Fröndenberg. Ivars Weide ist in der Golfszene ein bekannter Spieler. Zum einen aufgrund seines Spiels, zum anderen aufgrund seines besonderen Handcaps.

Wer Ivars Weide aus der Entfernung beim Golfspielen zusieht, der wird sich im ersten Moment denken, dass er einen super Spieler bei seinem Hobby beobachtet. Erst aus der Nähe wird sein Handicap deutlich: Er ist blind.

„Always look on the bright side of life“, sangen die Komiker von Monty Python einst. Worte, die hervorragend die Lebenseinstellung von Ivars Weide reflektieren. Der 73-Jährige ist eine Frohnatur. Trotz aller Widrigkeiten. Nach einem schweren Unfall ließ seine Sehkraft nach und gipfelte in der völligen Erblindung. „Ich sehe gar nichts mehr. Noch nicht einmal mehr Umrisse“, sagt der ehemalige Leistungssportler. Dennoch ist er wöchentlich noch mehrfach auf dem Golfplatz in Fröndenberg zu finden. Dort spielt er seine Runde, trifft Bekannte und genießt die Geselligkeit. Immer an seiner Seite: Ehefrau Gabi, die ihren Mann auf dem Parcours unterstützt.

Frau Gabi hilft mit

Gabi und Ivars Weide bereiten den Abschlag vor.
Gabi und Ivars Weide bereiten den Abschlag vor. © Unbekannt | Dietmar Reker


Ohne ihre Mithilfe wäre es Ivars Weide nicht möglich zu spielen. „Sie begleitet mich zu den Löchern und richtet mich richtig aus, damit ich auch in die vorgegebene Richtung schlage“, erklärt Ivars Weide. Mit einem Laser-Messgerät bestimmt Gabi Weide zunächst die Entfernung zum Loch und reicht ihrem Mann den passenden Schläger an. Nun kommt der Blindenstock ins Spiel. Diesen nutzt Gabi Weide, um ihrem Mann die Schlagrichtung vorzugeben. Danach wird der Stock in Schlagrichtung vor dem Abschlag abgelegt, sodass Ivars Weide den passenden Abstand zum Ball wahrt.

Ivars Weide nimmt den Schläger in beide Hände und lässt ihn von seiner Frau am Ball ausrichten. Weide holt aus, trifft die kleine Kugel perfekt und sie fliegt im hohen Bogen aufs Grün. „Viele Golfer sind manchmal verzweifelt, wenn sie mit mir spielen und sich wundern, dass ich manchmal besser schlage, als sie das tun“, sagt Weide schmunzelnd. Auf Turnieren brachte er es bis zu Weltmeisterschaften, bereiste den Globus und erntete überall Erstaunen und Respekt.

Keine Turniere mehr

Inzwischen spielt er keine Turniere mehr. „Ich habe vor ein paar Jahren zwei neue Hüften bekommen und der Rücken wurde mir versteift. Seitdem spiele ich keine Turniere mehr“, erklärt Weide. Doch die Einschränkungen hindern ihn nicht daran, weiter Golf zu spielen. „Es macht einen riesigen Spaß“, gesteht der Unnaer, der einst als Eishockeyprofi beim Krefelder EV auf den Kufen stand, später nach Duisburg wechselte und nach seiner aktiven noch eine Laufbahn als Trainer anschloss.

Bis ein schwerer Unfall sein Leben auf den Kopf stellte. „Ich konnte eine zeitlang meine Beine nicht mehr bewegen, saß im Rollstuhl. Zum Glück hat sich das dann wieder gebessert und ich konnte wieder laufen“, erinnert sich Weide. Statt Leistungssport gab es nun Freizeitsport. Tennis und Radfahren hatten es dem Sportfanatiker angetan. „Aber irgendwann traf ich die Bälle nicht mehr“, kam der Punkt, an dem sich Weide auch vom Tennis verabschieden wollte.

