Osnabrück/Arnsberg. Die Sauerländerin Melanie Wienand träumt nach ihrem schweren Reitunfall von der Teilnahme an den Paralympischen Sommerspielen 2024 in Paris.
Diese Sauerländerin ist im wahrsten Sinn des Wortes eine Kämpferin. Melanie Wienand, die beim ZRFV Arnsberg-Holzen das Reiten gelernt hat, lag nach einem Reitunfall im Jahr 2011 mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma vier Wochen im künstlichen Koma.
Inzwischen hat sich die 40-jährige Dressurreiterin zurück ins Leben gekämpft und träumt sogar von der Teilnahme an den Paralympischen Sommerspielen im Jahr 2024 in Paris.
Para-Reiterin Melanie Wienand: Reha dauert neun Monate an
„Die Pferde waren von Anfang an mein Ansporn. Ich wollte unbedingt wieder reiten. Ohne sie hätte ich die Folgen meines Unfalls nicht so gut aufarbeiten können. Sie sind meine besten Therapeuten und haben mich sozusagen gerettet“, erzählt Melanie Wienand, die nach ihrem Sturz neun Monate in der Reha war und vieles neu lernen musste: Das Sprechen, das Schreiben und auch das Gehen. Schnell laufen ist weiterhin ein Ding der Unmöglichkeit.
Mit den Folgen des Unfalls wird sie auch im Sattel konfrontiert. „Ich bin motorisch eingeschränkt und dadurch sind meine Hilfen nicht mehr so fein wie früher. Ein Bein kann ich besser kontrollieren als das andere. Manches fällt mir viel, viel schwerer als früher und so fühle ich mich manchmal gefangen im eigenen Körper. Denn an das Gefühl der Leichtigkeit von früher kann ich mich noch gut erinnern“, teilt die 40-Jährige, die in Osnabrück lebt, mit.
Nicht erinnern kann sie sich an den Unfall am 12. November 2011. Dass sie erstmals einen Helm beim Reiten trug, rettete ihr dabei wohl das Leben. „Zurzeit geht es mir den Umständen entsprechend extrem gut. Man stößt allerdings privat, beruflich und sportlich immer wieder an Grenzen.“
Einzelunterricht ist möglich
Durch die Corona-Pandemie finden zurzeit fast keine Turniere statt. „Zumindest kann ich hier in Niedersachsen weiter als Dressur-Trainerin tätig sein und Einzelunterricht geben. Aber die Wettkämpfe fehlen einem schon“, sagt Melanie Wienand, die sich inzwischen auch im Para-Reitsport, und dort vor allem in der Dressur, einen Namen gemacht hat. Hier nimmt sie an Regelturnieren und auch an speziellen Wettbewerben für Pferdesportler mit Handicap teil.
Die Wettkampfklassen richten sich nach der Schwere der Behinderung, eingeordnet ist Melanie Wienand in den „Grade 3“. Die Anforderungen entsprechen vergleichbar den Klassen A bis L. Mit Lemony’s Loverboy, einem Nachkommen des legendären, für 900.000 Euro verkauften Ausnahmehengstes Lemony’s Nicket, belegte sie im vergangenen Jahr bei der Deutschen Para-Meisterschaft den zweiten Platz.
Anschließend stand das Duo auf der Longlist und gehörte damit zum erweiterten Kreis für die Paralympischen Spiele in Tokio. Die Spiele, die aufgrund der Coronapandemie in den August 2021 verschoben worden sind, werden allerdings ohne Melanie Wienand und Lemony’s Loverboy, der zurzeit mit einem Hornspalt (Riss im Pferdehuf) zu kämpfen hat, stattfinden. „Unser großes Ziel sind nun die Paralympics 2024 in Paris“, so Wienand, die auch beruflich wieder voll aktiv ist.
Seit 2013 zurück im Berufsleben
Im April 2013 kehrte sie nach ihrem Unfall ins Berufsleben zurück und arbeitete ein Jahr lang im Landgestüt Celle in der Buchhaltung. Von Oktober 2015 bis August 2017 organisierte sie Seminare und Lehrgänge beim Berufsreiterverband.
Heute ist sie beim Verband Westfälisches Pferdestammbuch unter anderem für die Vermarktung von Dressurpferden zuständig. „Der Job macht mir Spaß, zumal es ja auch hier um Pferde geht“, sagt Melanie Wienand. „Wenn ich auf dem Pferd sitze oder am Zaun stehe und den Pferden zuschaue, geht es mir gut. Dann fühle ich mich frei, selbstständig und unabhängig. Das Gefühl habe ich nirgends sonst.“