Bochum. Der VfL Bochum spielte gegen Stuttgart mit neuer Abwehr. Die ließ kein Gegentor zu, hat aber kaum eine Perspektive.
Chris Führich bekam noch eine Chance. Wieder kam der deutsche Nationalspieler im Trikot des VfB Stuttgart auf der linken Angriffsseite an den Ball. Wieder sah er sich Tim Oermann, dem deutschen U-20-Nationalspieler im Trikot des VfL Bochum, gegenüber. Führich dribbelte mit kurzen Schritten an, blieb immer wieder stehen, kreiste mit dem Fuß über dem Ball. Dann zog er nach innen, kam zum Abschluss. Der aber war weder Schuss noch Vorlage, ging rechts knapp am Tor vorbei. Auch diese Chance nutzte der VfB Stuttgart gegen den VfL Bochum nicht. Der Sieg ging daher mit 1:0 an Bochum. Schon allein deshalb konnte man auch Oermann ein gutes Spiel als Rechtsverteidiger bescheinigen.
Durch die Sperre von Cristian Gamboa war er gegen den Tabellendritten in die Startelf gerückt. Da Innenverteidiger Keven Schlotterbeck mit muskulären Problemen ebenso fehlte, spielte er zudem neben Noah Loosli. Für den Schweizer war es das Startelfdebüt für den VfL Bochum in dieser Saison, für Oermann der zweite. Bochum spielte mit einer zu 50 Prozent komplett neuen Abwehr gegen das Team, gegen das es im Hinspiel fünf Gegentore gegeben hatte.
Bochums Sportdirektor Lettau holt gleich zum ganz großen Lob aus
Da war es verständlich, dass Bochums Sportdirektor Marc Lettau in der Euphorie des wichtigen Sieges gleich zum ganz großen Lob ausholte. „Es ist unfassbar, dass die Konstellation mit Noah Loosli und Tim Oermann von der ersten Minute an so gut funktioniert hat.“ Wobei die beiden eben nicht sofort so gut funktionierten. Beide benötigten, um ins Spiel zu finden.
Loosli klärte den Ball zweimal eher hoch als weit, im Zweifel schickte er den Ball auf die Tribüne. Dazu kam Oermann selten bis gar nicht. Er hatte, so beschrieb es sein Trainer Thomas Letsch später, „die schwierigste Aufgabe“ in der Bochumer Defensive. Er war sofort gegen Chris Führich gefordert.
Als dessen Fan outete sich Letsch später. „Dass ich das sage, ist ungewöhnlich, weil er ja nicht Spieler meiner Mannschaft ist. Aber Chris Führich ist ein fantastischer Spieler.“ Da war es fast noch überraschender, dass Letsch sich für Oermann als Gamboa-Ersatz entschieden hatte.
Im Vergleich mit Passlack spricht für Oermann die deutlich höhere Geschwindigkeit
Er hatte die Wahl zwischen Oermann und dem deutlich erfahrenen Felix Passlack. Den Ausschlag wird letztlich Oermanns deutlich höhere Geschwindigkeit gegeben haben. Oermann kam gegen Stuttgart auf einen Top-Speed von 34,8 km/h. Damit schaffte er es immer wieder, Führich einzuholen, ihn zu stellen, auch wenn der ihn vielleicht im ersten Versuch ausgespielt zu haben schien. Führichs Top-Speed war diesmal 31,8 km/h.
Da spielte dann der gebürtige Bochumer Oermann gegen den gebürtigen Castrop-Rauxeler Führich. Die meisten Duelle entschied gefühlt der trickreiche Führich für sich, zumindest sah es immer gut aus, wie er da so vor sich hin trickste. Entscheidend aber kam er in diesem Ruhrgebietsduell eben nicht an Oermann vorbei.
Führich tanzte in den Zweikämpfen mit Oermann mit dem Ball, ließ den Fuß über dem Ball kreisen, deutete mehrfach an, dass er in die eine oder andere Richtung starten wollen würde, dann trat er an, trat wieder auf den Ball, startete erneut eine Choreo aus seiner schier unendlichen scheinenden Palette an Tricks. Oermann sah sich das an, blieb konzentriert, fiel vor allem auf die vielen Täuschungen und Tricks nicht herein. Im Zweifel begleitete er Führich quer über den gesamten Platz.
Gegen Dortmund muss Letsch nun zwischen Gamboa und Oermann entscheiden
Damit hatte auch er seinen Anteil am Bochumer Überraschungssieg gegen überlegene Stuttgarter. Erneut bestätigte Oermann damit die Hoffnungen, die die Bochumer Verantwortlichen in ihn haben. Lange war in dieser Saison eine Oermann-Leihe ein Thema. Inzwischen ist sie es nicht mehr. Oermann soll sich beim VfL Bochum in der Bundesliga beweisen. Gegen Stuttgart tat er das auf der für ihn weiter ungewohnten Position als Rechtsverteidiger.