Winterberg. . Anna Köhler und Erline Nolte möchten zu den Olympischen Spielen. Die erste Hürde meisterten sie. Doch eine noch schwerere wartet auf das Duo.

In diesem Moment gab es nur noch sie selbst und dieses komischen Stahlgestell auf Kufen, das einen Bob simuliert. Die harten Trainingswochen mit Erline Nolte, die Trainer und Sportkollegen neben der vereisten Anschubstrecke in Oberhof – Anna Köhler blendete all das aus. Schließlich war der bevorstehende Start eine Art Weggabelung für die kommende Wintersaison: Würde die Bobpilotin des BSC Winterberg weiter vom Start im Weltcup und bei den Olympischen Spiele träumen dürfen, oder würde dieser Traum platzen, ehe er richtig begann?

Freude mit Verzögerung

Köhler sprintete also los, packte den Haltegriff und schob, was ihre Kräfte hergaben. Nach wenigen Metern sprang sie auf das Stahlgestell und... ja, und? „Ich habe das Ergebnis im ersten Moment gar nicht wahrgenommen“, erzählt die 24-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung, lacht und ergänzt: „Dann habe ich mich riesig gefreut.“

Nachwuchsathleten des Stützpunkts in Oberhof mit Trainer Christopher Braun (links) sowie Erline Nolte und Anna Köhler (unten, v.li.).
Nachwuchsathleten des Stützpunkts in Oberhof mit Trainer Christopher Braun (links) sowie Erline Nolte und Anna Köhler (unten, v.li.). © privat

5,30 Sekunden mussten die Athletinnen beim Einzelanschubtest in Thüringen schaffen, um die von Chef-Bundestrainer René Spies festgelegte Weltcup-Norm zu erfüllen. Nach Köhlers Start standen die Ziffern der großen Uhr über der Strecke auf – 5,30 Sekunden.

Die BSC-Pilotin, die im Januar bei der Junioren-WM in Winterberg auf den Silberrang fuhr, darf deshalb weiter vom Weltcup und von Olympia träumen. Mehr noch: Der BSC Winterberg und der hiesige Stützpunkt können das Projekt intensivieren, mit Köhler und ihrer Vereinskollegin Erline Nolte einen reinen Winterberger Damenbob auf die Reise zu den Winterspielen nach Pyeongchang im Februar 2018 zu schicken.

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„Ich mache mir jetzt aber keinen großen Druck“, sagt Anna Köhler. Und auch BSC-Vorsitzender Jens Morgenstern weiß, wie hart der Weg erstmal in das deutsche Weltcup-Team und später nach Südkorea ist. „Zwei von drei Weltcup-Plätzen sind vorerst an Mariama Jamanka und Steffi Schneider vergeben. Anna muss sich in den Selektionen gegen Pilotinnen wie Sandra Kroll, Kim Kalicki, Christin Senkel oder Sabrina Duljevic durchsetzen. Das wird eine verdammt harte Sache, denn fahren können die auch“, sagt er.

Laura Nolte knackt die Norm, Buchmüller ganz stark

Auch die 18-jährige Laura Nolte (BSC Winterberg) knackte in 5,26 Sekunden die Weltcup-Norm (5,30), hat aber noch fahrerische Defizite.

Bei den Herren (Norm 4,85) zeigte Pilot Bennet Buchmüller (4,75) eine starke Leistung. Bei Pablo Nolte (4,87) hätte es besser sein können. Die Anschieber Christopher Weber (4,63) und Jannis Bäcker (4,66) empfahlen sich für den Weltcup. Matthias Sommer (4,74/alle BSC Winterberg) hatte sich mehr erhofft.

Allerdings vertraut Morgenstern der Anschubkraft von Erline Nolte, die den Test in Abwesenheit von Deutschlands Nummer eins Annika Drazek in 5,04 Sekunden gewann, und dem fahrerischen Können von Köhler. „Wir haben extra einen Bob gekauft, damit sie vom Material her die besten Voraussetzungen hat, um auf Weltcup-Niveau konkurrenzfähig zu sein“, verrät Morgenstern. 45 000 Euro investierte der BSC nach Informationen der Westfalenpost in das Gerät der Marke BTC. Für gute Kufen sind ebenfalls mehrere Tausend Euro fällig gewesen.

Zwei Selektionsrennen

Doch auch daran dachte Köhler in dem Moment vor ihrem Start in Oberhof nicht. „Eine gewisse Anspannung hatte ich“, gesteht sie. Die wird auch weiterhin notwendig sein. Besonders, wenn sie mit Nolte Anfang Oktober zuerst in Winterberg und anschließend am Königssee an der nächsten Weggabelung steht: Den Selektionsrennen um den Weltcupplatz.