Sauerland. Wie groß ist die Liebe der Fanclubs und deren Mitglieder aus dem HSK, wenn es unter anderem um die Zurückerstattung von Ticket-Geldern geht?
Die Coronakrise hat auch die Fußball-Bundesliga fest im Griff. Der Spielbetrieb ist bis mindestens zum 30. April weiter ausgesetzt. Der Plan: Ab Mai soll mit Geisterspielen weitergespielt werden, wenn es möglich ist. „Wir wollen die Saison bis zum 30. Juni beenden“, erklärte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert. Auch die Fanclubs aus dem Sauerland müssen damit vorerst weiter auf Fahrten zu ihren Lieblingsvereinen verzichten. Würden die Mitglieder der Fanclubs den Bundesligisten, sollte es zu einem Abbruch kommen, aber auch finanziell mit Spenden unter die Arme greifen oder bei der Rückerstattung von (Dauerkarten-) Tickets für nicht ausgetragene Spiele entgegenkommen? Unsere Zeitung hat mit einigen Fanclub-Vorstandsmitgliedern aus dem HSK gesprochen.
BVB-Fanclub Oeventrop-Freienohl
Als „verheerend“ bezeichnet Eugen Kraas, Vorsitzender des BVB-Fanclubs Oeventrop-Freienohl, die aktuelle Situation aufgrund der Coronakrise. „So etwas hat es noch nie gegeben“, ergänzt Kraas. Vor einer Woche sollte beim weltweit größten BVB-Fanclub, der 1139 Mitglieder hat, die Jahreshauptversammlung stattfinden. Es wäre eine Veranstaltung mit etwa 450 Personen geworden. Eugen Kraas: „Wir haben die Versammlung schon frühzeitig abgesagt. Damals wurde ich noch von dem einen oder anderen belächelt. Aber es war natürlich die richtige Entscheidung.“
Um Bundesligist Borussia Dortmund macht sich Eugen Kraas keine Sorgen. „Es zahlt sich aus, dass der BVB in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet hat und sich dieser Situation nun stellen kann“, erklärt Kraas. Beim Thema Rückerstattung der Dauerkarten ist er hin- und hergerissen. „Ich habe bereits mit einigen Mitgliedern gesprochen, denen bei einem kompletten Verzicht einige hundert Euro fehlen würden. So manch ein Fan muss sich die Dauerkarte vom Mund absparen und kann nicht mal eben darauf verzichten, auch wenn man den Verein gerne unterstützen möchte“, sagt Kraas.
Wie soll es jetzt in der Bundesliga weitergehen? Der Fanclub-Vorsitzende ist ausdrücklich für eine Fortführung: „Ich hoffe, dass die Saison irgendwie zu Ende gebracht wird. Es müssen der Meister, die Champions-League-Teilnehmer und die Absteiger ermittelt werden.“
BVB-Fanclub Meschede
Auch beim BVB-Fanclub Meschede, der 539 Mitglieder hat, ruhen die Aktivitäten rund um den Fußball. „Wir haben keine andere Chance, als abzuwarten und die Ruhe zu bewahren“, sagt Vorsitzender Tobias Aufmkolk. „Die aktuelle Situation zeigt, wie nebensächlich unser geliebter Fußball werden kann.“
Der Fanclub setzt zurzeit verstärkt auf die Information seiner Mitglieder. „Die Stimmungslage innerhalb des Fanclubs ist erfreulicherweise noch sehr ruhig. Ändern können wir aktuell ohnehin nichts. Wenn es etwas Neues von Seiten des BVB zu vermelden gibt, informieren wir unsere Mitglieder per Newsletter“, berichtet Aufmkolk. Ob die Mitglieder auf eine Dauerkarten-Rückerstattung verzichten sollen, lässt Tobias Aufmkolk offen. „Die Entscheidung auf Geld-Verzicht, um den Verein zu unterstützen, sollte aus meiner Sicht jeder selbst treffen“, sagt Aufmkolk, der sich die Fortführung der aktuellen Saison erhofft. „Auch wenn sich niemand Geisterspiele wünscht, ist es wohl die einzige Möglichkeit, einen finanziellen Totalschaden der Liga zu verhindern. Ich darf allerdings gar nicht darüber nachdenken, dass der BVB Meister wird, das Stadion sowie der Borsigplatz leer sind und wir nur in kleinen Gruppen feiern können.“
BVB-Fanclub Schwarz-Gelbe Sauerländer
„Ich glaube schon, dass die Saison noch zu Ende gespielt wird“, sagt Karlo Strauß, stellvertretender Vorsitzender des BVB-Fanclubs Schwarz-Gelbe Sauerländer aus Brilon und ergänzt: „Allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit.“ Im Vorstand des Fanclubs, der erst vergangenen August gegründet worden ist, soll nun auch über das Thema Unterstützung für den BVB diskutiert werden. „Da ist etwas am Keimen“, sagt Strauß.
Gladbach-Fanclub Bökelbergstürmer Meschede
Beim Gladbach-Fanclub Bökelbergstürmer Meschede ruhen zurzeit die Aktivitäten. „Eine andere Möglichkeit haben wir ja nicht“, sagt Gerhard Göddecke, Vorsitzender des Fanclubs. Die knapp 200 Mitglieder starke Gruppe hatte noch fünf Fahrten geplant, die aufgrund der Coronakrise abgesagt worden sind. „Es ist nicht einfach zurzeit, aber da müssen wir jetzt durch. Auch wenn wir nicht am Hungertuch nagen, müssen wir durch die Absagen schon auf einige Einnahmen pro Fahrt verzichten“, teilt Göddecke mit.
