Bad Lippspringe/Gevelsberg. Tierische Vorfreude: Alexandra Popp ist Fußball-Nationalspielerin, Tierpflegerin und bald Olympia-Teilnehmerin. Die Gevelsbergerin sagt im Interview, was die Spiele in Brasilien für sie bedeuten.
- Alexandra Popp bereitet sich mit den deutschen Fußball-Frauen auf die Olympischen Spiele vor
- Die Gevelsbergerin gibt im Interview die Goldmedaille als Ziel aus und erzählt, warum sie sich auch auf die Tierwelt in Brasilien freut
- Die Generalprobe vor dem Abflug bestreitet die Nationalmannschaft am Freitag in Paderborn gegen Ghana
Das Wasser im Pool glitzert verführerisch in der Sonne, doch Alexandra Popp geht mit schnellen Schritten an der Abkühlung vorbei. Die Gevelsberger Fußballerin ist nicht zum Spaß nach Bad Lippspringe gekommen. Mit der Nationalmannschaft bereitet sich die 25-Jährige auf die Olympischen Spiele in Brasilien vor. Im Interview spricht sie über den Traum von Gold in Rio, ihre Liebe zu Tieren und Urlaub in Silschede.
Frau Popp, Sie sind Fußball-Nationalspielerin, aber auch staatlich geprüfte Zootierpflegerin. Freuen Sie sich in Brasilien mehr auf das olympische Turnier oder die Tiere?
Alexandra Popp:Ich verspüre totale Vorfreude auf Olympia, das Turnier und die Atmosphäre. Brasilien bringt aber eben auch eine große Artenvielfalt mit sich. Ich habe natürlich ein Auge auf die ganze Umwelt und schaue, ob da vielleicht ein Affe durch die Gegend fliegt (lacht).
Erst in den Gehegen, dann auf dem Fußballplatz. Wie haben Sie tagtäglich diesen Spagat geschafft?
Die Ausbildung war dreieinhalb Jahre lang harte Arbeit, aber die Tiere haben mir so viel Liebe und Dankbarkeit zurückgegeben. Das war für mich ein Ausgleich. Du hast sonst ja nur Fußball im Kopf.
Seit Ihrem Abschluss konzentrieren sie sich jedoch ausschließlich auf den Profifußball.
Der Tierpflegerberuf war gleichzeitig körperlich nicht mehr machbar. Ich habe während der Ausbildung an meinem Limit gearbeitet und hatte immer wieder kleinere Verletzungen, die mich zurückgeworfen haben. Das war auf Dauer nicht möglich. Ich musste sowohl auf dem Platz als auch bei den Tieren zu 110 Prozent da sein.
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Zieht es Sie nach der Karriere denn wieder zurück in den Zoo?
Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Die Arbeit mit den Tieren fehlt mir schon jetzt sehr. Mir war es wichtig, ein zweites Standbein neben dem Fußball zu haben, weil der Frauenfußball leider nicht so gut bezahlt ist wie der Männerfußball. Die Ausbildung hat mich in meiner persönlichen Entwicklung weitergebracht.
Ihre ersten Olympischen Spiele könnten ebenfalls ein Ereignis werden, das Ihr Leben verändert. Machen die Mitspielerinnen, die bereits 2008 in China dabei waren, Ihnen den Mund wässrig?
Olympia war für sie ein Riesenevent und eine absolute Erfahrung. Allerdings spielen wir ja im ganzen Land und haben zuerst das Gefühl, alleine unterwegs zu sein. Wir kommen ja erst ins olympische Dorf nach Rio, wenn wir das Finale erreicht haben. Das ist Ansporn für uns. Wir wollen alle diese Atmosphäre miterleben. Und wir haben die Qualität, so weit zu kommen.
Ist also die Goldmedaille das Ziel?
Ja, denn sonst bräuchten wir gar nicht antreten.
Wer könnte diesen Traum zerstören?
Die USA gehören wie immer zu größten Konkurrenten. Die Franzosen sind ebenfalls sehr unangenehm zu spielen, auch Schweden hat immer noch ein Wörtchen mitzureden. Und unser Gruppengegner Australien ist für mich ein Geheimfavorit.
Silvia Neid verabschiedet sich nach dem olympischen Turnier. Werden Sie die Bundestrainerin vermissen?
Ich habe viele Turniere mit ihr absolviert und mich entwickelt. Sie hätte mich mit 20 Jahren nicht mit zur Weltmeisterschaft nehmen müssen. Dieses Vertrauen der Trainerin hat mir unheimlich Selbstbewusstsein gegeben.
Horst Westermann, Ihr erster Trainer beim FC Schwarz-Weiß Silschede in Gevelsberg, hat Sie ebenfalls geformt.
Er prägt mich teilweise immer noch. Wir haben immer noch einen sehr guten Kontakt. Horst habe ich sehr viel zu verdanken. Für ihn bin ich auch heute noch die „Puppe“. Es ist sozusagen seine Schuld, dass ich heute hier sitze (lacht).
