Sauerland. Bergspezialist, Schwabe und Top-Talent: Radsportler Johannes Adamietz (22) ist neu beim Team SKS Sauerland NRW. Er formuliert ehrgeizige Ziele.
60 Kilogramm leicht, 1,74 Meter groß: Allein schon seine körperliche Konstitution prädestiniert Johannes Adamietz (22) zu einem „Bergfloh“ erster Güte. So ist es auch kein Wunder, dass sich der Radprofi, der seit dem 1. Januar für das Team SKS Sauerland NRW aktiv ist, als Kletterspezialist vor allem in den Bergen wohl fühlt.
Im Gespräch mit dieser Zeitung verrät der gebürtige Ulmer, wie der Wechsel ins Sauerland zustande kam, wieso sein Saisonstart misslang, warum er gleichwohl in Top-Form ist und für welches Highlight er derzeit mächtig ackert.
Johannes Adamietz, seit Anfang des Jahres stehen Sie beim Team SKS Sauerland NRW unter Vertrag. Sie sind gebürtiger Ulmer und fuhren bislang für das Herrmann Radteam aus Bayern – wie kam es zum Wechsel ins Sauerland?
Johannes Adamietz: Mit meiner bisherigen Mannschaft, dem Herrmann Radteam, bin ich auch in der Radsport-Bundesliga gefahren, da hat man natürlich auch Kontakt zu Verantwortlichen und Fahrern anderer Mannschaften. Johannes Hodapp (fährt ebenfalls für das Team SKS Sauerland NRW, Anm. d. Red.) ist ein guter Kumpel von mir und hat mir viel Gutes über das Team berichtet. Außerdem hat Teammanager Jörg Scherf nicht locker gelassen. (lacht) Er wollte mich unbedingt als Zugang haben. Und ich kann sagen: Bis jetzt war es die absolut richtige Entscheidung für mich, hierher zu wechseln.
Mit Jörg Scherf, Heiko Volkert und Co. hatten Sie auch bereits durch die Teilnahme an der Sauerland-Rundfahrt Kontakt, oder?
Genau. Ich finde, dass das Sauerland eine coole Region ist. Hier gibt es tolle Berge – wie in der Heimat. Die Sauerland-Rundfahrt ist ein super Rennen. 2019 wurde ich Dritter – ich fühle mich hier also wohl. (schmunzelt) Die Rundfahrt ist top organisiert, so ein Rennen gibt es in Deutschland recht selten, da auch viele Anstiege dabei sind.
Ihr Vertrag beim Team SKS Sauerland NRW läuft über ein Jahr, eine durchaus übliche Dauer im Radsport. Sie bestreiten nun Ihre letzte Saison in der Altersklasse U23. Wie soll Ihre Karriere idealerweise weiterverlaufen?
Aktuell würde ich mich als Halbprofi bezeichnen, möchte aber unbedingt bald für ein World-Tour-Team fahren. Diese Radsportler sind dann Vollprofis. Das Team SKS Sauerland NRW sieht sich selbst ja auch als Ausbildungsteam, das war auch mir sehr wichtig. Wenn es klappen sollte und ich mittelfristig zu einem World-Tour-Team wechsele, wäre das denke ich auch ein Erfolg für mein aktuelles Team.
Sie sind gebürtiger Ulmer und im Schwabenland aufgewachsen. Haben Sie überhaupt schon einen Bezug zum weit entfernten Sauerland herstellen können?
Auf jeden Fall. Zwar lebe ich aktuell noch bei meinen Eltern in Ulm und nutze vor allem das Umland hier für meine Trainingsfahrten, aber das ist im Radsport ja durchaus üblich, dass man auch in der Heimat wohnen bleiben kann. Ich freue mich aber wieder sehr darauf, wenn mit dem Team SKS Sauerland NRW vom 17. bis 19. Juli unser Trainingslager in Winterberg ansteht, und ich dann alle Jungs wiedersehe.
Ihr Wunsch ist es, Vollprofi zu werden, aktuell studieren Sie aber noch an der Universität Ulm. Wie genau läuft das ab?
Ich studiere das Fach Wirtschaftswissenschaften, eigentlich nicht in Vollzeit, doch bedingt durch die Coronakrise war das in diesem Semester dann eben doch mal so. Trotzdem trainiere ich viel, aktuell etwa 20 Stunden pro Woche. Ich glaube, dass es gut ist, wenn man nicht 24 Stunden pro Tag und sieben Tage pro Woche nur an den Sport denkt – das wäre mir auch zu wenig. Durch Corona ist das ständige Herumreisen weggefallen und so hat man eben mehr Zeit zur Verfügung.
Nach Ihrem Wechsel im Januar zum Team SKS Sauerland NRW kann Ihr Saisonstart getrost als missglückt bezeichnet werden...
Das ist richtig. Ich war privat bereits im Januar in einem Trainingslager und habe mich dort leider am Knie verletzt und eine Entzündung davon getragen. Somit war ich sechs Wochen außer Gefecht und konnte mit meiner neuen Mannschaft nicht auf Mallorca und Rhodos trainieren und Rennen fahren. Ich bin mit hohen Erwartungen in die Saison gestartet, das waren also ziemliche Rückschläge. Ich konnte nun aber drei Monate lang sehr beständig und sehr gut trainieren – ich bin jetzt in sehr guter Form und kann es kaum abwarten, endlich auch wieder Rennen zu fahren.
Was sind Sie als Radsportler für ein Fahrertyp?
Ich gelte als Bergspezialist, mir liegen nicht so sehr Massensprints, sondern lieber lange Rennen mit vielen kurzen, steilen Anstiegen. Ich war bisher drei Mal Deutscher Bergmeister (2015 und 2016 bei den Junioren, 2017 in der U23, Anm. d. Red.). Ich bin ein Kletterer und habe viel Energie. Lange Rennen passen mir gut, gern auch jenseits von fünf Stunden. (lacht)
Sie sind Teil der Deutschen U23-Nationalmannschaft. Was sind Ihre Ziele für die kommenden Monate, im Nationalteam und mit dem Team SKS Sauerland NRW?
Ich möchte mich durch gute Leistungen unbedingt für eine Nominierung für die U23-Weltmeisterschaften, die vom 20. bis 27. September in Aigle-Martigny in der Schweiz ausgetragen werden, empfehlen. Die Vorzeichen stehen aktuell gut, aber ich muss in den Rennen zuvor auf jeden Fall noch auf mich aufmerksam machen. Das gilt auch für meine Rennen mit dem Team SKS.
Im vergangenen Jahr wurden Sie bei den Deutschen U23-Meisterschaften Zweiter, nun steht die DM am 2. August in Luxemburg an. Was ist dort für Sie möglich?
Das ist aktuell schwer zu sagen. Natürlich will ich dort performen und nach Möglichkeit auch gewinnen, doch in diesen Rennen kommt es auch immer sehr auf die Taktik und den Verlauf an. Es wird eine mittelschwere Strecke sein, das könnte mir ganz gut liegen.