Winterberg. . Vor dem Weltcup-Finale der Snowboarder in Winterberg spricht Selina Jörg über ihren WM-Titel, einen besonderen Teamgeist und eine Konkurrentin.
Sie lag im Schnee und jubelte. Im vergangenen Jahr gewann Selina Jörg (Sonthofen) den Snowboard-Weltcup in Winterberg. Am Samstag und Sonntag steht das Weltcupfinale dieser Saison im Hochsauerland an – und nach Olympia-Silber vor Jahresfrist bringt die 31-Jährige auch dieses Mal eine Medaille mit: WM-Gold im Parallel-Riesenslalom.
Im Interview spricht die derzeit beste deutsche alpine Snowboarderin über den Weltmeister-Titel, Zickereien auf langen Reisen und eine besondere Konkurrentin.
Frau Jörg, Olympia-Silber 2018, jetzt Weltmeisterin – schweben Sie eigentlich auf Wolke sieben zum Saisonfinale nach Winterberg?
Selina Jörg: Es ist immer gut, mit viel Selbstvertrauen und guten Ergebnissen zum nächsten Wettkampf zu reisen.
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Mit meinem WM-Titel in der Tasche freue ich mich dieses Jahr natürlich riesig, beim Weltcupfinale in Winterberg vor heimischem Publikum zu fahren und dort die Saison zu beenden.
Täuscht der Eindruck oder waren Sie in Ihrer Generation mit Amelie Kober, Anke Wöhrer und Isabella Laböck lange die Unvollendete – und haben mit Olympia 2018 einen Weg gefunden, nicht nur erfolgreich zu sein, sondern endlich auch Titel zu gewinnen?
Ja, nach dem Olympia-Erfolg jetzt noch eins draufzusetzen, ist wirklich toll. Ich hätte nicht gedacht, die Silbermedaille noch toppen zu können. Aber der WM-Titel ist schon nochmal ein Stück besser. Es lief einfach in den vergangenen zwei Jahren für mich!
Die stolze Weltmeisterin: Selina Jörg (Mi.) jubelt auf dem Podium in Park City/USA über ihren Sieg. Neben ihr stehen die Russin Natalia Sobolewa (li., Silber) und Ladina Jenny (Bronze) aus der Schweiz.
Foto:
Alex Goodlett/dpa
Inwiefern haben Olympia-Medaille und der WM-Titel Sie verändert?
Der gewisse Druck, unbedingt eine Medaille bei einem Großereignis gewinnen zu wollen oder zu müssen, war sicherlich nach den Olympischen Winterspielen im vergangenen Jahr weg. Das war für mich sehr wichtig. Dadurch kam aber ein neuer Druck auf, die Leistung zu bestätigen. Von Sponsoren, von der Öffentlichkeit und vor allem bei mir selbst stiegen die Erwartungen – aber der Druck scheint mir gut zu tun (lacht).
Wie sehr „nervt“ eigentlich eine Athletin wie die Tschechin Ester Ledecká, die auf dem Snowboard kaum zu schlagen ist – und auch noch sehr stark Ski fährt?
Konkurrenz belebt das Geschäft. Es wäre ja langweilig, wenn man keine Herausforderung mehr im Sport hätte. Ester ist eine tolle Sportlerin und ich freue mich, dass sie bei uns dabei ist.
Auf die Snowboard-WM verzichtete Ledecká, um bei der Ski-WM zu starten. Wie ist Ihr Kontakt zu ihr?
Außerhalb des Sports habe ich mit Ester keinen Kontakt.
Im deutschen Team scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Es macht den Eindruck, als seien Sie, Ramona Hofmeister und Cheyenne Loch zum Beispiel nicht Konkurrentinnen, sondern fast Freundinnen.
Wir haben einen super Teamspirit innerhalb der Mannschaft. Wir unterstützen und helfen uns gegenseitig. Sogar als wir im Januar und Februar knapp fünf Wochen am Stück unterwegs waren und wirklich „twenty-four seven“ zusammen verbracht haben, gab es keinerlei Probleme oder Zickereien. Bei anderen Nationen ist das teilweise ganz anders... (grinst)
Ist dieser enorme Zusammenhalt auch ein Grund für die bislang durchaus erfolgreiche Saison?
Ab dem Moment am Start und während des Wettkampfes sind wir Konkurrentinnen, klar. Aber wir können uns alle auch gegenseitig den Erfolg gönnen. Das macht unser Team so stark.
Wie bewerten Sie denn Ihre Saison insgesamt bislang?
Ich bin mit meiner Saison bisher zufrieden. Klar habe ich bei dem einen oder anderen Rennen zu viele Punkte sinnlos liegen gelassen, die mir jetzt in der Gesamtwertung fehlen. Aber ich konnte mir nie vorwerfen, nicht alles gegeben zu haben. Fehler gehören zum Sport dazu. Wichtig war, dass ich am entscheidenden Tag meine beste Leistung abrufen konnte – und nun WM-Gold in der Tasche habe.
Wie lauten Ihre Ziele für Winterberg? Theoretisch ist für Sie als Drittplatzierte der Sieg im Gesamtweltcup noch möglich...
Das Ziel für Winterberg ist ganz klar: Ein Podiumsplatz! Nicht nur für die Gesamt-, sondern auch für die Slalomwertung gilt es, noch wichtige Punkte zu sammeln.
In Winterberg siegten Sie im vergangenen Jahr und wurden 2015 Zweite. Die Piste liegt Ihnen, oder?
Ja, ich mag Winterberg sehr gerne. Die Organisation ist toll und die Piste ist immer in einem top Zustand. Wir freuen uns auf den Heimweltcup!
Sind Sie trotzdem froh, dass anschließend die Saison vorbei ist?
Ich freue mich auf Winterberg, bin aber tatsächlich auch sehr froh, wenn die Saison danach beendet ist. Wir sind seit Mitte August auf Schnee unterwegs und viel gereist. Da freut man sich auch wirklich mal auf Zuhause und mehr Zeit mit Familie und Freunden.