Was ist für Sie Heimat?
Silschede ist Heimat für mich. Ich bin vor allem in der Winter- und Sommerpause zu Hause und klappere dann die gesamte Familie und Freunde ab. Ich bin dort immer on Tour, aber ich genieße es, alle wiederzusehen. Für mich ist das wie Urlaub.
Sie vertreten Ihre Heimatstadt nicht alleine bei Olympia. Lukas Klostermann steht in der Männerauswahl.
Das ist ziemlich cool. Ein gemeinsamer Freund hat mir direkt nach der Nominierung davon erzählt. Es ist toll, dass zwei Gevelsberger nach Brasilien fliegen.
Die Bedeutung des olympischen Turniers ist für Ihre männlichen Kollegen allerdings deutlich geringer. Wie haben Sie die sehr komplizierte Nominierung erlebt?
Ich kann verstehen, dass gerade gewechselte Spieler sich im neuen Verein erst einmal integrieren müssen. Und es wäre auch eine absolute Katastrophe gewesen, wenn die Jungs nach der Europameisterschaft noch nach Brasilien hätten fliegen müssen. Aber bei Olympia sieht man den Unterschied der Bedeutung des Turniers zwischen Frauen- und Männerfußball.
Der Sport ist ein großes Geschäft. Zählt für Sie bei den Olympischen Spielen dennoch mehr als das Geld?
Olympia ist das Größte, das man als Sportler erreichen kann. Wir sind alle für Deutschland da. Ich bin Mannschaftssportlerin durch und durch und wünsche allen Nominierten ganz viel Erfolg, damit wir am Ende in Rio gemeinsam die Sau rauslassen können (lacht).
Auf Zuruf: Alexandra Popp über...
...die hohen Temperaturen in der Vorbereitung: Sie sind ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns in Brasilien erwarten. Schön ist natürlich anders, aber eigentlich kommt es uns sogar gelegen, dass es in unserer Vorbereitung das eine oder andere Mal sehr, sehr warm ist. So bekommen wir ein Gefühl dafür.
...ihre Leidenschaft für Tiere: Ich bin mit Tieren aufgewachsen, wir waren früher oft auf Bauernhöfen. Bei der Jobsuche habe ich mich gefragt: Womit kann ich mich identifizieren? Und das waren Kinder und Tiere. Ich habe beim Praktikum im Duisburger Zoo direkt im Affenhaus geholfen und mit den Gorillas gearbeitet. Der Silberrücken hat mich völlig in den Bann gezogen. Es war ein bisschen wie bei Tarzan, er saß vor mir, ein Gitter zwischen uns beiden. Die Tierpflegerin sagte ihm, dass er die Pfote ans Gitter halten solle und ich habe meine Hand an seine Pfote gehalten. Das war ein absoluter Augenblick, in dem mir klar wurde, dass ich diesen Job ausüben möchte.
...die Olympia-Vorbereitung mit der Nationalmannschaft: Die Mannschaft ist richtig gut in Form. Wir sind alle recht fit, weil wir in der Vorbereitung ziemlich gefordert wurden. Die Stimmung ist super. Nach der Nominierung merkt man eine kleine Erleichterung, vorher war die Anspannung groß, weil jeder ins Team wollte. Auf dem Platz hat sich jeder reingebissen. Hier in Bad Lippspringe und in Frankfurt verbessern wir Feinheiten, damit wir in Brasilien zu 100 Prozent vorbereitet sind. Ich fühle mich gut und habe, Gott sei Dank, mal keine Wehwehchen. Das einzige Manko, das ich noch habe, ist das Toreschießen. Wir hoffen, dass sich das in zwei Wochen gelegt hat. Wir machen viele Spielformen, in denen man in die Abschlussszene kommt. Die Konzentration muss auf den Punkt vorhanden sein.
...die Diskussionen um den Zika-Virus: Ich habe mir am Anfang über Zika einen Kopf gemacht. Wir haben aber ausführlich mit unserem Mannschaftsarzt darüber gesprochen und gehört, dass der Virus immer weiter zurückgeht. Wenn wir uns vernünftig verhalten, kann uns eigentlich nichts passieren.
...Steffi Jones als Nachfolgerin von Silvia Neid: Steffi hat zwar als Trainerin wenig Erfahrung, aber viel hospitiert. Sie hat auch bei uns häufig herein geschnuppert. Das wird ganz gut werden. Wir sind total gespannt, was kommt, aber der Fokus liegt jetzt erst einmal auf dem Wesentlichen.
...ihre Aufnahme in die Shortlist bei der Wahl zur Fußballerin Europas: Es macht mich sehr stolz, darauf zu stehen. Das ist eine schöne Anerkennung. Ich habe in der vergangenen Saison zu wenige Tore aus meinen Chancen gemacht, aber größtenteils wichtige Tore erzielt.