Ennepetal. Der syrische Fußballer Said Suleyman freut sich über die politische Entwicklung in seiner Heimat. Eine Rückkehr ist trotzdem keine Option.

Als Said Suleyman in dieser Woche zum Training beim SV Ararat Gevelsberg kommt, nahm ihn Ali Al Saeed umgehend in die Arme. „Unser Land ist frei“, sagte Al Saeed zu seinem 20-jährigen Landsmann. Die Freude ist groß bei den beiden Syrern, die, obwohl der eine Araber und der andere Kurde ist, keine Probleme miteinander haben. In Syrien aber ist das nicht immer der Fall, weshalb Said Suleyman nach dem Sturz des Assad-Regimes nicht wieder in sein Heimatland zurückmöchte.

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Die Erinnerungen an die ersten zehn Jahre seines Lebens sind etwas verschwommen, im Gespräch aber kommen bei Said Suleyman immer wieder einige Bilder hoch, die er nicht vergessen kann. Beispielsweise der Beschuss mit Gasgeschossen an der türkisch-syrischen Grenze oder Schläge mit einem Stock vom Lehrer, wenn er in der Schule in seiner Muttersprache Kurdisch sprach. „Die Araber wollen uns nicht da haben“, sagt er. Auch heute noch, nach dem Sturz des Regimes, wegen dessen er und seine Familie letztlich die eigene Heimat hinter sich gelassen haben und nach Deutschland geflüchtet sind.

Die Fluchtroute kennt Suleyman noch ganz genau

Den lebensbedrohlichen Weg von Syrien über die Türkei, von wo aus es in einem Boot auf eine griechische Insel und anschließend zu Fuß über die Balkanroute nach Deutschland ging, hat er noch sehr konkret vor Augen. Aber all das haben er, seine drei Geschwister und seine Eltern auf sich genommen, um ein Leben in Frieden zu führen – denn das war in Syrien nicht möglich. Und das ist es in seinen Augen auch jetzt nicht. „Wir Kurden werden dort niemals ohne Angst leben können“, glaubt Suleyman.

Said Suleyman scherzt vor einer Einwechlsung mit seinem damaligen Co-Trainer Dimitrios Sorovakos.
Said Suleyman scherzt vor einer Einwechlsung mit seinem damaligen Co-Trainer Dimitrios Sorovakos. © Marinko Prša | Marinko Prša

Natürlich sei die Freude über den Sturz des Diktators Baschar al-Assad groß gewesen. Nach Jahrzehnten der Unterdrückung, der politischen und religiösen Verfolgung, Folterung und des Bürgerkrieges liegt seine Heimat zwar in Trümmern, hat aber erstmals wieder die Chance auf eine Perspektive, auch wenn aktuell niemand weiß, was die Zukunft für das gebeutelte Land bereit hält. Suleyman freut sich einfach für die Menschen, die in Syrien geblieben sind, dass diese nun wieder Hoffnung auf ein selbst bestimmtes Leben haben, so wie er und seine Familie das nach ihrer Ankunft im Jahr 2015 in Deutschland führen.

Suleyman und Familie sind gut integriert

Damals musste sich seine Familie vor Gericht erklären, warum sie die Flucht angetreten hatten. Sein Vater sollte von der kurdischen Armee eingezogen werden, auch sein Bruder war mit 15 Jahren sehr nah am wehrfähigen Alter. Gezwungen hatte sie keiner, und doch wollte die Familie nicht in einem Krieg leben – weshalb sie die Flucht antraten und sich in Deutschland ein neues Leben aufbauten.

„Unser Land ist kaputt, wir haben dort alles verloren. Wohin soll ich da zurückkehren?“

Said Suleyman, Kreisliga-Fußballer aus Syrien beim SV Ararat Gevelsberg

Inzwischen hat Said Suleyman seine Lehre als Friseur abgeschlossen, irgendwann will er seinen Meister machen. Sein Vater, ein ehemaliger Lehrer in Syrien, leitet Sportangebote an einer Schule, seine Mutter arbeitet in der gleichen Schule in der Küche. Die jüngeren Geschwister gehen zur Schule, sein Bruder macht eine Ausbildung in Hagen-Haspe. Probleme bei der Integration habe es keine gegeben, Probleme mit Rassismus durchaus. „Aber ich kann die Menschen in Deutschland auch verstehen“, sagt Suleyman. Eine Antwort, die überrascht.

Suleyman zeigt Verständnis für Abschiebedebatte

Seine neue Heimat sei inzwischen „Multi-Kulti“, wie Suleyman sagt, weshalb er auch Verständnis für die aktuelle Debatte rund um das Thema Abschiebung hat. Es gebe auch viele Menschen aus Syrien, die sich eben nicht so gut integriert haben wie er und seine Familie. Natürlich hat auch er von den Vorfällen etwas mitbekommen, bei denen seine Landsleute teilweise mit Macheten andere Menschen umgebracht haben. „Aber schlechte Menschen gibt es überall“, sagt er. „Man kann aber deswegen nicht alle Syrer in eine Schublade stecken.“ Said Suleyman klingt nicht unbedingt wie ein typischer 20-Jähriger, viele seiner Aussagen wirken wohlbedacht.

Zuletzt in der Kreisliga C

Said Suleyman spielte in der Jugend bei der TSG Sprockhövel, ehe er in der A-Jugend zum TuS Ennepetal wechselte.

Anschließend spielte er eine Saison im Bezirksliga-Team der Ennepetaler.

Seit dieser Saison ist er beim SV Ararat Gevelsberg in der Kreisliga A2 aktiv und führt mit seinem Team die Tabelle ungeschlagen an.

Am vergangenen Wochenende kam er in der zweiten Mannschaft in der Kreisliga C2 zum Einsatz und erzielte beim 11:2-Sieg über den SC Zurstraße II auch ein Tor erzielt.

Eine Rückkehr bleibt für ihn ausgeschlossen. Angebote, wie CDU-Politiker Jens Spahn sie öffentlich äußerte, syrische Rückkehrer mit 1000 Euro und einem bezahlten Flug in ihr Heimatland zurück zu locken, findet er absurd. „Unser Land ist kaputt, wir haben dort alles verloren. Wohin soll ich da zurückkehren?“, fragt er. Einige seiner Mitspieler und Menschen aus seinem Bekanntenkreis überlegen aber durchaus, sich beim Wiederaufbau des Landes zu engagieren, natürlich abhängig von den noch nicht absehbaren politischen Entwicklungen.

Wenn es sich aber in eine freiheitlich lebende Gesellschaft entwickeln sollte, dann könnte sich auch Said Suleyman eine Rückkehr vorstellen. Aber bis dahin konzentriert er sich erst einmal auf den Fußball mit dem SV Ararat.

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