Einen kompletten Verzicht auf die bereits bezahlten Tickets wird es seitens des Fanclubs nicht geben. „Wir haben das Geld von vier Derbykarten gegen Köln nicht zurückgefordert. Die Tickets für die weiteren Spiele haben wir dagegen storniert“, berichtet Göddecke. „Aber es gibt ja neben Gladbach auch noch andere Vereine und Einrichtungen, die man in dieser Zeit nicht vergessen sollte.“ Der Fanclub hat erst noch vor einigen Wochen drei Kindergärten in Altenbüren, Freienohl und Arnsberg mit jeweils 200 Euro unterstützt. „Wir setzen uns immer gern für soziale Zwecke ein“, sagt Göddecke.
Das für Juli geplante Sommerfest ist noch nicht abgesagt worden. Göddecke: „Bis Juli ist noch etwas Zeit und deshalb warten wir, bevor wir eine Entscheidung treffen.“ Ob und wie es in der Bundesliga weitergeht, kann der Vorsitzende aktuell nicht genau einschätzen: „Aus meiner Sicht wäre es vernünftig, die Saison jetzt zu beenden, um dann die neue Spielzeit wieder in Ruhe planen zu können.“
Köln-Fanclub Colonia Flyers
Bei den „Colonia Flyers“ aus Messinghausen, Fanclub des 1. FC Köln, kann sich Vorsitzender Thorsten Kappe nicht vorstellen, dass die Bundesligasaison zu Ende gespielt wird. „Selbst Geisterspiele halte ich für ausgeschlossen. Auch der Fußball ist ein Kontaktsport und ein Kontaktverbot wird es auch weiterhin geben“, sagt Kappe. Ansonsten hält er es mit dem „kölschen Grundgesetz: „Wat wellste maache? Nimm hin, was Du nicht ändern kannst.“
Trotzdem ist es auch für Kappe eine ausgewöhnliche Zeit. „Auf die Treffen mit den Kumpels zu verzichten, ist schon schmerzlich“, erzählt Kappe. Er verbringt jetzt mehr Freizeit mit der Familie. Außerdem wird zurzeit vom Dachboden bis zum Keller etwas renoviert und aufgeräumt. Kappe: „Das ist manchmal so spannend wie ein Bundesligaspiel.“ Über Spenden oder auf einen Verzicht von bereits gezahlten Eintrittsgeldern zu Gunsten des 1. FC Köln hat der Fanclub noch nicht nachgedacht. „Aber auszuschließen ist nichts“, sagt Kappe.
Paderborn-Fanclub Pader-Freunde Marsberg-Brilon
Manuela Eichler, Vorsitzende der Pader-Freunde Marsberg-Brilon, Fanclub des Bundesliga-Aufsteigers SC Paderborn, glaubt noch an eine Fortsetzung der Saison. „Allerdings ohne Fans im Stadion“, sagt Eichler, die natürlich, wie auch die anderen Mitglieder, die Fahrten zu den Spielen am Wochenende vermisst. „Ohne Fußball fehlt schon etwas“, teilt Eichler mit und sagt zum Thema Spenden: „Wir haben selbst kaum finanzielle Mittel. Die einzigen Einnahmen sind die Mitgliedsbeiträge.“
Bayern-Fanclub Brilon
Für Peter Tilli, Vorsitzender des Bayern-Fanclubs Brilon, und die Mitglieder ist der Fußball aufgrund der Coronakrise „sehr weit in den Hintergrund gerückt“. „Die Frage, wie es mit der Bundesliga weitergeht, ist zurzeit kaum zu beantworten. Fußball mit Zuschauern in Stadion werden wir meiner Meinung nach allerdings auf absehbare Zeit erst einmal nicht mehr sehen“, teilt Tilli mit. Über Spenden hat der Fanclub aus Brilon bislang noch nicht nachgedacht, allerdings wird zurzeit eruiert, wie man sich anderweitig sozial engagieren kann.
Schalke-Fanclub Königsblau Brilon
Der Fanclub „Königsblau Brilon“ ist mit 1240 Mitgliedern weltweit der größte Fanclub des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04. Wie Vorsitzender Georg Vonnahme mitteilt, wird zurzeit besonders über die Finanzlage im Vorstand des Fanclubs sehr viel gesprochen. „Aufgrund der unklaren Situation ausstehender Zahlungen, aktuell sind das etwa 16.000 Euro an Tickets, müssen auch wir überlegen, wie diese Kosten – sollte es keine oder nur eine teilweise Rückerstattung geben – kompensiert werden können“, sagt Vonnahme. Eine Beteiligung an Nothilfefonds ist nicht in Diskussion. „Wir werden gezielt Leistungen oder Zuwendungen unbürokratisch verteilen, wo diese durch die Krise im Umfeld des Fanclubs entstehen oder bereits entstanden sind. Das könnten notfalls auch Zuwendungen an den FC Schalke 04 sein, denn so steht es in der Satzung unseres Fanclubs“, berichtet der Fanclub-Chef, der demnächst einen Abbruch der Bundesligasaison befürchtet.