bundesliga nicht. Dann gibt es eben einige Englische Wochen.“
Das Virus ernst nehmen, aber an einen Saisonabbruch ist nicht zu denken. So sieht es beim Handball-Verbandsligisten HSG Gevelsberg-Silschede und seinem Manager Christof Stippel aus. „Hände waschen, Hände waschen, Hände waschen – daran müssen wir uns halten. Ansonsten wird das Thema teilweise zu hoch gehängt“, sagt Stippel, für den klar ist, dass „uns das Coronavirus noch lange beschäftigen wird.“
Dienstag, 10. März
Die Feierlichkeiten finden statt, der EN-Kreis ehrt seine Sportlerinnen und Sportler sowie Mannschaften des Jahres. Die Corona-Maßnahme: Alle Teilnehmer – egal, ob Sportler, Betreuer, Zuschauer oder Jury-Mitglieder – müssen sich in eine Liste eintragen, um gegebenenfalls zurück verfolgen zu können, wer dabei war. Und das ist auch nötig. Denn einige Personen sind Corona-positiv, gut 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen in Quarantäne. Das war, wenn man so will, die letzte offizielle sportliche Veranstaltung vor dem Lockdown.
Doch bei den EN Baskets gibt es noch Hoffnungen auf die erste Playoff-Runde. Das Konzept für ein Spiel gegen Ulm mit maximal 1000 Personen steht. Schließlich heißt es unter anderem in einem Erlass, der nach einer Konferenz der Staatssekretäre verfasst und am Dienstagnachmittag verschickt wird: „Grundsätzlich ist es möglich, Veranstaltungen mit weniger als 1000 erwarteten Teilnehmern beziehungsweise Besuchern durchzuführen, unter Auflagen zu erlauben oder das Format anzupassen“.
Mittwoch, 11. März
Die Meldung wird veröffentlicht, dass die EN Baskets das Playoff-Spiel spielen können. Die Verantwortlichen haben ein Hygienekonzept hingelegt, das besagt, dass Menschen, die in den 14 Tagen zuvor in Risikogebieten waren, oder Kontakt zu entsprechenden Personen hatten, nicht kommen sollen. Das gelte auch für Personen mit akuten respiratorischen Symptomen. Und: in der „Schwelm ArENa“ werde auf erhöhte Hygienestandards geachtet.
In einem Interview lässt Andreas Happe, Vorsitzender des Schwelmer Stadtsportbundes sowie Basketball-Abteilungsleiter bei RE Schwelm, erkennen, dass es sportlich das Ziel sein müsse, „die Saison vernünftig zu Ende zu bringen, Auf- und Absteiger zu ermitteln. Das gilt erst recht für Sportarten und Mannschaften, die auf eine Zuschauerresonanz fürs Überleben angewiesen sind.“ Ferner sagt Happe: „Es macht wenig Sinn, wenn vor Ort einzelne Spiele abgesagt, andere verschoben und dritte durchgeführt werden. Konsequent ist beispielsweise der Eishockey-Verband, der die Bundesliga-Saison beendet hat. Das ist zumindest ein klares Votum – wenngleich ich mir das für keinen Sportler wünsche“.
Donnerstag, 12. März
Das war’s, die Saison ist gelaufen. Das Coronavirus stoppt die EN Baskets Schwelm. Die Basketballer der 2. Bundesliga ProB werden nicht wie geplant den Meister und ProA-Aufsteiger ausspielen. Am späten Mittwochabend gab die Liga-AG bekannt, dass alle Spiele abgesagt werden. Die Enttäuschung ist groß. Allerdings herrscht auch Verständnis für die Entscheidung. „Gesundheit geht vor“, sagt Baskets-Trainer Falk Möller. Ob die Absage beziehungsweise die Aussetzung wirtschaftlich die Baskets treffe, darüber sagt Geschäftsführer Omar Rahim: „Kein Kommentar. Über Wirtschaftliches sagt ich grundsätzlich nichts.“
Auch in den unteren Basketball-Ligen wird der Spielbetrieb ausgesetzt. Nachdem der Westdeutsche Basketballverband, WBV, eine Fortsetzung der Saison signalisierte, kam vom Verband doch noch das Aus – vorläufig, denn ab Ostern wird mit der Fortsetzung des Spielbetriebs gerechnet. Eine erste Reaktion gibt es bei den Basketballern der TG Voerde, die sofort das Training aller Mannschaften aussetzen.
