Gevelsberg. Nach zwei Jahrzehnten ist Schluss für den Gevelsberger, der es aus außergewöhnlichen Umständen von der 2. Kreisklasse bis in die zweite Liga schafft.

Es hätte auch alles ganz anders laufen können. Als sich Dominic Luciano als D-Jugendlicher entschließt, mit dem Handball aufzuhören und seine Freizeit vermehrt dem Fußball zu widmen, droht eine außergewöhnliche Laufbahn im Handball nie an Fahrt aufzunehmen. Knapp 20 Jahre später hängt der inzwischen 38-Jährige seine Schuhe an den Nagel, er hat genug von dem Sport, der sein Leben in den vergangenen zwei Jahrzehnten maßgeblich geprägt hat. Der Handball hat dem gebürtigen Gevelsberger einzigartige Erlebnisse verschafft, schließlich kletterte der zwei Meter große Luciano innerhalb von kürzester Zeit von der 2. Kreisklasse bis in die italienische Nationalmannschaft und die zweite Bundesliga.

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Viel standesgemäßer hätte die lange Laufbahn von Dominic Luciano gar nicht enden können. Gegen den MTG Horst Essen gewann Luciano das letzte Spiel einer erfolgreichen Saison mit der HSG am Hallo Essen. Als Tabellenzweiter stieg das Team um den Gevelsberger als Aufsteiger direkt wieder auf. „Das war relativ schnell klar, angesichts der Qualität im Team ist das auch keine Überraschung gewesen“, weiß Luciano diesen Erfolg einzuschätzen. Auch sein Wechsel in den Essener Norden trug dazu einen großen Teil bei, denn neben drei ehemaligen Mitspielern bei der HSG Krefeld war Luciano der vierte Spieler, der mit Profi-Erfahrung am Hallo auflief. „Das war auch ausschlaggebend dafür, dass ich noch einmal ein Jahr dranhänge“, sagt er heute.

Dominic Luciano von der HSG Am Hallo im Spiel gegen die MTG Horst Essen. Das Spiel endete am 10. Dezember 2023 in der Sporthalle Am Hallo mit 33:30.
Dominic Luciano von der HSG Am Hallo im Spiel gegen die MTG Horst Essen. Das Spiel endete am 10. Dezember 2023 in der Sporthalle Am Hallo mit 33:30. © FUNKE Foto Services | Michael Gohl

Luciano muss ein halbes Jahr eine Krause tragen

Die Station in Essen ist seine letzte, das steht für den Deutsch-Italiener fest. Angefangen hatte seine Laufbahn einst bei der SE Gevelsberg, ehe Luciano dort aufhörte und erst in der Saison 2004/05 wieder bei der HSG Gevelsberg/Silschede anfing. Maßgeblich dafür war ein schlimmer Unfall, bei dem sich Luciano das Genick brach, riesiges Glück im Unglück hatte und anschließend fast ein halbes Jahr eine feste Krause um den Hals tragen musste.

Gemeinsam eine erfolgreiche Achse bei der HSG: Die Brüder Dominic (links) und Marco Luciano.
Gemeinsam eine erfolgreiche Achse bei der HSG: Die Brüder Dominic (links) und Marco Luciano. © Volker Speckenwirth (WR) | Volker Speckenwirth

Es folgte ein Jahr Reha, nach diesem Jahr zog ihn sein älterer Bruder Marco zurück zum Handball. „Das Schöne war, dass ich die meisten von damals noch kannte. Nur konnten die inzwischen deutlich besser spielen als ich“, erinnert er sich. Gemeinsam gewann die Mannschaft damals die Kreismeisterschaft, der teilweise etwas unbeholfen wirkende Luciano wurde dabei meistens nur auf den Außenpositionen eingesetzt.

Parallel dazu sammelte er Erfahrungen in der dritten Herrenmannschaft der HSG und profitierte dabei von der Erfahrung der älteren Spieler, mit denen er auch sein erstes Seniorenjahr verbrachte – wohlgemerkt in der zweiten Kreisklasse. Nach diesem Jahr kam der damalige Reservetrainer Christian Emmel auf ihn zu und äußerte seinen Wunsch, Luciano als dritten Kreisläufer mit in die Vorbereitung nehmen zu wollen. Eine Position, auf der er zuvor noch nie gespielt hatte, die fortan aber sein neues Zuhause werden sollte.

