Sauerland. Rassismus ist immer noch ein Problem, fast überall – so ist der Tenor. Doch gilt das auch für den Sport im Sauerland?

In den USA gehen die Menschen derzeit zu tausenden auf die Straßen, um sich gegen Rassismus in den Vereinigten Staaten aufzulehnen. Auch in Deutschland zeigten sich viele Sportlerinnen und Sportler solidarisch mit den Demonstranten. Rassismus ist immer noch ein Problem, fast überall – so ist der Tenor. Doch gilt das auch für den Sport im Sauerland?

„Ich bin jetzt seit mehr als 40 Jahren als Spieler sowie Trainer im Handball aktiv und kann die Beleidigungen an einer Hand abzählen. Handball ist zwar hart, aber nach dem Spiel ist alles schnell wieder vergessen“, sagt Frank Moormann, dessen Vater aus Nigeria und die Mutter aus Deutschland kommt. Wenig Probleme wegen seiner Hautfarbe hat der Trainer der Landesliga-Handballer der SG Ruhrtal auch im Alltag. Der 54-Jährige Familienvater, der in Münster geboren ist und in Dortmund wohnt, arbeiten freiberuflich an Grundschulen und versucht mit seinen Projekten die Kinder für den Handballsport zu begeistern. „Die Kids stellen Fragen über Fragen. Wie groß bis Du? Warum hast Du so große Füße?“, berichtet Moormann und ergänzt: „Aber kein Kind fragt, warum ist Deine Haut so dunkel?“

Dumme Sprüche und böse Blicke

Bei Sujan Jeyakumar, der aus Sri Lanka kommt, sieht das abseits des Fußballs dagegen schon ein wenig anders aus. Der 27-jährige Stürmer der TuS Velmede-Bestwig, der in der kommenden Saison wieder das Trikot von Bezirksligist SV Schmallenberg/Fredeburg tragen wird, muss sich im privaten Bereich besonders auf Partys oder Festen immer wieder dumme Sprüche wie „Schwarzfuß“ anhören. „Wahrscheinlich spielt dabei aber auch der Alkohol eine Rolle“, sagt der gelernte Industrie-Mechaniker, der in Bestwig wohnt. „Hinzu kommen immer wieder böse Blicke, wenn ich mit meiner Freundin in der Stadt unterwegs bin.“

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Auf dem Fußballplatz dagegen hat Jeyakumar keine Probleme. „Ich bin ja auch ein netter Kerl“, sagt der Stürmer und lacht. „Außerdem kennt man viele der gegnerischen Spieler von der Jugend an. Zudem habe ich wohl einen guten Ruf. Und auf dem Sportplatz zählt dann nicht die Hautfarbe, sondern die Leistung.“ Sportlich kann Jeyakumar stolze Bilanzen vorweisen: Als Spieler des TuS Velmede-Bestwig sicherte er sich in der Spielzeit 2017/18 in der A-Liga West mit 30 Treffern die Torjägerkrone. Anschließend wechselte er in die Bezirksliga zum SV Schmallenberg/Fredeburg und kam dort in 26 Spielen auf 21 Tore. In der aktuellen Spielzeit hat er in der A-Liga Ost in 14 Partien neun Tore erzielt.

FC Erlenbruch ist Multikulti-Verein

Mit Leistungen auf dem Platz überzeugt mittlerweile auch der FC Neheim-Erlenbruch. Der Multikulti-Verein, dem Spieler aus mehr als 15 Nationen angehören, ist nach Auskunft von Amer Siala, der gemeinsam mit Hassan Ghulmi die erste Mannschaft in der A-Liga Arnsberg trainiert, „seit drei bis Jahren auf dem richtigen Weg“. Der 37-Jährige, der aus dem Libanon kommt, seit 1989 in Deutschland lebt und inzwischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft hat, erklärt: „Natürlich fallen immer noch Sätze, die weit unter die Gürtellinie gehen. Aber ich glaube, je höher die Liga ist, umso weniger wird man beleidigt.“ Der FC Neheim-Erlenbruch spielt mittlerweile in der A-Liga Arnsberg und rangiert in der vor dem Abbruch stehenden Saison mit nur einem Punkt Rückstand auf den TuS Oeventrop sowie TuS Rumbeck auf dem dritten Platz. „Wir konzentrieren uns inzwischen nur noch auf uns selbst. Sollte es dann mal einen Spruch geben, muss man halt ruhig bleiben“, sagt Siala.

Wann hört das endlich auf?

Ruhig zu bleiben versuchen auch die Spieler des FC Mezopotamya Meschede bei den Meisterschaftsspielen in der Fußball-A-Kreisliga West. „Es macht langsam keinen Spaß mehr, aber wir haben uns inzwischen daran gewöhnt, fast jedes Wochenende beleidigt zu werden“, berichtet Coach Pikan Arslan, der auch in der kommenden Saison den A-Ligisten, dem überwiegend kurdischstämmige Spieler angehören, trainieren wird. Der 48-Jährige, der seit 40 Jahren in Deutschland lebt, kann es einfach nicht verstehen, warum die Beleidigungen seit seiner Zeit als aktiver Spieler einfach kein Ende nehmen. „Auch damals, als ich für den SSV Meschede, TuS Sundern oder RW Erlinghausen gespielt habe, bin ich immer wieder angemacht worden“, erinnert sich Arslan – und stellt die Frage: „Wann hört das endlich auf?“

Seber hofft auf Umdenken

Auf ein Umdenken hofft auch der Deutsch-Ghanaer Akhim Seber, der von 2013 bis 2018 für den SC Neheim in der Landes- und Westfalenliga gespielt hat. Inzwischen trägt der 26-Jährige das Trikot von Oberligist SV Westfalia Rhynern. „Wir leben doch im Jahr 2020. Da muss es eigentlich bei jedem Menschen Klick gemacht haben, dass wir Erdenbürger alle einer Rasse angehören, nämlich der der Menschen”, sagt Seber im Gespräch mit dem Westfälischen Anzeiger. Der Mittelfeldspieler selbst ist bei einem Auswärtsspiel des SC Neheim bei der Spielvereinigung Erkenschwick rassistisch beleidigt worden. „Solche Tricks könne er im Kongo machen, aber nicht in Deutschland“, sagte damals sein Gegenspieler, nachdem Seber ihn hatte ausspielen wollen, dies aber misslang. Für die Zukunft hat Seber einen großen Wunsch: „Ich wünsche mir, dass sich durch die Corona-Sache viele Sachen ändern und wir Menschen mehr Solidarität zeigen.“