Kein Faustball wegen Corona. Die Milsper Tvgg sollte eigentlich am 15. März die Endrunde im diesjährigen Pokalwettbewerb des Westfälischen Turnerbundes, WTB, ausrichten. Sowohl für die Herren als auch für die Frauen. Doch die Vorsichtsmaßnahmen um das Coronavirus macht den Planungen der Ennepetaler um Abteilungsleiter Harald Kappe einen Strich durch die Rechnung: Die Endrunde im WTB-Pokal 2019/2020 fällt aus.
Quasi stündlich warten die heimischen Handballer auf eine Entscheidung. In der Verbandsliga gingen Schwelm und Gevelsberg zunächst davon aus, dass ihre Auswärtsbegegnungen stattfinden. Doch am Donnerstagnachmittag das Aus: Der Westfälische Handball-Verband sagt alle Spiele ab. Unterbrechung bis zum 19. April, die Jugend habe sofort den Liga-Betrieb einzustellen. „Ich kann die Entscheidung nachvollziehen. Die aktuelle Situation betrifft alle Bereiche des Lebens, auch den Sport. Da braucht es ein konsequentes Handeln. Das haben wir nun“, sagt RE-Trainer Henning Becker.
Im Fußball sagt der Kreis am Donnerstagnachmittag alle Jugendspiele ab. Bis zu den Osterferien. Derweil rollt der Ball beim SC Obersprockhövel nicht mehr. Zwei Mitglieder sind positiv. Kein Training, kein Spiel – als Vorsichtsmaßnahme. In der Landesliga hätte der SCO den SV Brilon empfangen. Das Vorspiel hätte die Kreisliga-Reserve gegen Rüggeberg bestritten.
Freitag, 13. März
Jetzt rollt der Fußball endgültig im heimischen Kreis und darüber hinaus nicht mehr. Der Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen (FLVW) hat die Aussetzung aller Spiele vorläufig bis zum 19. April beschlossen. Bei vielen Vereinen ruht auch das Training. Wie beim Oberligisten TuS Ennepetal. „Wir wären vollkommen bescheuert, wenn wir jetzt noch ein Mannschaftstraining durchführen würden. Das wird auf keinen Fall passieren“, erklärt der Sportliche Leiter Thomas Riedel.
Dass die EN Baskets Schwelm ihr erstes Playoff-Spiel der ersten Playoff-Runde gegen Ulm nicht bestreiten werden, ist klar. Unklar ist, ob oder wie das ursprünglich geplante Spiel und die darauffolgenden Playoff-Begegnungen nachgeholt werden. „Wir werden uns am kommenden Montag mit den Vertretern der Vereine zusammen setzen und über eine Lösung für das Problem beratschlagen“, erklärt Christian Kings, Geschäftsführer der 2. Basketball-Bundesliga im Gespräch mit dieser Redaktion. Das Ergebnis wird sein: Abbruch der Saison.
Sonntag, 15. März
Der ProB-Ligist EN Baskets Schwelm und die Liga an sich hatten die vage Hoffnung, dass die Saison doch noch irgendwie fortgesetzt werden kann. Dennoch haben sich die Kreisstädter entschlossen, ihre Spieler Anell Alexis und Montreal Scott aus den USA, David Knudsen aus Dänemark und Milen Zahariev aus Bulgarien zu ihren Familien zurückkehren zu lassen. Eine kluge und vorausschauende Entscheidung aus heutiger Sicht. Denn alles ist abgesagt, nichts findet statt: kein Fußball, kein Handball, kein Basketball.
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