Gemeinsam mit dem Bruder zu zwei Aufstiegen

Nach der Vorbereitung stellte sich schnell heraus, dass Emmel mit der Umpositionierung genau die richtige Entscheidung getroffen hatte. Denn Luciano war schnell nicht mehr aus der ersten Sieben wegzudenken und hatte maßgeblichen Anteil am Aufstieg der Reserve in die Bezirksliga. Dort sollte er aber nie spielen, denn Philipp Kersthold als Trainer der HSG-Erstvertretung blieben die Leistungen des jungen und hoch aufgeschossenen Kreisläufers natürlich nicht verborgen. Auch in der ersten Mannschaft ließ Dominic Luciano an der Seite seines Bruders dann alle Konkurrenten schnell hinter sich, wurde Stammspieler und hatte großen Anteil an zwei Aufstiegen, die die HSG zum ersten Mal überhaupt in die Oberliga spülten.

„Handballerisch war das aber klar die beste Zeit.“

Dominic Luciano, Handballer aus Gevelsberg über seine Zeit bei der HSG Krefeld

Eben in dieser Liga wurde Luciano dann zum Gegenspieler der Gevelsberger, denn unmittelbar nach dem Aufstieg wechselte er von der HSG zur ambitionierten SG Schalksmühle-Halver, heute SGSH Dragons. Mit den Sauerländern feierte er gleich im ersten Jahr den Aufstieg in die dritte Liga, die in den kommenden fast sieben Jahren seine sportliche Heimat werden sollte. Während dieser Zeit wurde auch der italienische Handballverband auf Dominic Luciano aufmerksam und nominierte ihn für erste Lehrgänge. „Daran erinnere ich mich noch genau, denn wir waren ohne Auswechselspieler in Varel und ich hatte Fieber. Da habe ich eines meiner besten Spiele überhaupt gemacht und genau da war der Nationaltrainer vor Ort“, erinnert er sich.

Dominic Luciano (Mitte) bei einem Lehrgang der italienischen Nationalmannschaft im Jahr 2017.
Dominic Luciano (Mitte) bei einem Lehrgang der italienischen Nationalmannschaft im Jahr 2017. © FIGH-italienischer Handballverband

Unrühmliches Ende nach sieben Jahre im Sauerland

Insgesamt zweieinhalb Jahre spielt Luciano für die italienische Nationalmannschaft und absolvierte 13 Länderspiele, sein Engagement dort kommt aber nicht gut bei den Trainern seines Arbeitgebers in Schalksmühle an. Am Ende kommt es auch deswegen zu einem unrühmlichen Ende einer langen und erfolgreichen Zeit im Sauerland im Jahr 2019. Etwas überraschend kommt damals für ihn die Anfrage von der HSG Krefeld, die zu diesem Zeitpunkt gute Chancen hat, in die zweite Liga aufzusteigen. Luciano sagt zu, Krefeld steigt auf und so kommt der Gevelsberger mit Anfang 30 noch zu Zweitligaeinsätzen. Den letztlich klaren Abstieg kann er nach einer etwas turbulenten Zeit damals nicht verhindern, „handballerisch war das aber klar die beste Zeit“, sagt er rückblickend.

Dominic Luciano im Trikot der HSG Krefeld im Einsatz gegen den TuSEM Essen.
Dominic Luciano im Trikot der HSG Krefeld im Einsatz gegen den TuSEM Essen. © FUNKE Foto Services | Michael Gohl

Nach einem Jahr in Krefeld folgen drei Jahre beim Nordrheinligisten HG Remscheid, ehe Luciano sich noch einmal für ein Jahr in Essen überzeugen lässt und ein weiteres Mal in seiner langen Laufbahn aufsteigt. Fünf Mal gelingt ihm das am Ende. Mehr werden nicht mehr dazu kommen, auch wenn es jetzt noch Anfragen gab. „Ich kümmere mich jetzt mehr um mein Kind und meine schwangere Frau, ab September dann um zwei Kinder und meine Frau“, sagt er voller Vorfreude auf die handballfreie Zeit.