Bochum. Vor gut 15 Jahren spielte Andreas Luthe zuletzt für den VfL Bochum in der Bundesliga. Gegen RB Leipzig rückt der Torhüter wieder in den Fokus.
Thomas Letsch hat bekanntlich als Trainer eines Bundesligisten keine Probleme mit Entscheidungen. Die muss er tagtäglich beim VfL Bochum treffen. Dennoch hätte eine Frage ihm wohl bis zuletzt Kopfschmerzen bereitet: Welcher Torhüter ersetzt den gelbgesperrten Manuel Riemann im Spiel gegen RB Leipzig am Samstag (15.30 Uhr/Sky)? Eine unglückliche Fügung im Training unter der Woche nahm ihm diese Entscheidung ab: Niclas Thiede hat sich einen Finger gebrochen, als er in einem Trainingsspiel einen Schuss abwehren wollte, bereits am Freitag wurde der 24-Jährige operiert. So schreibt der 24. Spieltag eine Geschichte, die in Filmen wohl als kitschig bezeichnet werden würde: Andreas Luthe wird in seiner Abschiedssaison als Bundesliga-Profi noch einmal zwischen den Pfosten für seinen Heimatverein VfL Bochum stehen.
„Manchmal schreibt der Fußball genau diese Geschichten“, sagte Letsch am Freitagmittag. Nach fast 15 Jahren steht Luthe mit der Nummer 16 wieder in einer Bundesliga-Partie im Ruhrstadion im VfL-Trikot auf dem Rasen. Es dürfte selbst für den erfahrenen 36-Jährigen ein besonderes Erlebnis werden. Schließlich unterschrieb Luthe erst im Januar einen Halbjahresvertrag beim VfL Bochum. „Die Chance, meinem Heimatklub nochmal helfen zu können, konnte ich nicht ausschlagen“, sagte Luthe. Diese Chance bekommt er aufgrund der Riemann-Sperre und der Thiede-Verletzung schneller, als er gedacht hätte. Vielleicht wird dies nun sein letzter Auftritt auf dem Bundesliga-Rasen.
Letsch: VfL Bochum hat im Training Feuer gezeigt
Während des Spiels wird Luthe aber keine Zeit für große Gefühle haben. Nach der 2:5-Klatsche am vergangenen Wochenende bei Borussia Mönchengladbach ist der VfL Bochum im Heimspiel gefordert, muss ein anderes Gesicht zeigen. Zumal Leipzig als Champions-League-Klub noch einmal ein anderes Kaliber ist als die Borussia vom Niederrhein. Optimistisch ist Trainer Letsch aber, dass sich ein „schlechter“ Auftritt wie am vergangenen Samstag nicht wiederholen wird. Es war Feuer und Schärfe im Training drin, sagte er. Anders als noch in der Vorwoche. „Man spielt, wie man trainiert. Da ist was dran“, sagt Letsch. „Die Jungs haben sich gut präsentiert.“
So auch Luthe, der die nötige Erfahrung mit ins Torhüter-Team bringt, seitdem Michael Esser verletzt fehlt. Genau für diesen Moment einer Saison sei Luthe im Winter verpflichtet worden, sagte Letsch nun am Freitag. Man hätte mit der Verpflichtung nicht Thiede und auch nicht U19-Torhüter Hugo Rölleke, der am Samstag erstmals auf der Bank sitzen wird, einen Keeper vor die Nase setzen wollen. Man wollte vorbereitet sein, sollte etwas passieren. Das war es in dieser Woche mit der Riemann-Sperre und dem Fingerbruch bei Thiede der Fall.
Luthe machte 2009 erstes Bundesliga-Spiel für den VfL Bochum
Vom Leistungsniveau Luthes sind sie in Bochum überzeugt. Die laufende Saison startete er als Stammkeeper beim 1. FC Kaiserslautern, musste nach einer Rot-Sperre aber auf die Bank. Jede Trainingseinheit habe er seitdem mit vollem Engagement absolviert, sagte er schon im Januar. Letsch ist von seinem Neuzugang überzeugt. „Jeder hier kennt Andi, er ist ein erfahrener Torhüter und wird seinen Job machen“, sagte er.
So wie er es in Bochum immer tat, seitdem er sich 2001 im Jugendbereich dem Klub von der Castroper Straße angeschlossen hatte. Er arbeitete sich bis zu den Profis hoch, debütierte am 25. September 2009 in der Bundesliga beim Auswärtsspiel in Nürnberg. 89 weitere Bundesliga-Partien kamen beim VfL Bochum, FC Augsburg und dem 1. FC Union Berlin hinzu. Sein letztes Spiel in der ersten Liga war übrigens gegen „seinen“ VfL. Damals gewann er mit Union Berlin 3:2. Am 15. Mai 2022 war das der Fall. Seine letzte Bundesliga-Partie für Bochum bestritt Luthe derweil am 18. Oktober 2009 bei der 0:2-Niederlage bei Borussia Dortmund. Gut 15 lange Jahre liegen zwischen damals und dem Einsatz gegen RB Leipzig.
VfL Bochum: Luthe verlor Stammplatz an Riemann
Längst vergessen ist, dass Luthe 2016 den VfL Bochum in Richtung Augsburg verließ, weil er seinen Stammplatz gegen Riemann verloren und zusätzlich Probleme mit Vereinsverantwortlichen hatte. Inzwischen hat er sich mit seiner Rolle als Ersatzkeeper voll und ganz arrangiert, will seine Karriere anständig beenden. Vorher will er mit seinem Herzensverein, dessen Mitglied er seit jeher ist, den Klassenerhalt schaffen. Einen wichtigen Schritt könnte der VfL Bochum mit einem Erfolg gegen Leipzig machen. Und die Chancen stehen nicht schlecht. Seit acht Spieltagen ist die Mannschaft von Letsch zu Hause ungeschlagen, schlug zuletzt sogar den FC Bayern. „Wir wollen unsere Außenseiterchance nutzen“, sagte er. Kitschig wäre es, wenn ausgerechnet Luthe den VfL Bochum das ermöglichen würde.