Sauerland. Ist Schießen ein „richtiger“ Sport? Diese Zeitung probiert’s aus und nimmt das Schießen in Sundern-Stemel genau unter die Lupe.
„Wenn man den Schuss nicht mehr hört, ist man vielleicht schon getroffen“ – dieser Spruch prangt hoch oben über den Zielscheiben des neuen Schießstands. Humor haben sie also schon mal bei der Schützenbruderschaft St. Hubertus Stemel. Auf ihrer neuen elektronischen Luftdruckanlage üben die heimischen Sportschützen ihr Hobby leidenschaftlich aus – doch ist das Sportschießen auch ein „echter“ Sport?
Das klärt diese Zeitung im Zuge der Serie „Und das soll Sport sein? Sportliche ,Grenzfälle’ im Check“. Nur, wer in fünf aufgestellten Kategorien 15 Punkte oder mehr sammelt, gilt als „richtiger“ Sport.
Körperliche Belastung
Sportschießen ist olympisch – und kann durchaus körperlich anstrengend sein. „Wenn man im Wettkampf 45 Minuten steht und schießt, merkt man das nachher“, sagt Karl-Heinz Breier. Für seine sportliche Leidenschaft trainiere er vier bis fünf Mal pro Woche – der Routinier ist auch erfolgreich bei Weltmeisterschaften aktiv. Für Neueinsteiger sei aber „vor allem wichtig, dass sie Spaß am Schießen haben. Der Bizeps ist in jedem Fall unwichtiger als das Auge und die Fokussierung“, betont Breier.
Wertung:
Mentale Belastung
Die Konzentration ist enorm wichtig, um beim Sportschießen Spaß und Erfolg zu haben. „Es ist eine Kopfsache, die viel Konzentration und Disziplin erfordert“, sagt Uwe Hecking, Schriftführer der Schießsportgruppe. Etwa 4000 Sportschützen seien in der Region aktiv, verteilt auf etwa 20 Vereine. Die heimische Gruppe besteht aus 15 aktiven Mitgliedern und noch mal 15 Unterstützern. „Es ist aktuell leider schwierig, Nachwuchs zu finden. Wir können derzeit keine Jugendmannschaft aufstellen“, sagt Vorsitzender Bernd Leuschner.
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Dabei hat das Sportschießen viel Potenzial: Erste Erfolge fördern die Motivation ungemein – das merke auch ich, als mein erster Schuss auf der neuen schicken elektronischen Luftdruckanlage des Vereins gleich eine Wertung von 10,7 hervorbringt – 10,9 wäre der bestmögliche Treffer wert gewesen. Auch, wenn hier sicher Glück im Spiel war: Sich voll und ganz zu fokussieren und alles andere auszublenden – das hilft.
Wertung:
Wettkampf-Charakter
Kreismeisterschaften, Bezirksmeisterschaften, NRW-Meisterschaften und Deutsche Meisterschaften – wer will, der kann im Sportschießen viel erreichen. Auch internationale Wettbewerbe auf großer Bühne wie Europa- und Weltmeisterschaften sowie gar Olympische Spiele locken. In den regionalen Ligen spielen Teams wie das aus Stemel in ihren Ligapartien mit jeweils drei Spielern gegeneinander, der Rest ist als Einzelstarter dabei. „Wichtig ist aber auch die Geselligkeit, die unter Corona leider gelitten hat“, betont Bernd Leuschner. Mit ihrer neuen Anlage, die nach einem gescheiterten Antrag im Zuge des Förderprogramms „Moderne Sportstätte 2022“ mit Hilfe heimischer Förderer finanziert wurde, will die Gruppe Jugendliche und neue Schützen für ihren Sport begeistern. Das scheint zu funktionieren: Schon vier neue Mitglieder wie etwa Michael Zimmermann konnten zuletzt gewonnen werden.
Wertung:
Regelwerk
Jede Disziplin hat im Sportschießen ihre jeweils auf die Anforderungen und die genutzten Waffen angepassten Regeln. Mit Vorurteilen müssen sich Schützen wie die Stemeler trotzdem immer wieder mal auseinandersetzen, sagt Uwe Hecking: „Wenn einige Leute ,Gewehr’ hören, winken sie erst mal ab. Dabei nutzen wir hier spezielle Sportgeräte, die einfach Spaß machen.“ In der seit 1958 bestehenden Schießsportgruppe hat sich vieles modernisiert und der Zeit angepasst. Für die Luftdruckwaffen wird kein Waffenschein benötigt, ab 18 Jahren sind diese käuflich zu erwerben.
Wertung:
Ausrüstung
Der Verein in Stemel bietet sowohl spezielle Jacken als auch Gewehre zum Sportschießen zur Ausleihe an. Bei eigenem Kauf kann so eine Ausrüstung – je nach Qualität – auch schon mal 2000 Euro oder mehr kosten.
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Fazit
Insgesamt 16 von 25 möglichen Punkten unterstreichen am Ende, dass das Sportschießen wie in Sundern-Stemel als „richtige“ Sportart zu werten ist.