Sauerland. Es wird eine ganz spezielle Ausgabe der Tour de France, die am Samstag, 29. August, beginnt. Sauerländer Radsportler vor dem Start zwiegespalten.
Es ist das legendärste Radrennen der Welt: Die 107. Auflage der Tour de France startet an diesem Samstag in Nizza und soll bis zum 20. September andauern. Trotz der Coronapandemie, die in Frankreich mit immer weiter steigenden Infektionszahlen große Sorgen hervorruft.
Radprofi Lennard Kämna (23), eine der deutschen Hoffnungen und in der Vorbereitung oft im Sauerland unterwegs, ist optimistisch. „Als Radprofi ist die Tour immer das wichtigste Sportereignis. Ich denke, für den Radsport an sich ist das eine riesen Chance. Vielleicht schauen sich die Tour diesmal auch keine ausgewiesen Radsportfans an, sondern Sportfans im Allgemeinen. Da könnten wir als Radsport viel dazu gewinnen“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung.
Sorgen, Bedenken – auch zu den vielen Stürzen zuletzt – äußern Fahrer und Funktionäre aus dem Sauerland.
Tour de France – attraktiv oder abschreckend?
In einem Jahr, in dem die Tour de France auch aufgrund der jeweils in das kommende Jahr verschobenen Olympischen Sommerspiele und der Fußball-Europameisterschaft noch weiter an Bedeutung gewinnen könnte, wird die legendäre Rundfahrt nicht nur für Kämna und sein Team Bora-hansgrohe zur Belastungsprobe. Coronatests, Hygienekonzepte, Teams in eigenen „Blasen“ und deutlich weniger Zuschauer an den Strecken – attraktiv sei die Tour de France dennoch, findet Radprofi Lars Kulbe vom Team SKS Sauerland NRW: „Natürlich wird das eine besondere Tour, aber zu Hause auf dem Sofa ändert sich als Zuschauer erst mal nicht so viel.“
Den ambitionierten Sprinter beschäftigen ebenso die vielen Stürze in Profirennen, in die nach dem Horror-Sturz von Fabio Jakobsen bei der Polen-Rundfahrt zuletzt unter anderem auch die deutschen Tour-Hoffnungen Maximilian Schachmann und Emanuel Buchmann (beide Bora-hansgrohe) involviert gewesen waren. „Stürze wird es immer geben. Aber ich sehe schon einen Trend dahin, dass die Streckenführungen immer spektakulärer sein müssen – wobei es für die Organisatoren aufgrund von Corona auch schwer ist“, sagt Kulbe.
Diese Rolle spielen Existenzsorgen
Bastian Müller, Lizenzfahrer des RC Victoria Neheim, empfindet es als „gutes Zeichen, dass eine Sportveranstaltung wie die Tour de France überhaupt ausgetragen wird“. Allerdings sei er zwiegespalten. „Ich habe Angst davor, dass neue Infektionsherde entstehen könnten“, so Müller.
Die vielen Stürze ordnet er als „Riesenproblem“ ein: „Viele Fahrer haben Zukunftssorgen, kämpfen um Verträge und müssen sich in einer ohnehin verkürzten Saison zeigen – oft mit mehr Risiko.“
Unterdessen stößt die Austragung der Tour auch auf Ablehnung. „Mein Verständnis dafür hält sich in Grenzen“, sagt Klaus-Rainer Willeke, Mitorganisator des Mega-Sports-Festivals in Sundern-Hagen. Das Orga-Team überlege, ob es möglich sei, die nächste Ausgabe des Events, an dem etwa 1600 Radsportler teilnehmen, am 24./25. April durchzuführen. Willeke: „Die Tour werde ich nicht großartig verfolgen.“