Bochum. Keven Schlotterbeck ist Abwehrchef des VfL Bochum. Er spricht über seinen Doppelpack, die Viererkette und den auslaufenden Leihvertrag.
Ralf Ritter
Bochum. Keven Schlotterbeck ist gut drauf an diesem kühlen Trainingstag. In kurzer Hose verrät er nach der Einheit im Kraftraum, dass er ein neues Setup habe für sein Hobby: Es werde Zeit, mal wieder ein paar Darts-Pfeile zu werfen, sagt der Innenverteidiger des VfL Bochum und lacht. Vor allem aber werde es Zeit, dass es weitergeht in der Bundesliga. Am Sonntag (15.30 Uhr/DAZN) kommt der SV Werder Bremen zum Hinrunden-Abschluss und Jahresauftakt ins ausverkaufte Vonovia Ruhrstadion. „Ich bin froh, dass wir wieder kicken. Ich habe ein sehr gutes Bauchgefühl“, sagt Schlotterbeck.
VfL Bochum: Zwei Heimsiege und guter Start ins neue Jahr machen Mut
Das hat Gründe. In den letzten beiden Heimspielen gegen Wolfsburg und Union Berlin überzeugte der VfL mit 3:1- und 3:0-Siegen, und nach dem 0:4 bei den bisher ja nur sehr, sehr schwer zu schnappenden Virtuosen von Spitzenreiter Leverkusen kurz vor Weihnachten feierte der VfL beim Testspiel gegen Vitesse Arnheim am vergangenen Sonntag einen guten Start ins Jahr. Mit einer Elf, die überwiegend so auch gegen Bremen zu erwarten ist. Der VfL siegte mit 2:0 - dank der Kopfball-Treffer von Keven Schlotterbeck.
Ein Doppelpack ist dem Innenverteidiger zuletzt vor rund sieben Jahren gelungen, erzählt er – bei der TSG Backnang in der Verbandsliga, seiner letzten Station vor seinem Aufstieg zum Profi beim SC Freiburg. „Zwei Tore zu erzielen fühlt sich natürlich gut an“, sagt der kopfballstarke 26-Jährige, der in der Bundesliga ja auch schon seine Qualitäten im gegnerischen Strafraum bewies. Gegen Mainz traf er in dieser Saison, gegen Hertha BSC im Hin- und Rückspiel in der Vorsaison. Aber, das betont Schlotterbeck umgehend: „Für mich als Verteidiger war es noch schöner, dass gegen Arnheim hinten wieder die Null stand.“
Mehr Stabilität in der Defensive auch dank Keven Schlotterbeck
Dass sich die Defensive stabilisiert hat beim VfL nach der Flut an Gegentoren in den ersten Saisonspielen, hat auch viel mit ihm zu tun. Nach seiner Rückkehr zum VfL, erneut ausgeliehen vom SC Freiburg, saß er zunächst auf der Bank. Nach dem 0:7 in Bayern und 1:3 gegen Mönchengladbach, als die Stimmung mehr und mehr zu kippen drohte, durfte er erstmals wieder in der Startelf ran – und ist seit diesem 0:0 in Leipzig gesetzt. Es folgten acht weitere Startelf-Einsätze, der VfL holte in diesen neun Partien mit Schlotterbeck von Beginn an drei Siege und vier Remis bei nur zwei Niederlagen. Lediglich in Hoffenheim (1:3) fehlte er wegen einer Gelb-Sperre.
„Umso öfter man spielt, umso mehr Selbstvertrauen bekommt man. Ich kann mich über die Hinrunde nicht beschweren“, bilanziert Schlotterbeck die bisherige Spielzeit. „Klar wäre ich gerne früher zum Einsatz gekommen nach meiner Verpflichtung, aber so ist der Fußball. Ich habe auf die Chance gewartet und die Chance genutzt.“
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In der Kicker-Rangliste zählt Keven Schlotterbeck zur nationalen Klasse
Auch in der Winter-Rangliste des kicker-Sportmagazins schlägt sich das nieder: Keven Schlotterbeck schaffte es im Gegensatz zu seinem Bruder Nico vom BVB unter die Top 15 der besten Bundesliga-Verteidiger der bisherigen Saison („nationale Klasse“). Eine Auszeichnung. „Das liest man gerne und ist ein schöner Nebeneffekt. Aber mehr auch nicht. Wichtig ist das, was auf dem Platz passiert, darauf fokussiere ich mich“, sagt er.
