London/Gevelsberg. Ein Bänderriss hätte dieses Länderspiel fast verhindert. Doch Alex Popp beißt sich durch, spielt Samstagabend im Wembley vor 90.000 Zuschauern.

Dieses Mal dachte sie nicht an das sofortige Ende ihrer Fußball-Karriere. Dieses Mal ging sie nicht tieftraurig auf ihr Zimmer, obwohl das Verletzungspech Alexandra Popp wieder in einem wichtigen Moment erwischte – kurz vor dem für dieses Jahr finalen Länderspiel der deutschen Frauen-Nationalmannschaft gegen England im legendären Wembleystadion vor sagenhaften 90.000 Zuschauern.

Spiel fast abgehakt

„Am Anfang habe ich das Spiel für mich abgehakt“, sagte die 28-Jährige, die aus Gevelsberg stammt und in der Bundesliga für den VfL Wolfsburg spielt. Doch als sie nur zwei Tage nach dem Außenbandriss im rechten Sprunggelenk wieder ohne Krücken gehen und sogar joggen konnte, packte sie der Ehrgeiz. Das Resultat: Statt sechs Wochen dauerte die Auszeit nur zwei – und nach dem Blitz-Comeback in der Liga nominierte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ihre Kapitänin für das Länderspiel in England (Samstag, 18.30 Uhr / Eurosport) nach.

Ein bitterer Moment am 20. Oktober, als Alexandra Popp verletzt vom Platz muss.
Ein bitterer Moment am 20. Oktober, als Alexandra Popp verletzt vom Platz muss. © Jan Huebner / imago-images.de

„Die Freude war natürlich riesengroß. Aber ich habe dafür auch ziemlich viel investiert“, sagte Popp, die ein dickes Dankeschön an die medizinische Abteilung des VfL richtete: „Bei den Ärzten und Physios kann ich mich gar nicht genug bedanken“, erklärte die Gevelsbergerin.

Im Maracanã Gold gewonnen

Im Kult-Stadion Maracanã in Rio de Janeiro gewann Popp im Sommer 2016 Olympia-Gold, jetzt führt sie die DFB-Elf als Kapitänin in eine weitere Kultstätte des Fußballs.

„So ein Event ist für jeden Fußballer und jede Fußballerin etwas ganz Besonderes. Allein in Wembley zu spielen, weil es so eine große Geschichte hat, und dann vor so vielen Zuschauern“, erzählte sie, „das ist für uns alle ein ganz, ganz großes Ding.“ Augenzwinkernd fügte sie an: „Außerdem bin ich ja nicht mehr die Jüngste, wer weiß, ob so eine Chance nochmal kommt.“

Ein Misserfolg, der nachwirkt

In Deutschland wäre eine annähernd große Kulisse lediglich im Signal-Iduna-Park in Dortmund mit seinen 81.365 Plätzen (im Ligabetrieb) möglich. „Dort zu spielen, wäre besonders für mich als BVB-Fan ein Traum“, verriet Pop. Wann aber der Frauenfußball in Deutschland reif für so ein Publikumsinteresse sein könnte? „Man merkt schon, dass sich beim DFB etwas bewegt und der Verband in den Frauenfußball investieren möchte“, antwortete Popp auf diese Frage, und: „Wir hoffen, möglichst schnell in solche Richtungen zu kommen.“

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Wenig hilfreich bei diesen Bemühungen sind allerdings Misserfolge wie das Aus im Viertelfinale der WM im Sommer – und die damit verpasste Qualifikation für die Olympischen Spiele 2020. Das Aus lässt die Gevelsbergerin auch mit gemischten Gefühlen auf ihr erstes Länderspieljahr als Kapitänin zurückblicken. „Es gab Höhen und Tiefen“, sagte sie: „Nichtsdestotrotz habe ich mich mit dem Amt weiterentwickelt. Im Großen und Ganzen bin ich ganz zufrieden – und ich hoffe und denke, die Mannschaft und das Trainerteam sind es mit mir auch.“

Kapitänin der DFB-Elf am Samstagabend im Wembleystadion: Alexandra Popp aus Gevelsberg-Silschede.
Kapitänin der DFB-Elf am Samstagabend im Wembleystadion: Alexandra Popp aus Gevelsberg-Silschede. © firo Sportphoto | Ralf Ibing

„Familie und Freunde fangen mich auf“

Der Aufstieg zur DFB-Spielführerin, jetzt das Länderspiel in Wembley – all das wäre Popp verwehrt geblieben, wenn sie damals ihren ersten Emotionen gefolgt wäre, als das Verletzungspech in einem wichtigen Moment zuschlug. 2017 verletzte sie sich 16 Tage vor der Europameisterschaft am Knie. „Da bin ich auf mein Zimmer gegangen und habe gesagt: Ich höre jetzt auf mit Fußball!“, erzählte sie in einem Video-Interview der DFB-Serie „WIR #IMTEAM“. Und: „Aber meine Familie und meine Freunde habe mich so aufgefangen, dass ich die Kurve bekommen habe. Ohne Familie, ohne meine Freunde würde ich nicht da stehen, wo ich jetzt stehe.“ Heute auf dem rasen des Wembleystadions.