Schwelm. Als Sportreporter hat Holger Dahl schon viele sportliche Großereignisse begleitet. Das kontrovers diskutierte Turnier in Katar ist aber besonders
Es ist das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 2022. Eines der besten Spiele, die der Sport je gesehen hat, geht nach direktem Duell zwischen Frankreichs Kylian Mbappé und Weltfußballer Lionel Messi ins Elfmeterschießen, nach dem der argentinischen Weltfußballer seine erfolgreiche Karriere krönen konnte. Millionen Fans weltweit staunen, die Südamerikaner liegen sich weinend im Stadion in den Armen. Mittendrin: der Schwelmer Sportreporter Holger Dahl, der live für den WDR die Menschen der Region im Radio daran teilhaben ließ. Das kontroverse Turnier in Katar war für ihn anders als alle zuvor. Er erzählt von kritischen Eindrücken, Gänsehaut-Momenten und neuen Erfahrungen.
Knapp einen Monat war Dahl im Wüstenland Katar, inmitten eines bunten Fußballfestes, während hierzulande bei zweistelligen Minusgraden nur bedingt WM-Stimmung aufkam. Auch vor Ort war für ihn vieles neu. „Im Vergleich zu anderen Weltmeisterschaften hatte es mehr so ein Olympia-Feeling“, meint Dahl. Wo er 2014 noch für Spiele quer durch Brasilien reisen musste, hat sich in diesem Jahr alles rund um die Hauptstadt Doha abgespielt. Kein Fahrt in die Stadien kostete Dahl von seinem Hotel aus eine längere Anreise als zwei Stunden. Normalerweise sehe sich das Reporter-Team untereinander bei den Turnieren nur selten, diesmal wohnten alle acht Live-Reporter der ARD in einer Unterkunft und sahen sich täglich beim Frühstück.
Seltsame Vorweihnachtszeit für Dahl
Die sportpolitische Lage rund um das Turnier, die zweifellos zwiespältig zu betrachten ist, ging niemanden aus dem Hinterkopf. „Wenn du aber in der Zeit dann vor Ort bist, dann stellst du fest, dass das natürlich eine totale Hochglanzveranstaltung ist“, so Dahl. Von brandneuen U-Bahnnetzen, perfekter Organisation und Architektur der Superlative sei alles dabei gewesen. Gepaart mit den warmen Temperaturen und den sportlichen Feierlichkeiten eine komische Vorweihnachtszeit für den Schwelmer.
Vom Hotel im Stadtzentrum, direkt an der Küste, ging Dahls Blick auf das Stadion 974 mit seiner Container-Fassade. Im nationalen Museum informierte er sich über die Geschichte des Landes und über die rasante Entwicklung. Zwischen den Wolkenkratzern erlebte er die Anhänger verschiedener Nationen, die ebenso kurze Wege zwischen den Spielorten hatten und aufgeregt die Straßen füllten. Wenn zwischen Vor- und Nachbereitung der Spiele mal wenige Stunden Freizeit blieben, tauchte Dahl in die Fankultur ein. Das Alkoholverbot und weitere Vorkehrungen sorgten für eine friedliche Atmosphäre. Vor allem die afrikanischen Fans, wie die vom Überraschungsteam Marokko, und die Südamerikaner sorgten für eine riesige Fan-Party.
Mehr Politik als Sport
Zwölf Spiel kommentierte Dahl live vom Eröffnungsspiel bis zum Finale. Das Ausscheiden der DFB-Auswahl verhinderte, dass Dahl sein Heimatland in der Endrunde kommentieren durfte. Stattdessen stand bei diesem die Politik im Vordergrund. Deutschland setzte mit einem Teamfoto das einzige Zeichen. „Dass nach der großen Kritik im Vorfeld, diese relativ kleine Geste über den gesamten Turnierverlauf die einzige echte Protestbewegung der WM war, war schon traurig“, meint Dahl.
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Abseits der Live-Kommentierung stand für ihn beispielsweise die Arbeit in der sogenannten „Exklusiv-Leitung“ an, wo Dahl im internationalen Medienzentrum vor Ort mit deutschen Radiosendern sprach. Auch für WDR-Sendungen wurde er ab und zu live zugeschaltet. Neben seinen Spielen verfolgte er viele Spiele in der Gruppenphase, um sich auf mögliche Endrunden-Partien vorzubereiten. Im Finale kommentierte er die Argentinier zum ersten Mal und schaute das Halbfinale des Teams im Stadion.
Eines der besten Spiele seiner Laufbahn
Auch für ihn war das Endspiel ganz besonders. „Es war definitiv in der Top Drei der Spiele in meiner Reporterlaufbahn“, so Dahl. Nach dem atemberaubenden Finale zwischen Argentinien und Frankreich erinnert er sich an Spiele wie die EM-Partie Deutschlands 2016, die gegen Italien im nervenzerreißenden Elfmeterschießen entschieden wurde. Die Stimmung der Argentinier gepaart mit dem Spielverlauf und der Geschichte von Messi im Duell gegen Mbappé haben ihn beeindruckt und mitgenommen. „Da machst du dir keine Gedanken über das Wie und Wann, sondern lässt dich einfach nur noch emotional in dieses Spiel gleiten. Da macht das Arbeiten nur noch Spaß“, beschreibt Dahl. Neben der schwierigen politischen Situation, nimmt er die sportlichen Höhepunkte der WM mit nach Hause.
Die Abreise war am Ende nochmals eine Herausforderung für Dahl. Der Flieger um 2:30 Uhr nach dem Endspiel wäre problemlos zu erreichen gewesen, wenn in Katar nicht auch noch Nationalfeiertag gewesen wäre. Die dazugehörende Parade wurde vom nächsten Morgen auf den Abend nach dem Finale verlegt. Statt mit dem Shuttle ging es für Dahl und sein Team mit den Fans in die U-Bahn, um rechtzeitig zum Flughafen zu kommen. „Das ist am Ende ziemlich eng geworden“, lacht Dahl. Dennoch schaffte er es rechtzeitig und kann nun zuhause nach den Feiertagen einen verdienten Urlaub nach einer ereignisreichen Zeit genießen.