Sauerland. Technikfreund oder Traditionalist: Während mittlerweile viele Sauerländer Radsportler Apps und moderne Hilfen nutzen, gibt es auch Bedenken.

Die Frage, wohin es gehen soll, stellt sich Radfahrern zwangsläufig vor jeder Tour. Da ohnehin der Weg das Ziel ist, wird oft aus dem Bauch heraus entschieden, manchmal erst wenige Meter vor der Weggabelung – und meist geht es über Strecken, die der Sportler schon kennt. Wer Neues entdecken will, probiert unbekannte Wege aus oder folgt Empfehlungen. Eine andere, moderne Methode ist, zu schauen, wo sich andere tummeln.

Viele Radsportler – auch ältere Semester und egal, ob Profis oder Amateure – nutzen längst beliebte Apps wie „Strava“, „Zwift“ oder „Wahoo Fitness“. Doch es gibt auch Traditionalisten, die ihr Freizeiterlebnis Radfahren ohne technische Zusätze genießen möchten.

Der Technikfreund

Die meistgenutzten Strecken in einer Region auf einen Blick zeigen Tracking-Apps, etwa „Strava“ mit seiner kostenfrei aufrufbaren Heatmap. Die GPS-Daten, aus denen die Karte gebaut wird, stammen aus etlichen Millionen Aktivitäten, die Nutzer der App aufgezeichnet haben. Mittels Helligkeitsabstufungen werden Strecken hervorgehoben, auf denen Sportler besonders viel unterwegs sind. Dort, wo nur vereinzelt Nutzer entlanggefahren sind, gibt es lediglich feine rote Linien. Wo viele entlangkommen, summieren sich die Linien zu einem gleißenden Glühen.


„Strava“ ist schwedisch und bedeutet „etwas anstreben“. Das soziale Netzwerk bietet als eine der weltweit führenden Apps beziehungsweise Webseiten, die mittels GPS am Handy oder der Fitnessuhr die Strecken von Radfahrern, Läufern und Schwimmern aufzeichnen, vielfältige Leistungen. Dazu gehören das Einstellen von Fotos und Kommentaren, das Austragen virtueller Wettkämpfe und insbesondere die Aufzeichnung der Rahmendaten einer Tour, beispielsweise die gefahrenen Kilometer und Geschwindigkeiten. „Bestimmt 90 Prozent der Radsportler, die ich kenne, nutzen Strava“, sagt Bastian Müller. Der Wenholthausener ist leidenschaftlicher Mountainbiker und als Lizenzfahrer als Halbprofi beim RC Victoria Neheim aktiv.


Dass Strava weltweit so viele Fans hat, hatte zuletzt Folgen: War die App lange Zeit kostenlos, so müssen Nutzer nun für alle Features 7,99 Euro im Monat oder 59,99 Euro im Jahr zahlen. Verwendet werden Apps wie Strava von allen Altersklassen – vor allem den etwa 25- bis etwa 55-Jährigen. „Ich dokumentiere per Strava meine Fahrten. Das ist schon eine coole Motivation“, erklärt Müller. Ferner fahre er mit der App „Zwift“ indoor Strecken in London oder New York ab, „vor allem im Winter ist das eine super Alternative“. Diese nutzten zuletzt, wie berichtet, auch die Profis des Teams SKS Sauerland NRW, als sie vielfach Rennen gegen andere Teams bestritten, da bedingt durch die Coronakrise viele Wettbewerbe draußen ausgefallen waren.


Der Wenholthausener Bastian Müller schwört bei seinem Training auch auf Fitnesstracker und Radcomputer: „Ich trainiere nach Messung der Herzfrequenz und der Wattwerte. Ohne die entsprechenden Systeme bin ich früher am Berg viel zu schnell gefahren und auf gerader Strecke zu langsam. Jetzt kann ich das so besser steuern.“

Der Traditionalist

So viel ist klar: Der klassische Fahrradtacho gilt im Jahr 2020 als absolutes Auslaufmodell. Gleichwohl gibt es natürlich auch in der Sauerländer Radsportszene Traditionalisten, die das Gefühl haben, sich durch „technischen Schnicksack“ selbst mitunter den Spaß am Radfahren zu nehmen. Das weiß auch Technikfreund Bastian Müller: „Ich denke, dass gerade die ältere Generation Sorgen hat, die Lust am Radfahren zu verlieren, wenn sie Apps oder Ähnliches nutzt. Da schwingt eine gewisse Angst mit, dass das Flair des Radsports verloren gehen könnte“, teilt der 30-Jährige mit.


Diese Bedenken teilt auch Stefan Theine. Der 51-Jährige, der beim SC Siedlinghausen in Winterberg als Radsportler und Skilangläufer aktiv ist und den Bildchen-Sprint mitorganisiert, trainiert „noch ganz konventionell, also ohne Uhr und Tacho“, wie er gern bekennt. Insbesondere die App Strava „scheue ich noch, weil man sich oft verleiten lässt, die eine oder andere Bestzeit zu knacken oder einen bestimmten Schnitt zu fahren. Beispielsweise habe ich im Urlaub aber mit Zeit gar kein Problem“, erklärt Stefan Theine.