Ennepetal. Mit 86 Jahren steht Hans-Georg Seeland immer noch regelmäßig auf dem Sportplatz. Was den sportlichen Rentner antreibt.

68 Einträge sind in Hans-Georg Seelands Sportabzeichen-Mappe dokumentiert. In dieser Mappe befindet sich ein Sammelsurium aus Urkunden, Listen und Flyern zusammen, die der 86-Jähige mit zurückhaltendem Stolz sein Eigen nennt. 68 Einträge sind es, die der Ennepetaler seit seinem 18 Lebensjahr durch die alljährige Abnahme des Sportabzeichens in einer Liste führt und ist damit wohl die Person mit den meisten Sportabzeichen in ganz Deutschland. Seit seiner Volljährigkeit gehört die Abnahme der vier Disziplinen Kraft, Ausdauer, Koordination und Schnelligkeit zu einer festen Tradition. Die Termine werden fest eingeplant, auch heute noch.

Im Gegensatz zu seiner Anfangszeit wird die Abnahme nun häufiger und auch an mehreren Orten angeboten. In den Jahren zwischen seiner Zeit als Jungspund und heute als Senior hat er lediglich in nur einem einzigen Jahr den Termin zum Sportabzeichen verpasst. Und wer war daran schuld? Die Frauen natürlich. Besser gesagt diejenige, die später seine Ehefrau wurde. Denn als er sie kennenlernte, stattete er ihr in Hessen einen Besuch ab und versäumte dadurch die rar gesäten und wenig publik gemachten Daten. Das sollte ihm nicht noch einmal passieren – und das tat es auch nicht.

Erstes Abzeichen 1967 abgelegt

Mit seinen bald 90 Jahren steht Hans-Georg Seeland auch heute noch auf dem Platz und durfte sich auch in diesem Jahr erneut über einen weiteren Eintrag in seiner Liste freuen, die ihr erstes Datum im Jahre 1967 verzeichnet. Seine persönliche Motivation hinter der Fortsetzung seiner Tradition bis ins hohe Alter ist in erster Linie auf den Erhalt seiner Gesundheit zurückzuführen. „Wenn man älter wird, wird man auch steifer. Ich möchte nicht den ganzen Tag nur sitzen und nichts tun. Daher sorge ich dafür, dass ich beweglich bleibe“, sagt Hans-Georg Seeland. „Und man freut sich immer, wenn man das Abzeichen geschafft hat.“

Konkrete Vorbereitungen auf die Abnahme trifft er nicht, auch wenn er das Abzeichen im Gegensatz zu früher nicht mehr mal eben „nebenbei mache“. Um den Unterschied der Anforderungen zwischen den fast sieben Dekaden zu verdeutlichen, verweist er rückblickend auf die Disziplin des Kugelstoßens. Als er mit 18 Jahren antrat, brachte die Kugel über sieben Kilogramm auf die Waage, in seiner aktuellen Altersklasse hingegen nur noch drei Kilogramm.

Seit 45 Jahren an der Tischtennisplatte

Heute hält sich Seeland weiterhin mit regelmäßigen Gymnastikübungen fit und trifft sich einmal wöchentlich mit guten Freunden an der Tischtennisplatte – und das bereits seit über 45 Jahren. „Ich bin immer schon im Sport drin gewesen. Und jetzt möchte ich die Beweglichkeit auch beibehalten“, erklärt der Ennepetaler seine nie verloren gegangenen Ambitionen.

Vor allem beim CVJM Milspe hat er sich sowohl sozial als auch sportlich engagiert, da er lange Zeit in einer Turngruppe aktiv war und auch die Jungschar der christlichen Vereinigung betreute. Dort fand er zum Glauben, den er bis heute lebt. „In einem gesunden Laib soll auch eine gesunde Seele sein“, rezitiert er einen Spruch, der oft als eine Art Leitbild für die Mitglieder der Gemeinde fungierte und mit dem sich der sportliche Seeland sehr gut identifizieren konnte.

Wenn der Ennepetaler sich nun einem Abnahmetermin des Sportabzeichens am Platz des Reichenbach-Gymnasiums einfindet, ist er in seiner Altersklasse ein Alleingänger. Lediglich eine 90-Jährige toppt ihn im Altersranking, aber nicht annähend in der Anzahl der abgelegten Sportabzeichen.

Wie es in den nächsten Jahren mit der Fortführung seiner Tradition weitergeht, mag Seeland im Hinblick auf sein Alter jedoch nicht skizzieren. „Die Kraft und die Ausdauer lassen nach. Mit 86 muss man immer von Jahr zu Jahr planen“, meint der Senior vorsichtig.

Bis vor sechs Jahren gehörte Hans-Georg Seeland auch noch einer Turngruppe am Büttenberg an, die sich vor allem im Prellball noch herausforderten. Da nach und nach jedoch die allgemeine körperliche Verfassung der Mitglieder nachließ und einige seiner Sportkameraden aufhörten, löste sich die Gruppe schließlich auf.

Jahrzehntelange Verbundenheit

Dennoch führen sie den freundschaftlichen Austausch einmal im Monat bei einer Tasse Kaffee fort, so dass ihre jahrzehntelange Verbundenheit auch ohne den Sport nicht abbricht. Hans-Georg Seeland ist heute sehr froh über seinen gesundheitlichen Zustand. „Viele Sportler, die in meinem Alter waren, leben schon gar nicht mehr“, merkt er an. „Ich bin dankbar für mein Alter. Das ist ein Geschenk.“