Schmallenberg. Kurz vor dem Start und auch während des Fluges herrscht mal Sorge, doch das Glücksgefühl überwiegt. So fliegt sich’s über das Sauerland.

Ehe es in die Luft geht, witzeln wir. „Keine Sorge, Kotztüten habt ihr mit an Bord“, sagt Jasmin Hegener, Geschäftsführerin der Fluggemeinschaft Rennefeld. „Die brauche ich sicher nicht“, entgegne ich entschlossen. Lache. Und zweifle doch kurz, ob sie das wirklich ironisch oder womöglich doch ein wenig ernst gemeint hat.

Als Pilot Michael Schmidt (58) und ich dann mit mächtig Power die schöne Wiesen-Start- und -Landebahn des Klubs im Schmallenberger Sauerland hinunterbrettern, und wir in unserem Motorflugzeug ordentlich ruckelnd und wackelnd abheben, wird mir tatsächlich kurz leicht anders. Es überwiegt aber ein anderes Gefühl: Euphorie.

Denn als ich mich an die Bedingungen in 600 Metern Flughöhe gewöhnt habe, freue ich mich wie ein kleines Kind. Klar, ich hab’ schon in Flugzeugen gesessen, in vielen sogar. Doch das Gefühl, mit 200 Menschen in einer klassischen Boeing 737 oder im imposanten Airbus A380 zu sitzen, hat mit dieser Art abzuheben äußerst wenig zu tun. Hier ist es intensiver, näher dran.

Aus Schmallenberg schnell mal nach Winterberg

Es ist zwar nicht gerade leise, doch wenn Pilot Michael Schmidt und ich die Stimme heben, verstehen wir uns gut. Wir tragen beide eine Mund-Nasen-Maske – das muss momentan so sein. Und warum das in diesem Motorflugzeug, Modell Robin DR 400, derzeit äußerst sinnvoll ist, wird schon beim Einstieg klar: Pilot und Gast sitzen eng nebeneinander. Abstand zu halten – das ist so unmöglich. Doch die Masken bieten uns Schutz.


Mit dem Flugzeug (Baujahr: 1991) steuern wir Winterberg an. „Wir brauchen hin etwa sieben und zurück etwa acht Minuten“, rechnet Pilot Schmidt vor. Wir überqueren Schmallenberg, Gleidorf, Westfeld, Oberkirchen – und nach viel Wald und den schön gelegenen Ortschaften zeichnet sich dann Winterberg ab. Die Veltins-EisArena von oben – sieht ziemlich cool aus.

Michael Schmidt fliegt wie seine Vereinskameraden stets im Sicht- und nicht per Instrumentenflug. Wir machen mit 200 Kilometern pro Stunde eine Linkskurve und fliegen zurück in Richtung Flugplatz. Als der Flieger aufgrund des Windes einmal plötzlich nach rechts schwenkt, kralle ich kurz instinktiv in den Arm meines Piloten. „Hoffentlich hat er das nicht bemerkt!“, denke ich schnell. Ich erinnere mich an die Worte von Fluglehrer Thorsten Thimm, der am Boden geblieben ist: „Am besten schaust Du immer in die jeweilige Flugrichtung. So wird dir nicht schlecht.“


Im Landeanflug nimmt dann der erfahrene Luftsportler Schmidt, der bereits seit den 1980er-Jahren fliegt, Geschwindigkeit heraus. Äußerst entspannt setzen wir auf der etwa einen Kilometer langen Start- und Landerampe auf. Geschafft. Meine Knie sind zwar etwas wackelig, und ich bin durchaus froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Doch diese Erfahrung war super – ich bin ziemlich euphorisch.


Das Gefühl kennen Thorsten Thimm, Vorstandsmitglied der Fluggemeinschaft Rennefeld, und seine Vereinskolleginnen und -kollegen gut. „Ich persönlich bin damals einfach mal mitgeflogen und fand es total super. Daher bin ich dann dabeigeblieben“, sagt Thimm. Vereinskollege und Kumpel Michael Friedrichs stimmt ihm zu: „Beim Fliegen bist Du zu 100 Prozent auf diese Sache fokussiert und kannst sehr gut abschalten. Wenn ich eine Woche lang nicht in die Luft kann, werde ich unruhig.“

Sportliches Hobby, das bezahlbar ist

Und die Faszination Fliegen ist bezahlbar: Nur etwa 250 Euro kostet es beispielsweise für Schüler, um per Flatrate auf der zwischen Wormbach und Werpe gelegenen Anlage ein Jahr so oft fliegen zu können, wie sie möchten. Um vor allem Kinder und Jugendliche nachdrücklich für die Faszination Fliegen zu begeistern, veranstaltet die Fluggemeinschaft auch Flugtage.


Die Faszination des Luftsports zu vermitteln, das ist den Mitgliedern wichtig. Die Sportart ist äußerst sicher, da unter anderem regelmäßig Übungsflüge absolviert werden. „Und es ist kein elitärer Sport. Wir wollen vor allem zeigen, dass das Fliegen mit Ultraleichtflugzeugen die Zukunft ist – auch für unseren Verein“, sagt Thorsten Thimm. Fünf Flugzeuge besitzt die Fluggemeinschaft mit etwa 50 aktiven und insgesamt etwa 200 Mitgliedern. Neben dem Motorflugzeug sind das derzeit drei Segel- und ein Ultraleichtflugzeug. „Ende September kommt unser neues Ultraleichtflugzeug hinzu“, freut sich Thimm.


Mit seiner beeindruckenden Sportanlage zieht der Verein auch andere Klubs an. Bald wird nach etwa zwei Jahren der imposante Kinderspielplatz fertiggestellt sein – inklusive großem Spielplatz-Jet und einem Tower. Streckenflüge, Navigationsflüge, Kunstflugwettbewerbe oder Ziellandungen: Die Möglichkeiten für Luftsportler sind enorm, und die Flugausbildung der Rennefelder ist dabei viel wert.

Wer erst mal mal schnuppern und mitfliegen möchte, dem sei gesagt: Es lohnt sich – glauben Sie mir!


Interessierte finden Impressionen unseres Fluges und der Fluggemeinschaft Rennefeld in Form eines Videos ab heute Mittag im Internet unter:
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