Balve.
Als Totilas zur Musik tanzte, hielt sogar der Regen inne. Es wirkte wie eine zusätzliche Anerkennung neben den ersten beiden nationalen Titeln, die das „Wunderpferd“ mit seinem neuen Reiter Matthias Alexander Rath in Balve gewann.
Dabei wurde es dem neuen Traumpaar der Dressur bei den deutschen Meisterschaften in Balve nicht gerade leicht gemacht. Denn anders als in der Kür ging am Vortag im Grand Prix Special gerade in jenen zehn Minuten der heftigste Schauer nieder, als das mit Spannung erwartete Duo seine Lektionen präsentierte.
„Der Regen darf einen nicht aus der Bahn werfen“, blieb BWL-Student Rath gelassen. Doch die Meinungen darüber gingen auseinander. „Das ist sehr unangenehm. Die Zügel rutschen einem aus den Händen und man sieht nicht mehr so viel“, klagte Anabel Balkenhol (Münster), die auf Dablino Dritte im Special und Vierte in der Kür wurde.
Isabell Werth trotzte dem Regen
Die Rheinbergerin Isabell Werth, Zweite und Dritte mit El Santo, berichtete, sich an einem Tag sieben Mal durchnässt umgezogen zu haben. Immerhin wurde der Parcours der Springreiter für einige kleinere Prüfungen reduziert, um den Dressur-Assen einen größeren, weniger verschlammten Abreiteplatz zu ermöglichen. Für diese Flexibilität des Veranstalters bedankte sich besonders Christoph Koschel aus Hagen/Teutoburger Wald, Vierter und Zweiter auf Donnperignon.
Aber solch banale Dinge schienen vergessen, als Totilas seine Kür-Premiere zelebrierte. Der weltweit bekannte DJ und Produzent Paul van Dyk komponierte dafür extra eine klassisch-orchestrale Musik. Dazu hatte er sich zwei Wochen lang die Bewegungsabläufe des Superhengstes im täglichen Training angeschaut. Das Ergebnis war eindrucks- und stimmungsvoll.
Rath mit selbstkritischer Analyse
Am Ende der Darbietung wich die atemlose Stille in dem restlos ausverkauften Dressur-Stadion einem freundlichen, wenngleich nicht überschwänglichen Beifall. Nicht nur gewohnt sachlich, sondern sogar selbstkritisch reagierte der 26-jährige Rath: „Ich freue mich wahnsinnig über die Goldmedaille, aber in der Prüfung hätte ich gerne das eine oder andere noch besser gemacht.“
Diese kleinen Mängel sollen abgestellt werden, wenn er sich nun mit dem hochkarätigen Vierbeiner bis zum CHIO in Aachen Anfang Juli wieder auf den heimischen Schafhof in Kronberg zurückzieht: „Sieben Wettbewerbe in den letzten zweieinhalb Wochen waren ein strammes Programm.“ Die Konkurrenz bemühte sich, auf Sticheleien gegen die Ausnahmeerscheinung zu verzichten. „Ich kenne überhaupt keine schlechten Gedanken“, lachte Werth. Etwas ernsthafter erklärte Balkenhol: „Wir haben alle auf unsere Art ein Wunderpferd. Jedes ist speziell."
Die Ergebnisse unterstrichen diese These. Es gab ungewöhnlich hohe Punktzahlen mit vielen persönlichen Bestleistungen. „Zurzeit herrscht eine große Leistungsdichte. Man pusht sich gegenseitig“, befand Werth. Dieses Spitzenniveau belohnte die geduldigen Zuschauer, die - anders als im Springstadion - ohne überdachte Tribünen ungeschützt im Regen verharrten. Als schließlich der Star kam, auf den sie alle gewartet hatten, wurden die Besucher auch noch mit Trockenheit honoriert.