Winterberg. . Sie wollte eigentlich mit ihrer Pilotin Mariama Jamanka die ersten Trainingsfahrten auf der Bobbahn in Whistler absolvieren, um ordentlich in die Weltcup-Saison zu starten. Doch nun sitzt Erline Nolte auf dem Sofa und trocknet ihre Tränen.

  • Ruhe auf dem heimischen Sofa statt Reise nach Kanada
  • Bob-Anschieberin des BSC Winterberg droht sogar das Saison-Aus
  • Ihr Motto nach vielen Tränen: Lieber jetzt als im Olympia-Jahr

Sie versucht gar nicht, drumherum zu reden. Wozu auch? „Wer mich kennt, der weiß sowieso, dass ich eine gewisse emotionale Art habe“, sagt Erline Nolte – und trotz allem huscht ihr nach diesem Satz ein vorsichtiges Lächeln über das Gesicht. In den vergangenen Tagen wäre dies undenkbar gewesen. In den vergangenen Tagen kullerten ihr vielmehr immer wieder Tränen über die Wangen.

Denn für die Bob-Anschieberin des BSC Winterberg ist die Weltcup-Saison fast beendet, ehe sie offiziell begann.

Bandscheibenvorfall und ein Knochenödem im letzten Lendenwirbel – so lautet die Diagnose, welche ihr der Arzt des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland nach einer Untersuchung am Tegernsee mitteilte. Obwohl die 27-Jährige auf Grund der Rückenschmerzen, die in den vergangenen Wochen beständig zugenommen hatten, geahnt hatte, dass mit ihrer Gesundheit irgendetwas nicht stimmen konnte, war diese Diagnose ein Schock.

„Ich habe anschließend ein langes Gespräch mit unserem Bundestrainer René Spies geführt“, erzählt Erline Nolte, „weil ich unbedingt diese Saison mit Mariama bestreiten wollte.“ Sie war schließlich erst im Sommer zur Pilotin Mariama Jamanka gewechselt, mit der sie nicht nur eine Freundschaft, sondern auch der gemeinsame Dienst außerhalb des Sports bei der Bundeswehr verbindet. Doch René Spies, der Chef-Bundestrainer der deutschen Bobfahrer aus Winterberg, überzeugte Nolte davon, dass es besser sei, eine Wettkampfpause einzulegen, um die Verletzung intensiv behandeln zu lassen und wieder schmerzfrei zu werden.

Als Nolte unmittelbar im Anschluss an die Unterhaltung mit dem Bundestrainer Jamanka und Franziska Bertels, die zweite Anschieberin des Trios, von ihrem Pech unterrichtete, flossen zum ersten Mal Tränen. Bei allen drei Damen. Als Jamanka ihr in einer emotionalen SMS abends noch einmal mitteilte, wie betroffen sie sei, überkam es Nolte wieder. Und als ihr Team am Donnerstag gemeinsam mit dem deutschen Tross nach Whistler in Kanada flog, wo am 2./3. Dezember die Weltcup-Saison startet, ein weiteres Mal.

Ein letztes Mal.

„Ich versuche mittlerweile, das Positive aus der Geschichte zu ziehen und sage mir, dass ich Glück im Unglück habe“, erzählt Erline Nolte. Denn: „Die Vollkatastrophe wäre gewesen, wenn ich diese Diagnose in einem Jahr erhalten hätte“, sagt sie.

Olympia-Schwur

Schließlich wäre dann ihr großes Ziel, ihr absoluter Traum, die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Pyeongchang 2018 zerplatzt. „Jetzt haben Mariama und ich uns geschworen, dass wir in der nächsten Saison – gemeinsam mit Franzi – so richtig angreifen werden“, sagt Nolte. Für sie stehen aber vorerst Wochen der Ruhe auf dem Sofa und der Reha bei Rückenspezialisten auf dem Programm. „Wann ich wieder schmerzfrei sein werde, kann niemand seriös vorhersagen“, erzählt die Weltcup-erfahrene Anschieberin. Vielleicht klappt es zum Ende der Saison mit der einen oder anderen Fahrt – was vielleicht doch nochmal Tränen auslösen könnte. Freudentränen.