Über Umwege zum Golf gekommen

Auf dem Grün geht Ivars Weide gemeinsam mit seiner Frau die Distanz zur Fahne ab.
Auf dem Grün geht Ivars Weide gemeinsam mit seiner Frau die Distanz zur Fahne ab. © Unbekannt | Dietmar Reker


Was nun? Ein befreundeter Unternehmer, der zufällig damals Manager des Golfclubs Gut Neuenhof war, hatte die entscheidende Idee: „Warum kommst du nicht mal mit zum Golf?“ fragte er Weide. Nach anfänglicher Skepsis ging der Unnaer mit und war schnell begeistert. „Ich hatte sehr gute Trainer, die sich viel Zeit genommen haben, um mir alles beizubringen. Es war nicht immer einfach, gerade bei den Schwungbewegungen“, sagt Weide. Mit zunehmender Dauer klappte es immer besser. Durch den fehlenden Sehsinn sind die restlichen Sinne umso aufmerksamer. „Mein Mann hört bereits, ob ein Schlag gut war, oder nicht“, weiß Gabi Weide, die durch ihren Mann auch zur begeisterten Golferin wurde.

Es geht weiter auf dem Grün. Der Ball ist nur noch wenige Meter vom Loch entfernt. Auch hier gibt es eine besondere Technik. Gemeinsam mit seiner Frau geht Ivars Weide die Puttinglinie, also den Weg, den der Ball bis zum Loch zurücklegen muss. „Ich spüre dabei jede Unebenheit im Boden und somit die Besonderheiten des Grüns“, verrät Weide. Und damit wichtige Informationen über den Weg des Balls. Beim Abschlag ist das Prinzip gleich wie in den anderen Situationen. Gabi Weide richtet ihren Mann aus, der holt mit dem Putter vorsichtig Schwung und schickt den Ball auf die Reise. Hauchdünn rollt er am Loch vorbei. „Jetzt musst du ihn nur noch reinschubsen“, ruft Gabi Weide ihrem Mann zu.

Prominente sind beeindruckt

Mit seiner positiven Einstellung möchte Ivars Weide den Menschen Mut machen. Das Thema Inklusion ist eine Herzenssache für ihn. „Ich habe auch schon Trainingsstunden für Behinderte gegeben und möchte sie bestärken, positiv zu denken. Auch mit einem Handicap kann man ein schönes Leben führen. Man darf sich nur nicht zurückziehen“, rät Weide, während er auf dem Weg zur Driving Range ist, um ein paar lange Schläge vorzuführen.

Der erste Ball fliegt weit nach vorne, bis er ca. 150 Meter später wieder aufkommt. „Ein bisschen weit nach links“, klärt Gabi Weide ihren Mann auf. Beim zweiten Versuch geht der Schlag daneben. „Jetzt hast du angefangen nachzudenken. Das ist beim Golf eine ganz schlechte Tugend“, sagt Gabi Weide scherzhaft. Die nächsten Schläge sitzen wieder.

Familie infiziert

Gabi und Ivars Weide haben zwei Kinder und vier Enkel, die natürlich auch mit dem Golfspielen aufgewachsen sind. Wenn die Familie zu Besuch ist, dann ist der Golfplatz ein beliebtes Ziel für gemeinsame Unternehmungen.

Wer Ivars Weide erlebt, ist schnell beeindruckt von seiner Lebenseinstellung, dem Ehrgeiz und der Lebenslust, die er versprüht. Eigenschaften, die auch Prominente schätzen. „Ich habe Franz Beckenbauer schon einige Male getroffen und bin auch häufig zu Charity-Golfturnieren eingeladen worden. Vergangene Woche haben wir hier noch den TV-Hundetrainer Martin Rütter getroffen, der mir zugesehen hat. Er war völlig begeistert und hat sich noch lange mit mir unterhalten. Das war sehr nett“, sagt Ivars Weide, der auch schon in der Talkshow von Johannes B. Kerner zu Gast war.