Winterberg. Im Zuge unserer Wintersportserie haben wir mit Michael Beckmann, Geschäftsführer der Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH, gesprochen.
Seinen Traum von Olympischen Winterspielen im Sauerland offenbarte er gegenüber dieser Zeitung bereits vor Jahren. Und wenn, wie es aktuell der Fall ist, in und um Winterberg herum nicht nur ein bisschen Schnee liegt, fragt sich Michael Beckmann, der Geschäftsführer der Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH, einmal mehr: Warum eigentlich nicht?
Doch um diese (toll)kühne Idee geht es in diesem Interview nicht. Tourismusdirektor Michael Beckmann spricht über eine emotionale Angelegenheit, über Nachhaltigkeit und die Hoffnung auf einen weiteren Wintersport-Höhepunkt.
Herr Beckmann, wie würden Sie die Bedeutung des Wintersports für das Hochsauerland als Tourismus- und Freizeitregion beschreiben?
Michael Beckmann: Touristisch gesehen ist der Wintersport in den Monaten Dezember bis März für uns als Standort nicht zu toppen. Es geht aber nicht nur um den alpinen Skisport, sondern auch um Ski-Langlauf und – das ist nicht zu unterschätzen – das Winterwandern. Schließlich ist Schnee in Nordrhein-Westfalen zu einem seltenen Erlebnisgut geworden, das es in vielen Jahren nur noch in den Hochlagen gibt.
Also in Winterberg und Umgebung.
Sobald es ein paar Flocken gibt, kommen die Leute zu uns. Das kann bereits im November der Fall sein. Schnee ist einfach eine sehr emotionale Angelegenheit. (lächelt)
War das früher, als es regelmäßig bis in die tieferen Lagen schneite, anders?
Mit Sicherheit. Wir sehen beispielsweise an den Zugriffen auf unsere Internetseite, die Bilder der hochwertigen Webcams an den Pisten bietet – sobald es kalt wird und sich Schneefälle ankündigen, schnellen die Zugriffszahlen nach oben.
Sie erwähnten das immer facettenreichere Wintersport-Angebot. Der klassische alpine Skisport bleibt aber das Herzstück des Ganzen, oder?
Das ist so. Ich zähle aber den Snowboardsport dazu. Dann folgt Rodeln, was zu einem richtig tollen Thema geworden ist. Es ist nämlich nicht mehr so, dass die Eltern ihre Kinder dreimal den Hang hochziehen und dann keine Lust mehr haben. Auch dafür gibt es heute Lifte und jetzt ist das ein riesiger Spaß für alle Generationen. Das Thema Skilanglauf erlebt gerade ein kleines Revival.
Im Vergleich zum alpinen Skisport ist der Skilanglauf insgesamt aber ein etwas schwierigeres Thema, oder?
Das stimmt. Skilanglauf funktioniert nur dann, wenn ausreichend Schnee liegt. In Schmallenberg-Westfeld ist das zum Beispiel der Fall, weil es dort eine beschneite Loipe gibt. Zum Teil sind die Loipen auch durchaus anspruchsvoll. Am Bremberg beispielsweise sollten die Langläufer schon schauen, welche sie sich zutrauen.
Ist es überhaupt noch möglich, die Gästezahlen im Winter zu steigern, oder wie ist die Entwicklung?
Wir befinden uns auf einem sehr hohen Niveau. Große Sprünge sind deshalb realistisch betrachtet nicht mehr zu erwarten. Wenn die Unterkünfte und Pisten voll sind, sind sie voll – mehr geht dann nicht mehr. In dieser Hinsicht liegt der Fokus mehr auf dem Sommer, denn da gibt es noch Kapazitäten.
Warum wird trotz der nicht mehr zu erwartenden großen Sprünge weiter in Lifte und Infrastruktur investiert?
Die privaten Unternehmer sehen natürlich zu, dass das Sauerland weiterhin eine attraktive Wintersport-Region bleibt. Man muss den Gästen Qualität und Komfort bieten – und von Zeit zu Zeit etwas Neues, damit die Region interessant bleibt.
Welche Neuerung ist in diesem Winter besonders hervorzuheben?
Das ist der neue Sessellift am Nordhang des Kahlen Astens. Dadurch bekommt diese Piste eine ganz neue Struktur. Sie wird viel attraktiver.
Sie sind als Schatzmeister auch Präsidiumsmitglied im Westdeutschen Skiverband. Wie beurteilen Sie die Perspektive des Leistungssports?
Der alpine Rennsport ist eine große Baustelle im Westdeutschen Skiverband. Es gibt aber eine gute Initiative, in der wir gemeinsam mit privaten Akteuren in der Lage sind, hauptamtliche Trainer zu beschäftigen. Das ist der richtige Einstieg, um Strukturen für den Leistungssport zu schaffen. Gemeinsam mit dem Deutschen Skiverband wollen wir so das Thema alpiner Skisport neu beleben. Das wird in der nächsten Saison schon erste Früchte tragen. Im Bereich Snowboard haben wir mit einer Honorartrainerin (Julia Hennecke, Anm. d. Red.) sogar schon einen Anfang gemacht.
Sie möchten einen alpinen Ski-Weltcup nach Winterberg holen. Wie konkret ist das Thema?
Wir haben bereits mit dem Internationalen Skiverband FIS den Hang am Poppenberg, wo auch der Snowboard-Parallelslalom stattfindet, besichtigt. Aus Sicht der FIS-Experten macht der Hang Sinn. Zur Zeit überprüfen wir, ob wir auch die anderen Anforderungen der FIS erfüllen können. Kann zum Beispiel ein Charterflieger in der Nähe landen? Wie ist die medizinische Versorgung? Wie sieht es mit Vier-Sterne-Unterkünften aus? Da kämen ganz andere Dinge als beim Snowboard-Weltcup auf uns zu, auch deutlich höhere Kosten. Aber die Kommission war erstaunt darüber, wie modern wir hier im Sauerland aufgestellt sind.
Wie geht es weiter?
Wir machen jetzt unsere Hausaufgaben. Wenn alles funktioniert, könnten wir im Mai auf der FIS-Kalender-Konferenz in Thailand berücksichtigt werden und 2021 als Weltcup-Ort dabei sein.
Wie wichtig sind solche Leuchtturm-Veranstaltungen sowohl für den Breitensport als auch für den Tourismus?
Für den Tourismus sind sie sehr wichtig. Es gibt so viele Marken und Ereignisse, dass wir solche Leuchttürme brauchen, um die Aufmerksamkeit eines breiten Publikums anzuziehen. Noch vielversprechender gelingt das mit heimischen Athleten.
Macht Ihnen bei all den Ideen und Planungen der Klimawandel nicht ein bisschen Sorgen?
Natürlich wird es auch mal einen Winter geben, in dem wir wenig Naturschnee haben werden. Aber wir werden in den nächsten 15 bis 20 Jahren -- und das ist in etwa der Zeitraum, für den wir planen – mit Sicherheit Wintersport anbieten können. Man darf nicht vergessen, dass hier Unternehmer investieren; und das tun diese mit Weitsicht und nachhaltig. Schön wäre, und da kommen wir zum Stichwort Leistungssport zurück, wenn es uns gelänge, wieder einen Botschafter aus und für das Sauerland aufzubauen. Das ist unser Ziel.