Winterberg/Wittgenstein. . Kleine Maßnahmen mit guter Wirkung:Wie die neue Leistungssport-gGmbH dem heimischen Wintersport mehr Finanzmittel beschaffen will.
Vor eineinhalb Jahren wurde sie angestoßen, in diesem Monat ist sie gestartet. Die gemeinnützige Leistungssport GmbH mit Sitz an der Kappe in Winterberg hat sich als neue Organisation in Winterberg konstituiert und sich die Förderung des Nachwuchs bzw. des Leistungssport im Bereich Ski auf die Fahnen geschrieben. Im Detail geht es um die Disziplinen Skilanglauf, Biathlon, Skispringen und Nordische Kombination. Der alpine Skisport, der vom Landessportbund nicht als Schwerpunktsportart anerkannt ist, zählt vorerst nicht dazu, könnte aber künftig zusätzlich unter Verwaltung der neuen gGmbH fallen.
Der Hintergrund
Die heimischen Skiverbände sind bislang stark alpin- und damit breitensportlastig aufstellt – Stichwort Skitourismus. Bei Verbandstagen hat ein Großverein wie Bayer Leverkusen, in dem Wintersport Nebensache ist, 30 Stimmen. Der SK Wunderthausen, der seit Jahren viele Sportler im Langlauf-Landeskader platziert, hat dagegen nur zwei Stimmen. In der ehrenamtlichen Verwaltung kam es vor, dass dringende Anträge in einem Stapel voller Breitensport-Schriftverkehr liegengeblieben sind – wenn der Leistungssport in der neuen gGmbH unter sich ist, soll dies nicht passieren.
Die Akteure
Neben dem Westdeutschen Skiverband (WSV) und Hessischen Skiverband (HSV) ist auch der Deutsche Skiverband (DSV) als neutrale Instanz im Boot. Hauptamtliche Geschäftsführerin und damit die zentrale Person der gGmbH ist Heike Bienstein (31) aus Arnsberg, die bis 2013 als Mittel- und Langstreckenläuferin im Leistungssport aktiv war und vier Mal beim Silvesterlauf Werl-Soest gewann. Sie verwaltet künftig Arbeitsverträge und den Finanzhaushalt des Leistungssports und wird vom Landessportbund bezahlt – das Budget der Skisportler wird also nicht zusätzlich belastet.
Die Außendarstellung
„Durch ein gemeinsames Auftreten erhoffen wir uns eine größere Strahlkraft, auch im Auftreten gegenüber potenziellen Sponsoren“, verspricht sich Thomas Grellmann, Leiter des Bundesstützpunkts Winterberg/Willingen, mehr Geld für den Sport.
Durch die im Optimalfall dadurch resultierenden Erfolge erhofft sich Michael Beckmann, Vizepräsident Finanzen im WSV und Tourismus-Direktor in Winterberg, einen positiven Image-Effekt auch für die gesamte Region.
Die Effizienz
Doppelte Verwaltungsarbeit soll zukünftig entfallen. Ein Beispiel ist die Abrechnung von Fahrtkosten, die bisher in Hessen und NRW separat erfolgte und an beiden Standorten erst über die Schreibtische der sportlichen Leitung, dann über die der Verbands-Sitze in Meinerzhagen (WSV) und Bad Nauheim (HSV) lief. „Anstatt das zwei Sachbearbeiter je eine Abrechnung bearbeiten, kümmert sich nun eine Person um zwei Abrechnungen. Das ist eine Vereinfachung“, erläutert Steffen Richter, Biathlon-Trainer beim VfL Bad Berleburg.
Das gleiche Potenzial sieht er beim Einsatz von Bussen und Betreuern. „Wenn aus Willingen und Winterberg je zwei Busse starten, reichen zusammen vielleicht auch drei. Und ob ich als Zeitnehmer sechs Sportlern den Zwischenstand zurufe oder zehn, das ist egal.“
Die Maßnahmen
Bis Oktober sollen erste strukturelle Maßnahmen umgesetzt werden. Ein Beispiel sind die Busse, die zur Fahrt zu Wettkämpfen oder zum Training genutzt werden. „Da laufen die Leasing-Verträge der Verbände jetzt aus. Für die neuen Busse werden wir bei höherer Stückzahl bessere Konditionen bekommen“, rechnet Heike Bienstein vor. Für das gesparte Geld gibt es viele Material oder Trainingsmaßnahmen. Bienstein: „Es geht auf jeden Fall in die Nachwuchsarbeit.“
Wie viel Geld sich mit vergleichbaren Maßnahmen sparen lässt, ist noch nicht absehbar. „Vielleicht wird es eine fünfstellige Summe, aber das ist Spekulation“, sagt Thomas Grellmann. Aufgeteilt auf die verschiedenen Sparten sind keine gigantischen Sprünge zu erwarten.
Ein Vorteil entsteht aber. „3000 Euro haben oder nicht haben – das hilft schon. Davon kann man ein kurzes Trainingslager finanzieren, das einen voranbringt und gut für die Motivation ist“, sagt Thomas Wunderlich, Kombinations-Trainer im SC Rückershausen: „Gerade bei den Jüngeren kommt das zu kurz.“
Grenzen der Kooperation
Laut Pressemitteilung soll eine effizientere Zusammenarbeit auch in personeller Hinsicht erarbeitet werden. Zwei Verbände, ein Trainer? Dies gibt es bereits aufgrund kleiner Trainingsgruppen im Skisprung, der in Willingen zusammengeschlossen ist, sowie in der Nordischen Kombination, die in Winterberg trainiert. Eine Blaupause für Biathlon und Langlauf soll dies aber nicht sein – dort ist die Zahl der Aktiven höher. Bienstein: „Wir wollen beide Standorte weiter bedienen.“
„Solche Konzentrationen wären der Anfang vom Ende. Wir müssen, um Talente zu entwickeln, auch in der Fläche gut aufgestellt sein“, betont Thomas Grellmann. Ohnehin sei wegen unterschiedlicher Ferienzeiten in Hessen und NRW sowie der räumlichen Distanz eine komplette Verschmelzung unsinnig.
Das sagen die Vereine
Wunder werden nicht erwartet, doch das Echo in den Wittgensteiner Vereinen fällt positiv aus. „Wir erhoffen uns, dass unsere Sportler ihren Sport bestmöglich ausüben können“, sagt Detlef Buchwald, Vorsitzender beim SC Girkhausen. Am dringendsten sei eine zuverlässig verfügbare, beschneite Langlauf-Loipe nötig: „Was bringt uns eine tolle Förderung mit Internaten, Trainern und so weiter, wenn unsere Sportler im Winter nicht auf Schnee trainieren können. Das ist das Hauptproblem. Es in den Griff zu bekommen, muss möglich sein.“