Schlotterbeck geht dabei voran. Als Abwehrchef!? „Abwehrchef ist ein großes Wort. Aber Keven ist der Spieler, der hinten am meisten kommuniziert“, sagt Trainer Thomas Letsch. Seit Ivan Ordets‘ Verletzung, seit dem 2:1 in Darmstadt setzte Letsch dabei – vom Hoffenheim-Spiel zwangsläufig abgesehen - stets auf die gleiche Viererkette: mit Bernardo, Schlotterbeck, Erhan Masovic und Cristian Gamboa. „Das“, sagt Letsch, „hat ganz gut funktioniert“ – und wird mindestens gegen Bremen so bleiben.
Denn frühestens beim Heimspiel gegen Stuttgart (20. Januar) könnte Ivan Ordets wieder eine Option sein. Der Ukrainer, der im November und Dezember verletzt fehlte, hat nun mit dem Mannschaftstraining wieder begonnen. Für ihn müsste aber wohl nicht Linksfuß Schlotterbeck, sondern Erhan Masovic weichen.
Eingespielte Viererkette beim VfL Bochum: „Jeder vertraut jedem“
Dass die Abwehrreihe ebenso eingespielt ist wie das zentrale Mittelfeld mit Anthony Losilla, Patrick Osterhage und Kevin Stöger ist jedenfalls ein großes Plus, meint auch Schlotterbeck. „Wir haben jetzt viel zusammengespielt. Jeder vertraut jedem. Man möchte jeden Zweikampf gewinnen, aber wenn man ihn doch mal verliert, weiß man, dass hinter dir noch einer steht, der für dich aufräumt.“
So soll es auch gegen Bremen klappen. Beide Teams haben 16 Punkte, Werder hat die bessere Tordifferenz. „Wir wollen mit einem Dreier ins Jahr starten, das wäre auch gut fürs Selbstvertrauen, fürs Gefühl“, sagt Schlotterbeck und setzt „auf unsere Fans im Vonvoia Ruhrstadion, unsere Heimstärke, unsere Intensität und Mentalität“. Allerdings warte mit Bremen eine „topeingespielte Mannschaft“ auf den VfL: „Es gilt, 100 Prozent abzurufen.“
Schon sechs Gelbe Karten: Schlotterbeck will nicht noch einmal gesperrt werden
100 Prozent, diese Quote strebt er auch bei den gewonnenen Zweikämpfen an, in jedem Spiel. Dafür schmeißt sich Schlotterbeck rein, kompromisslos, mitunter auch zu Lasten einer Verwarnung. In sechs der neun Partien von Beginn an sah er die Gelbe Karte - rekordverdächtig. Vielleicht auch, weil ihm hier und dort noch das Timing fehlt, mitunter das Tempo.
Schlotterbeck: „Ich habe mittlerweile eine sehr akkurate, aggressive Spielart. Wenn ich dann einen Schritt zu spät komme, kann es schonmal rauschen, dann kommt der Gelbe Karton. Solange es keine zweite Gelbe wird, ist alles gut.“ Und es bleibt alles gut, solange er nicht vier weitere Gelbe Karten sieht in den nächsten 17 Partien. Dann wäre er nämlich erneut gesperrt. Schlotterbeck: „Ich will keine zweite Sperre mehr absitzen müssen in dieser Saison, das ist auch ein klares Ziel.“
Schlotterbeck kann sich längere Zeit in Bochum gut vorstellen
Über allem steht natürlich der Klassenerhalt, an dem gefühlt derzeit niemand zweifelt beim VfL, um den VfL herum. Und dann? Der VfL Bochum wollte Schlotterbeck schon in diesem Sommer am liebsten fest verpflichten, am Ende wochenlanger Bemühungen konnte man sich im August mit dem SC Freiburg auf eine weitere Leihe für diese Spielzeit verständigen. Wie schon im ersten Halbjahr 2023, als Schlotterbeck in der Winterpause zum VfL stieß. Und sofort ankam, in Bochum, beim Team.
Verein und Trainer würden ihn gerne halten - Schlotterbeck hätte nichts gegen eine weitere Bundesliga-Saison beim VfL. Er sagt lächelnd: „Ich sehe den Trainer öfter, sehe Marc Lettau (VfL-Sportdirektor, die Redaktion) öfter, man spricht miteinander. Es ist ja noch ein bisschen Zeit bis zum Sommer. Aber wenn ich so weiterspiele, wird sich der VfL Bochum bestimmt intensiv um mich bemühen. Dann wird man sehen, was passiert. Ich bin nicht abgeneigt, länger für Bochum zu spielen, weil ich mich hier sehr wohl fühle, das steht außer Frage.“
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