Sauerland/Dortmund. Nur etwas mehr als ein Viertel der Plätze waren zuletzt beim BVB belegt. Woran das liegt weiß Fanclub-Chef Eugen Kraas aus dem Sauerland.
Das Warten auf die Rückkehr in sein Wohnzimmer war ein wenig wie das Warten auf das Christkind. Für Eugen Kraas gibt es kaum etwas schöneres, als „seinen“ BVB zu unterstützen, doch aufgrund der Beschränkungen rund um die Corona-Pandemie musste der Vorsitzende des größten Fanclubs von Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund aus Arnsberg-Oeventrop lange auf seine Reisen in das Westfalenstadion verzichten. Jetzt, da es wieder möglich ist, bleiben aber viele Fans den Spielen fern. Beim Zweitrundenspiel des DFB-Pokals gegen den Zweitligisten FC Ingolstadt kamen gerade einmal 25.000 Zuschauer in das größte Fußballstadion Deutschlands. Wir haben mit Kraas über die Gründe dafür gesprochen.
Nur 25.000 Zuschauer im Westfalenstadion. Waren Sie schon einmal bei einem Spiel, wo so viele leere Plätze im Stadion waren?
Eugen Kraas: Das letzte Mal, dass ich das Stadion so leer gesehen habe, ist schon einige Jahre her. Ich erinnere mich an ein Pokalspiel gegen Unterhaching vor 17 Jahren, wo ähnlich wenig los war. Wir waren mit unserem Fanclub vor Ort, es war durchaus seltsam.
Wie haben Sie die Stimmung im Stadion wahrgenommen?
Dadurch das einige Ultras nach langer Zeit mal wieder im Stadion waren, war es ganz angenehm. Aber der Blick über die leeren Tribünen, das war schon sehr trist. Das ist man beim BVB nicht gewohnt, weder bei Heim- noch bei Auswärtsspielen. Eigentlich sind die Stadien immer voll, wenn Borussia Dortmund spielt.
Was denken Sie, warum es zu dieser Minuskulisse gekommen ist?
Ich denke da kommen mehrere Gründe zusammen. Zum einen ist der FC Ingolstadt nicht der attraktivste Gegner, der die Massen in die Stadien lockt. Und dann auch noch an einem Abend unter der Woche, das macht es für viele schwierig und unbequem.
Welche Gründe sehen Sie noch für die fehlenden Fans?
Bei uns im Fanclub ist es zwar noch nicht so schlimm, aber ich habe durchaus von einigen eigentlich Fußballverrückten gehört, dass sie ein wenig müde vom Fußball sind. Sie haben in den vergangenen anderthalb Jahren ohne Stadionbesuche gemerkt, dass es auch ohne geht oder es haben sich die Prioritäten verschoben.
Viele Anhänger bemängeln auch die in ihren Augen zu hohen Ticketpreise. Was sagen Sie dazu?
Das kann ich absolut nachvollziehen. Bis heute warten unsere 150 Dauerkarten darauf, dass ich sie aus dem Tresor hole. Der Vorstand aber lässt das nicht zu. Ich kann nicht nachvollziehen warum das so ist, allerdings glaube ich das sie darauf warten, bis sie das Stadion wieder komplett voll machen können.
Das heißt Sie fahren derzeit ohne Dauerkarte zu jedem Heimspiel. Ist das nicht deutlich teurer?
Absolut. Alleine für Dauerkarten auf der Südtribüne sind das pro Spiel 5,40 Euro mehr. Bei einer Jahreskarte kostet ein Spiel 12,40 Euro, aktuell sind es 18 Euro. Noch dramatischer ist es bei den Sitzplätzen auf den anderen Tribünen, da werden schon einmal zwanzig Euro mehr für einen Platz verlangt als bei der Jahreskarte.
Macht Sie das nicht sauer?
Doch, absolut. Wir Dauerkarteninhaber sind der harte Kern, der bereits seit Jahren kommt. Jetzt hängen wir in der Luft, die Karten sind teurer und wenn wir trotzdem ins Stadion kommen, dürfen wir nicht auf unseren gewohnten Plätzen sitzen. Das ist schon sehr ärgerlich.
Einige Kritiker behaupten, der BVB habe sich in den vergangenen Jahren immer weiter von den eigenen Fans entfernt. Teilen Sie diesen Standpunkt?
Ja, auch das kann ich so bestätigen. Diesen Eindruck habe ich auch. Früher war man als Fan näher an der Mannschaft, jetzt freut man sich, wenn mal eine Trainingseinheit nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. In meinen Augen haben sich Verein und Spieler schon durchaus von den Zuschauern entfernt.
Werden Sie in Zukunft auf den Besuch von Spielen verzichten?
Nein, das kommt nicht in Frage. Das Erlebnis Stadion ist durch absolut nichts zu ersetzen. Viele Zuschauer haben sich ja die ganzen Abos zugelegt, die man inzwischen braucht, um alle Spiele von der Couch aus zu verfolgen. Das könnte ich nicht, ich brauche das Wiedersehen im Stadion.