Ennepetal. Andrew Kendall-Moullin kam im Winter aus den USA zum TuS Ennepetal. Im Interview erklärt er, warum er sich so wohl in Ennepetal fühlt.
Andrew Kendall-Moullin wechselte im vergangenen Dezember aus der dritten amrikanischen Liga zum TuS Ennepetal. Sein Trainer Alexander Thamm schwärmt von dem 25-Jährigen. Im Interview erklärt der Defensivspezialist, wie er sich in Ennepetal eingelebt hat und wo seine Reise noch hinführen soll.
Herr Kendall-Moullin, zuletzt spielten sie für die Chattanooga Red Wings in den USA. Wie ist Chattanooga zu beschreiben?
Andrew Kendall-Moullin: Eine Stadt mittlerer Größe mit etwa 200.000 Einwohnern. Die Stadt liegt etwas über Georgia und Florida und ist wirklich schön. Nicht zu groß und nicht zu klein.
Im Vergleich dazu ist Ennepetal ziemlich klein. Wie sind waren Ihre ersten Eindrücke von ihrem neuen Wohnort?
Die Stadt, in der ich aufgewachsen bin, war sehr klein. Fast so wie Ennepetal. Mir gefallen kleine Städte. Ich mag es, in Kleinstädten Zeit zu verbringen und morgens mit meiner Verlobten einen Kaffee trinken zu gehen. Ich mag Bäckereien, Restaurants und die Möglichkeit, herumlaufen zu können. Ich nehme nicht gerne immer den Bus, den Zug oder das Auto. Jeder scheint jeden zu kennen, es ist also eine sehr familiäre Atmosphäre hier.
Wie ist Ihr erster Eindruck von Ihrem neuen Umfeld? Gefällt Ihnen Ennepetal?
Ja, ich mag es hier sehr. Und mir gefällt es sogar, dass nicht sehr viele Leute Englisch sprechen können. Natürlich sprechen die jüngeren Spieler in meinem Team Englisch, aber ich finde es gut, dass der Rest es nicht kann. Das zwingt mich, Deutsch zu sprechen, denn das ist der einzige Weg, auf dem wir wirklich kommunizieren können.
Wie intensiv lernen Sie die deutsche Sprache?
Jeden Tag. Unser Trainer spricht natürlich nicht so viel Englisch. Er spricht Deutsch mit mir und dem Rest der Mannschaft, also muss ich es lernen. Viele Wörter höre ich häufiger, also weiß ich schon was, sie bedeuten. Und im Spiel kann ich dann manche von ihnen benutzen. Die B-Jugend macht sich über mein Deutsch lustig aber es ist natürlich alles Spaß und Teil des Lernens. Mir gefällt es sehr, die Sprache zu lernen und ich habe in gerade mal einem Monat schon viel gelernt.
Kann es sogar sein, dass man die Sprache durch den Fußball schneller lernt?
Definitiv. Dinge wie „weiter, weiter” oder „Doppelpass” und so weiter lernt man ganz schnell. Ich sehe, was passiert und wenn die Mitspieler es sagen, weiß ich auch, was es bedeutet. Wenn Leute einfach nur mit dir reden und keine Handbewegungen machen, ist es schwer. Wenn ich Fußball dabei sehe, ist es viel einfacher die Sprache zu lernen.
Mit Oluremi Williams haben Sie einen weiteren gebürtigen Amerikaner im Team. Wie wichtig war er für Sie in den ersten Tagen in Ennepetal?
Ich denke es ist perfekt, wenn du jemanden hier hast, der auch deine Sprache spricht. Wenn wir aber vier oder fünf Englischsprachige in der Mannschaft hätten, würde ich wahrscheinlich die ganze Zeit mit denen abhängen. So sind wir eine kleine Minderheit, wir müssen also mit anderen Leuten sprechen.
Nebenbei trainieren Sie seit der Winterpause auch die B-Jugend des TuS Ennepetal. Wie hat die Mannschaft bisher auf Sie reagiert?
