Winterberg. . Rennanzug und Helm liegen im Schrank – die Stars am Strand. Wer der Bobflüsterer ist, wer die Enttäuschten sind und wem die Herzen zufliegen.
So leicht bekleidet sind diese zwei Damen normalerweise nicht zu sehen. Doch auf ihren Instagram-Accounts zeigen sich Annika Drazek und Laura Nolte aktuell in knappen Bikinis statt in eng anliegenden Rennanzügen. Das – ist aber kein Wunder: Die Anschieberin und die Pilotin des BSC Winterberg genießen, wie zig Kufensportler, ihren Urlaub.
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Da die Saison 2018/19 für die Bob- und Skeleton-Sportler ebenso beendet ist wie für die Rennrodler, ziehen wir einen Strich – und ziehen ein sportliches Fazit. Wer Siege und Medaillen kaum noch zählen kann; Wer überraschend im Rampenlicht stand; Wer emotional auf die Probe gestellt wurde; Wer im vergangenen Winter den Kriechgang einlegte – ausgerechnet im vergangenen Winter.
Der Bobflüsterer
„So eine Saison werden wir in den nächsten 20 Jahren, vielleicht sogar in den nächsten 30 Jahren nicht wieder erleben“, sagte René Spies, aus Winterberg stammender Chef-Bundestrainer der deutschen Bob-Stars – vor der Weltmeisterschaft in Whistler. Pilot Francesco Friedrich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits jedes Rennen im Zweierbob-Weltcup gewonnen und eine historische Marke gesetzt. Dazu kamen unter anderem weitere Gesamtweltcupsiege von Friedrich im Viererbob und Mariama Jamanka bei den Damen.
Und nach der WM? War die dritte Saison unter Cheftrainer Spies noch herausragender. Drei Goldmedaillen, je einmal Silber und Bronze ergänzten die Erfolgsliste. Natürlich, einige Konkurrenten befanden sich im nach-olympischen Jahr im personellen wie materiellen Umbruch und werden mit Revanche-Gedanken zurückkehren. Sollen sie. Bobflüsterer Spies tüftelt bereits an Antworten.
Die Nur-einmal-Zweite
Eine seiner Antworten trägt diesen Namen: Annika Drazek. Die 23-jährige Bobanschieberin des BSC Winterberg saß in diesem Winter sieben Mal im Bob hinter Mariama Jamanka. Das schlechteste Ergebnis der beiden: Platz zwei – ausgerechnet beim Weltcup in Winterberg.
Der Rest waren Siege und Titel. In Whistler holte sich Drazek ihr zweites WM-Gold nach 2016. Damals hatte sie mit Pilotin Anja Schneiderheinze ganz oben auf dem Podest gestanden. 2015 holten die beiden Silber in Winterberg. Zwar wächst Drazek mit zum Beispiel Kira Lipperheide und Deborah Levi ernstzunehmende Konkurrenz aus dem eigenen Hause, also vom Stützpunkt in Winterberg, heran – doch sie läuft auch diesen Damen einfach weg.
Die Überraschung
Sie hätte ihre erst zweite Weltcupsaison fast mit einem Podium im Gesamtweltcup gekrönt, erst körperliche Beschwerden verhinderten Rang drei der Bobpilotin Anna Köhler vom BSC Winterberg im Gesamtklassement.
Weil die 25-Jährige sehr ehrgeizig ist, wird sie sich über Rang fünf ebenso ärgern wie über Platz sieben im WM-Rennen. Doch mit ihren Anschieberinnen Leonie Fiebig (ebenfalls vom BSC) und Lisa-Sophie Gericke gehört Köhler zu den Überraschungen dieser Saison. Als Lohn gab es bei der WM zum Abschluss noch Gold im Teamwettbewerb.
Die Sigulda-Bezwingerin
Das Siegerpodest verpasste Laura Nolte, Bobpilotin des BSC Winterberg, bei der Junioren-Weltmeisterschaft als Vierte zwar knapp.
Silber in der U23-Wertung der Titelkämpfe am Königssee tröstete die 20-Jährige, die in internen Rennen die deutschen Weltcup-Pilotinnen gehörig unter Druck setzt, allerdings. Und noch etwas versöhnte Nolte mit der abgelaufenen Saison neben Gesamt-Rang zwei im zweitklassige Europa Cup: Anfang Januar verzweifelte sie am Eiskanal in Sigulda, stürzte zigfach und verzichtete auf einen Start – in einem Trainingscamp Anfang März bezwang sie die Bahn.
Die Weltmeisterin
Für die wohl größte Überraschung sorgte Rennrodlerin Cheyenne Rosenthal mit der Goldmedaille bei der Junioren-WM. „Sie wird in drei, vier Jahren im Weltcup starten“, hatte Jens Morgenstern, Vereinsvorsitzender des BSC Winterberg, zuvor über die 18-Jährige gesagt. Dass sie wenige Tage später Junioren-Weltmeisterin sein würde? „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagte Morgenstern. In Silbach, dem Heimatort Rosenthals, gab es schließlich einen zünftigen Empfang für die Sportsoldatin. „Darüber habe ich mich sehr gefreut“, sagte sie selbst.
Der Steh-auf-Pilot
Für das Weltcupteam qualifiziert, nach zwei Rennen ausgemustert – so startete die Saison für Skeleton-Pilot Alexander Gassner vom BSC Winterberg.
Doch Gassner wäre nicht Gassner, wenn er sich davon unterkriegen lassen würde. Der 29-Jährige trainierte, startete im zweitklassigen ICC – und wurde von Chef-Bundestrainer Dirk Matschenz kurzfristig doch ins WM-Quartett berufen. Trotz des Wirrwarrs raste der Ich-stehe-immer-wieder-auf-Pilot auf Rang sieben und war zweitbester Deutscher. Sein kurzer Kommentar: „Jetzt machen wir kurz Urlaub – und greifen dann wieder an.“
Die Pilotin der Herzen
Den WM-Titel verloren, nach zwei Weltcup-Gesamtsiegen das Podest verpasst – auf den ersten Blick verlief die Saison für Skeleton-Pilotin Jacqueline Lölling (RSG Hochsauerland), naja, mäßig.
Doch Jacka, wie die 24-Jährige nur genannt wird, darf mit WM-Silber und Rang fünf im Gesamtweltcup super zufrieden sein. Außerdem gewann sie die Herzen aller: Da sie auf das Weltcupfinale verzichtete und verspätet zur WM reiste, weil ihre Oma im Sterben lag. „Die Familie geht bei mir über alles“, sagte sie über diese emotionalen Tage.
Die Enttäuschten
Sie liebäugelten bei der Heim-WM in Winterberg sogar mit einer Medaille. Doch die Rennrodler Robin Geueke und David Gamm, Doppelsitzer des BSC Winterberg, belegten Platz sieben im Sprint und Rang 14 im klassischen Rennen – und waren super enttäuscht. Ausgerechnet in dieser Saison mit diesem Höhepunkt lief nichts zusammen bei Geueke/Gamm. Christian Paffe, Rennrodler des BRC Hallenberg, erging es ähnlich. Er war bei der WM sogar nur Zuschauer.