Voßwinkel. Die Welle der Empörung über das Olympia-Drama im Modernen Fünfkampf schwappt ins Sauerland. Top-Reiterin Kathrin Müller bezieht klar Stellung.

Es war nur eine kurze Videosequenz, die jedoch großes Entsetzen bei Kathrin Müller auslöste. Denn das, was die für den ZRFV Voßwinkel startende Springreiterin sah, steht im krassen Widerspruch zu dem, wie sie als Berufsreiterin mit ihren Pferden umgeht. Wenig später waren die Szenen, in denen die Moderne Fünfkämpferin Annika Schleuweinend auf einem Pferd sitzt, welches sie mit dem Einsatz der Gerte zurück in den Parcours zu treiben versucht, auch beim Reitturnier in Iserlohn-Kalthof, an dem Kathrin Müller teilnahm, das Gesprächsthema Nummer eins.

Bei einer Verweigerung bleibt es nicht: Annika Schleu und das Pferd Saint Boy bleiben sich bei Olympia mehr als fremd.
Bei einer Verweigerung bleibt es nicht: Annika Schleu und das Pferd Saint Boy bleiben sich bei Olympia mehr als fremd. © dpa | Marijan Murat

Die Wellen der Empörung schwappten von den Olympischen Spielen in Japan ins Sauerland. Und Müller konnte angesichts der verstörenden Bilder und des Anfang September bevorstehenden Reitturniers ihres Vereins nicht mit ihrer Meinung hinter dem Berg halten.

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„Das System ist veraltet“, sagte die 35-Jährige, die mit ihrer Familie einen Pferde-Pensions- und Zuchtstall in Wickede betreibt, mit Blick auf den Modernen Fünfkampf. In dieser Sportart müssen die Aktiven mit ihnen zugelosten Pferden einen Springparcours auf L-Niveau bestreiten. 20 Minuten Zeit gibt es im Vorfeld, um sich mit den ansonsten unbekannten Vierbeinern vertraut zu machen.

Das ist der genau der Punkt den Müller kritisiert. „Die für den Sport gezüchteten Pferde werden immer sensibler“, erklärte sie, „die sollen die Tiere raus lassen.“ Oder zum Beispiel mit eigenen Pferden antreten, so dass Reiter und Tier sich bereits kennen, verstehen und aufeinander vertrauen. Leuchtendes Beispiel – auch bei den Olympischen Spielen, aber beim Springreiten: Daniel Deußer beendete den Parcours nach einem Abwurf und einer Verweigerung mit Killer Queen vorzeitig. Die erhoffte Medaille für das deutsche Team im Springreiten war damit außer Reichweite. Doch auch Bundestrainer Otto Becker erklärte: „Es war die richtige Entscheidung, dass er aufgegeben hat im Sinne des Pferdes.“

Auf einer Linie mit Isabell Werth

In Zeiten, in denen der Pferdesport ohnehin unter kritischer Beobachtung steht, tun Bilder wie jene von Annika Schleu den Berufsreitern besonders weh. Gleichwohl sagte Kathrin Müller: „Die Sportlerin jetzt zu verurteilen, ist nicht richtig. Für sie ist in dem Moment ein Lebenstraum geplatzt. Da handelt man vielleicht irrational.“ Es sei das System im Modernen Fünfkampf, das im Sinne der Tiere geändert werden müsse. In diese Richtung argumentiert übrigens auch die siebenmalige Olympiasiegerin im Dressurreiten, Isabell Werth.

Bilder, wie Reitsport sein kann und sein soll, die soll es vom 2. bis 5. September auf der Anlage des ZRFV Voßwinkel zu sehen geben. „Wir haben das Konzept etwas geändert. Der Sonntag zum Beispiel steht ganz im Zeichen des regionalen Reitsports“, sagte Kathrin Müller. Stand jetzt plane der Verein zudem mit Zuschauern, „wobei die drei Gs, genesen, geimpft oder getestet, Voraussetzung sind“.