Sie sind eine sehr gute Truppe. Ich habe in Amerika auch viel Training gegeben und man muss sagen, dass dort manche Gruppen nicht so gut sind. Aber diese Mannschaft hat eine gute Einstellung. Sie wollen lernen und ich finde, es ist eine gute Mischung. Ich versuche mit ihnen so viel Deutsch wie möglich zu sprechen. Und sie helfen mir dabei. Ich frage sie ständig: „Wie heißt dieser Gegenstand hier?“ und sie sagen es mir dann. So lerne ich also noch ein bisschen mehr. Gleichzeitig bringe ich ihnen auch Englisch bei.
Abgesehen von der B-Jugend, wie sind Ihre Eindrücke von den anderen Leuten im Verein?
Ich komme mit allen sehr gut klar. Viele von ihnen sprechen gar kein Englisch, es ist also lustig zu versuchen; ihnen zu sagen, was ich von ihnen möchte. Peter Oberdorf (Zeugwart, Anm. d. Red.) zum Beispiel spricht kein Englisch. Wenn ich also eine Hose oder so etwas brauche, muss ich es auf Deutsch probieren. Sie sind alle gute Leute und wie ich sagte, es ist eine familiäre Atmosphäre. Das gefällt mir sehr gut.
Wie gefällt Ihnen die deutsche Kultur bisher? War es eine große Umstellung für Sie?
Um ehrlich zu sein, ist nichts wirklich überraschend für mich. Mein Vater kommt aus England, ich bin also ziemlich an die Europäische Art des Fußballs, des Lebens und der Kultur im Allgemeinen gewöhnt. Als ich klein war, bin ich schon hier nach Deutschland gekommen und habe eine kurze Zeit hier gespielt. Ich habe also nicht diesen berühmten Kultur-Schock. Ich bin jetzt seit einem Monat hier und es macht sehr viel Spaß, hier zu leben. Ich mag deutsches Essen sehr. Es gibt sehr viel Brot und Süßigkeiten und so weiter, ich mache mir schon Gedanken, wie ich weniger davon essen kann (lacht).
Sie haben in Amerikas zweiter und dritter Liga gespielt. Wie würden Sie den Spielstil sowie das spielerische Niveau in Amerika mit der Oberliga vergleichen?
Um ehrlich zu sein: Die Spieler und Mannschaften, gegen die ich hier gespielt habe, haben vielleicht nicht so ein hohes Niveau. Aber die Spieler hier versuchen immer einen guten Pass hinten heraus zu finden, das gefällt mir sehr. In Amerika hast du das nicht. Wenn sie keine Anspielstation finden, schießen sie den Ball hinten raus. Wenn man danach geht, ist das Niveau hier besser.
Hier in Ennepetal kommen in der Regel nicht so viele Zuschauer zu den Spiele. Wie sah das in Amerika aus?
Anfang letzten Jahres hatten wir rund 4.000 Zuschauer bei unseren Spielen. Davor, in der 2. Liga mit Atlanta United, war es ungefähr das gleiche. Aber ich habe schon vor 20.000 gespielt. Aber um ehrlich zu sein, und das werden nur Leute, die das Spiel kennen verstehen, wollte ich immer in einer niedrigeren Liga wie dieser spielen. Das ist wahrer Fußball. Du gehst nicht in ein gigantisches Stadion, wo viel Geld hinter steckt. Das ist zwar auch toll, aber gleichzeitig mag ich auch diese niedrigeren Standards in einer unterklassigen Liga wie der Oberliga. Es motiviert mich sogar noch mehr, wenn weniger Leute auf den Rängen sind. Das sind wahre Fans.
Blicken wir weiter voraus: Welche Ziele verfolgen Sie noch in Ihrer Karriere?
Ich bin gerade an dem Punkt in meinem Leben, wo ich eine Verlobte habe und wir nächstes Jahr heiraten werden. Ich muss also auch an sie denken. Ich versuche jeden Tag mein Bestes zu geben und das nicht mit dem Ziel, da stehen zu bleiben, wo ich bin. Ich will mich stetig verbessern und mich selbst herausfordern. Im Moment bin ich zu 100 Prozent fokussiert auf die Entwicklung mit dieser Mannschaft. Sie haben das Vertrauen in mich, sie weiterzubringen.