Gevelsberg/Mittenwald. Im Kader des FSV Gevelsberg steht ein Nationalspieler: Lukas Josten, der im Juni 2011 den U17-Westfalenpokal gewonnen hat. Mit dem VfL Bochum.

Der FSV Gevelsberg hat mit Lukas Klostermann ja einen aktuellen Fußball-Nationalspieler hervorgebracht. Ein anderer spielt beim FSV in der Bezirksliga – und ebenfalls in einer Nationalmannschaft: der Fußballnationalmannschaft der Bundeswehr (BFN). Sein Name ist Lukas Josten.

Der 5. Juni 2011: Bochums Lukas Josten stoppt den Angriff von  Axel Borgmann. l
Der 5. Juni 2011: Bochums Lukas Josten stoppt den Angriff von Axel Borgmann. l © Olaf Ziegler / WAZ FotoPool

Beide haben einst zusammen in der Jugend des VfL Bochum zusammen gespielt. Hier gab es den besonderen Tag für Josten. Und er erinnert sich gerne an den 5. Juni 2011, als die U17 des VfL Bochum den Westfalenpokal gewann – nach einem 4:2 nach Verlängerung gegen den FC Schalke 04. „Das war cool“, so Lukas Josten. „Das war mein schönster Moment.“ Im Rückblick waren es nicht nur der Pokalsieg, sondern auch die Neben- und Gegenspieler. Leon Goretzka beispielsweise stand im VfL-Dress, markierte drei Treffer. Unter den Zuschauern übrigens „Ata“ Lameck und Hermann Gerland – zwei Bochumer Legenden.

Im Kreise von Regionalligisten

Ungewöhnlich ist, dass Josten der einzige des 35 Mann starken Kaders der BFN ist, der in der achthöchsten Spielklasse Westfalens an den Start geht. Dabei beschreibt die Bundeswehr ihre Fußball-Nationalmannschaft so: In der BFN „spielen die besten Fußballspieler der deutschen Streitkräfte. Der Kader setzt sich zusammen aus Spielern von der Verbandsliga bis hin zur Regionalliga.“ Das wären die Ligen vier bis sechs. Trotzdem probierte es Josten und bewarb sich vor vier Jahren um die Aufnahme in den Kader. Mit Erfolg. Als nur einer von zwei Spielern wurde er aus 50 Bewerbern ausgewählt.

Geholfen hat ihm dabei seine Erfahrung aus der Zeit in der U17- und U19-Bundesliga des VfL Bochum. Dorthin war der beim SSV Hagen ausgebildete junge Spieler gewechselt. Noch als A-Jugendlicher hatte ihn dann der TuS Ennepetal ins Bremenstadion geholt, wo er zunächst in der U19-Landesliga, später auch ein Jahr unter Trainer Imre Renji in der Oberligaelf kickte und dort in der Saison 2013/14 acht Spiele absolvierte. „Er ist ein unfassbar gut ausgebildeter Spieler“, urteilte der damalige Jugendleiter des TuS, Jörg Kuhlmann, über Josten.

Dass es zu der Profikarriere, von der wohl jeder U19-Bundesligaspieler träumt, nicht gereicht hat, nimmt Lukas gelassen. „Im Endeffekt werden jedes Jahr nur eine Handvoll Spieler Profis. Da muss man realistisch bleiben mit einer gesunden Selbsteinschätzung“, sagt er heute.

Der heute 25-Jährige hat sich nach dem Schulabschluss am Hagener Fichte-Gymnasium gleich für die Bundeswehr entschieden – ohne eine vorherige Berufsausbildung. Als auf zwölf Jahre verpflichteter Zeitsoldat dient er beim Gebirgsjägerbataillon 233 im oberbayerischen Mittenwald in Sichtweite der Grenze zu Österreich. Hier leitet er als Oberfeldwebel die Ausbildung der jungen Soldaten zu Hochgebirgsspezialisten. „Und das macht mir viel Spaß“, verrät er. „Ich überlege, nach Ablauf des Zeitvertrages Berufssoldat zu werden.“ Zur Bundeswehr zu gehen war für ihn offenbar die richtige Entscheidung. Auch wenn er jetzt Top-Anwärter auf den Titel „deutscher Fußballspieler mit der längsten Trainingsanreise“ ist. Runde 700 Kilometer sind es von seinem Standort bis ins Stadion Stefansbachtal.

Längste Trainingsanreise

Seine berufliche Tätigkeit als Führungskraft überträgt Josten auch auf sein Spiel beim FSV. „Da sehe ich mich schon als Führungsspieler für unsere jungen Leute“, sagt er, „ich bringe meine Erfahrung ein und taktische Spielübersicht.“ Dass mit dem neuen Trainer Uwe Jöns viele junge Spieler in den Kader gerückt sind, die an das Niveau der Bezirksliga herangeführt werden sollen, findet er klasse – und mutig. „Das braucht zwar Zeit, aber die werden die Jungs schon bekommen“, so Josten.

Lukas Josten im Trikot des FSV Gevelsberg. An ihm kommt keiner so schnell vorbei.
Lukas Josten im Trikot des FSV Gevelsberg. An ihm kommt keiner so schnell vorbei. © Marinko Prša

Zurück zur Bundeswehr-Nationalmannschaft: Die sehen die Streitkräfte zunächst einmal als ein Mittel der Öffentlichkeitsarbeit. Aus diesem Grunde tritt das mit vielen Ex-Profis aus der zweiten und dritten Liga gespickte Team oft bei Benefizspielen an. Zuletzt im Saarland. Nach vorangegangenem Trainingslager in Saarlouis spielte Josten mit seinen Kameraden in Eppelborn gegen eine Regionalauswahl – und gewann 12:0. „Die Mannschaft spielt etwa auf Zweit- oder Drittliga-Niveau“, sagt Josten.

Das intensive Training hat allerdings bei Lukas seine Spuren hinterlassen. Das merkte er beim Training am Freitag im Stefansbachtal. Trotzdem hat er am Sonntag bei Türkiyemspor gespielt. „Aber nur bis sich der Oberschenkel gemeldet hat“, berichtet er, „dann habe ich lieber Platz gemacht für einen anderen Spieler.“ An Aussagen wie dieser ist zu spüren, dass Josten ein echter Teamplayer ist, der auch nicht aufmuckt, wenn er nach seiner Rückkehr aus Mittenwald einmal nicht spielt. „Das akzeptiere ich voll, wenn ich ohne zu trainieren nicht aufgestellt werde.“

Nächstes Ziel: WM 2020 in Ägypten

Schade war allerdings, dass der gebürtige Hagener ausgerechnet bei der Militär-WM in Oman vor zwei Jahren wegen eines Kreuzbandrisses passen musste. Jetzt peilt er aber die Teilnahme bei den nächsten Titelkämpfen 2020 in Ägypten an. In der BFN bekleidet der 1,86 Meter große Spieler wie im Verein die Position des Innenverteidigers. Einmal stellte ihn ein Trainer bei der Bundeswehr auf seinem alten Posten aus Jugendzeiten im Mittelfeld auf. Das war kein gelungener Versuch. Hier fühlte sich Josten nicht wohl: „Da fehlte mir dann doch die Schnelligkeit.“

Beim FSV Gevelsberg hat er abseits der Nationalmannschaft seine sportliche Heimat gefunden. „Hier fühle ich mich pudelwohl“, stellt er fest – und wird sicher noch oft die 700 Kilometer zum Training anreisen. Zumindest freitags, da nimmt er zurzeit seine restlichen Urlaubstage.