Winterberg. . Annika Drazek feiert nach fast einem Jahr Pause an diesem Freitag in Winterberg ihr Comeback im Bob-Weltcup. Wer die Pause stets verlängerte.
René Spies weiß, dass sie lauscht. Annika Drazek steht im Kraftraum des Gymnasiums in Winterberg gut einen Meter neben ihm und versucht zwar, einen anderen Eindruck zu vermitteln, indem sie mehrmals einen Schluck aus der Trinkflasche nimmt, sich mit dem Handtuch den Schweiß aus dem Gesicht wischt und demonstrativ aus der raumhohen Fensterfront schaut statt zum Chef-Bundestrainer der deutschen Bobsportler. Doch Spies weiß: Seine beste Anschieberin lauscht.
Deshalb dreht er seinen Kopf ein wenig in ihrer Richtung und sagt: „Wir haben gar nicht darüber diskutiert. Wir müssen das auch nicht, weil ich genau weiß, wie sie denkt.“ Spies legt eine kleine, bewusste Sprechpause ein und ergänzt grinsend: „Sie ist aber auch nicht nachtragend.“
So lief Annika Drazeks Wettkampfpause
An diesem Freitag (14.30 Uhr) feiert die 21-jährige Drazek ihr Comeback im Weltcup. Endlich, würde die Athletin des BSC Winterberg nicht nur gerne sagen, sie sagt es wenig später. „Ich wäre gerne früher eingestiegen, aber der Cheftrainer hat anders entschieden“, erklärt sie, allerdings ebenfalls mit einem Schmunzeln. Nach dem Vize-Titel bei der WM 2015 gewann Drazek mit Pilotin Anja Schneiderheinze im Februar des vergangenen Jahres den WM-Titel, sprang beim Weltcup-Finale am Königssee noch einmal in den Bob – und musste fast ein Jahr auf den nächsten Wettkampf warten.
„Sie scharrt mit den Hufen“
Weil Spies, der Drazek vor rund zweieinhalb Jahren entdeckte, sie nach einer Operation am linken Fuß nicht zu früh wieder einsetzen wollte. Und weil Spies auf der gefährlichen Bahn in Whistler keinen Sturz einer jungen Pilotin mit seiner Top-Anschieberin riskieren wollte. Steffi Schneider, sie sollte nach dem Karriereende von Schneiderheinze Drazeks neue Pilotin werden, stürzte tatsächlich und verletzte sich.
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An diesem Freitag kehrt Drazek zurück in den Weltcup. „Sie scharrt mit den Hufen“, sagt René Spies. Gemeinsam mit der Pilotin Mariama Jamanka strebt sie im Weltcup eine Platzierung unter den besten fünf Teams an. Die Rennen werden allerdings auch als Europameisterschaft gewertet – und dort ist eine Medaille das Ziel. „Wer will nicht eine ganz bestimmte?“, fragt sie rhetorisch und ergänzt: „Ich werde hinten Vollgas geben.“
Weder lauscht René Spies als Drazek das sagt, noch hört er zu. Auch das weiß er.