Gevelsberg/Schwelm. . Eine Geschichte, die so unglaublich ist, dass sie unwirklich klingt ereignete sich am Sonntag in der Fußball-Kreisliga A. Betroffen waren Brüder.

Wenn die beiden Protagonisten dieser Geschichte nicht schwer bandagiert vor mir sitzen würden, ich würde das, was die Brüder Philipp und Yannick Wiesner mir erzählen, nicht glauben. Doch es ist die Realität, eine unglaubliche Verkettung von unglücklichen Umständen.

Der vergangene Sonntag: Bestes Fußballwetter, Abstiegskampf in der Kreisliga A. Der TuS Hasslinghausen empfängt den FC Gevelsberg-Vogelsang, der Aufsteiger kann mit einem Erfolg an den Gastgebern vorbeiziehen und wichtige Punkte im Rennen um den Klassenerhalt sammeln. Hasslinghausen geht früh mit 1:0 in Führung, danach begegnen sich die Teams auf Augenhöhe. Bis zur 33. Spielminute.

„Ich habe einen Sprint im eigenen Sechzehner gemacht, um eine Flanke zu verhindern“, erinnert sich Philipp Wiesner. Sein Gegenspieler lässt sich nicht beeindrucken, setzt den Körper ein und tritt Wiesner unglücklich auf das Sprunggelenk. Noch während der Hasslinghauser auf dem Fuß steht, bringt er mit links den Ball vor das Tor.

Spiel eine halbe Stunde unterbrochen

Philipps Bruder Yannick, seines Zeichens Torhüter beim FC, versucht die Situation in höchster Not zu klären. Doch der Hasslinghauser Stürmer erwischt ihn mit dem Knie an der Schulter – während das 0:2 fällt, wendet sich Yannick unter Schmerzen sofort vom Geschehen ab. „Das Tor hätte niemals zählen dürfen. Ich habe den Schiedsrichter später gefragt, wie er es geben konnte. Er hat dann gesagt, er habe es nicht gesehen“, erinnert sich Yannick Wiesner. Sein Bruder Philipp liegt ein paar Meter weiter neben ihm wie er auf dem Boden, beide krümmen sich vor Schmerzen.

Eine halbe Stunde ist das Spiel unterbrochen, bis Rettungsdienst und Notarzt eingetroffen sind und eine erste Notfallversorgung für beide vorgenommen haben. „Der Schiedsrichter kam dann zum Krankenwagen und hat mich gefragt, ob wir wechseln möchten“, erzählt Yannick. Natürlich wollten sie nicht, sie mussten aber: Yannick hatte sich die Schulter ausgekugelt, Philipp musste noch an Ort und Stelle mit Schmerzmitteln beruhigt werden, er hatte sich das Sprunggelenk gebrochen.

Jakobi nimmt Wiesner Sorgen wegen der Ablöse

Philipp Wiesner wechselte in der Winterpause vom Bezirksligisten Türkiyemspor Hagen zum FC Gevelsberg-Vogelsang.

Für ihn ist die Saison beendet. „Ich habe ein schlechtes Gewissen, wegen der Ablöse die der Verein bezahlt hat“, sagt er.

Thomas Jakobi sieht das anders: „Wichtig ist, dass du gesund wirst. Fußball ist egal.

Folgerichtig wird er mit dem Krankenwagen in das Helios Klinikum nach Schwelm gebracht, sein Bruder wird im PKW hinterher gefahren. „Er hat noch nicht einmal gemerkt, dass ich neben ihm stehe“, erzählt Yannick Wiesner mit Blick auf seinen gezeichneten Bruder bei der Ankunft im Klinikum. „Erst als unsere beiden Trainer abends kamen, habe ich erfahren, dass sich auch mein Bruder verletzt hat“, sagt Philipp Wiesner. Bei ihm ist eine Operation notwendig, der Druck der sich im Mittelfuß gebildet hat, muss gelöst werden.

Noch während meines Besuchs kommt der Chefarzt – mit weiteren schlechten Nachrichten: Der komplette Bandapparat in Philipps rechtem Fuß ist gerissen, was den Heilungsprozess deutlich verlangsamen wird. In ein paar Tagen ist eine zweite Operation notwendig, dann werden die beiden Schnitte, die auf dem Fuß gemacht wurden, wieder geschlossen. Sechs bis acht Wochen Gips, danach für einen ähnlich langen Zeitraum ein orthopädischer Schuh – der rechte Fuß von Philipp Wiesner wird noch lange beeinträchtigt sein.

Yannick hatte eigentlich Pause

Sein Bruder Yannick dagegen möchte bereits nach der Pause über Ostern wieder im Tor stehen. „Familie Wiesner ist etwas anders, wenn es um Schmerzen geht“, sagt der ebenfalls anwesende FC-Trainer Thomas Jakobi. Was der ganzen Geschichte noch die Krone aufsetzt: Yannick sollte gar nicht spielen, er vertrat den eigentlich für das Spiel vorgesehenen, jedoch privat verhinderten Florian Schneider. Die beiden Torhüter des FC wechseln sich Woche für Woche mit ihren Einsätzen ab, nun wäre dieses Wochenende im Normalfall Schneider an der Reihe gewesen.

Irgendwie beschleicht mich das Gefühl von Ungerechtigkeit. Doch beide Brüder bleiben fair, machen weder dem Schiedsrichter oder den Gegenspielern irgendeinen Vorwurf. Selbst in solch einer Situation zeigen beide sportliche und persönliche Größe.