Gelsenkirchen. Rund fünf Stunden dauert die Mitgliederversammlung des FC Schalke 04 am Samstag. Dabei gibt es auch Zündstoff. Axel Hefer übt Kritik.

Ihren emotionalsten Moment hatte die Mitgliederversammlung des FC Schalke 04 direkt mit dem zweiten Punkt der Tagesordnung. Die Spotlights gingen auf einen, der bei den Königsblauen so oft im Mittelpunkt gestanden hatte. Benedikt Höwedes, inzwischen 35 Jahre alt, ging zum Mikrofon, sichtlich ergriffen, und bedankte sich dafür, einstimmig zum zehnten Ehrenspielführer gewählt worden zu sein. „Das bedeutet mir sehr viel“, sagte er. „Ich bin stolz, Teil der Familie zu sein.“ Es war ein harmonischer Augenblick von vielen. Schalke feierte sich selbst, sehr bemerkenswert angesichts der Tatsache, dass der Klub gerade in die 2. Bundesliga abgestiegen ist.

Schalke-Versammlung über fünf Stunden

Rund fünf Stunden dauerte die Versammlung – blendend ist die Situation des Klubs nicht. Ganz im Gegenteil: Die Profis spielen zweitklassig, viele Leistungsträger sind gegangen, die Schulden betragen über 180 Millionen Euro, das negative Eigenkapital liegt bei 115 Millionen Euro, nicht einmal einen Trikotsponsor haben die Schalker zurzeit.

Doch all das führte nicht zu großer Kritik oder gar Wortgefechten. Ohnehin waren nur 3602 Mitglieder da, davon 3558 stimmberechtigte. Viele wählten das Schwimmbad statt Schalke. Aufsichtsrats-Chef Axel Hefer wurde von mit einer Zustimmung von 93 Prozent wiedergewählt, auch Holger Brauner (86 Prozent) bekam einen traumhaften Wert und bleibt im höchsten Vereinsgremium. Nach den Berichten der Vorstände Peter Knäbel, Christina Rühl-Hamers und Bernd Schröder und von Hefer selbst zum abgelaufenen Jahr gab es nur sechs Nachfragen von Mitgliedern – für Schalke ein unglaublich niedriger Wert.

Schalke-Check: Wie mächtig ist die aktive Fanszene?

Mit dem eingeschlagenen Weg der Vereinsführung sind die Schalker offenbar sehr zufrieden. „Wir sind und bleiben eine der beliebtesten Marken im deutschen Fußball“, sagte Bernd Schröder. Und richtete gleich eine Forderung an die DFL für die Aushandlung des neuen TV-Vertrages, der ab 2025 greift: 25 Prozent der Summe sollten nach Attraktivität der Vereine ausgeschüttet werden, nicht wie bisher drei. „Wir sind bei den TV-Quoten Champions League“, sagte Schröder. Applaus der Menge.

Nur rund 3600 Mitglieder waren am Samstag bei der Schalke-Versammlung dabei.
Nur rund 3600 Mitglieder waren am Samstag bei der Schalke-Versammlung dabei. © dpa

Schröder und auch Sportvorstand Peter Knäbel formulierten ehrgeizige langfristige Ziele, die für einen Absteiger, der nicht zwingend als Topfavorit in die Zweitliga-Saison geht, bemerkenswert sind. Langfristig wolle Schalke wieder zu den Top 6 der Bundesliga gehören, sagten Schröder und Knäbel. Und der Kaderwert solle auf 200 Millionen Euro steigen – in der abgelaufenen Saison lag er bei 60 Millionen Euro. Spieler günstig einkaufen oder in der Knappenschmiede ausbilden, dann teuer verkaufen und so finanziell konsolidieren – so in etwa klingt das Ziel. Applaus der Menge.

Und die finanzielle Lage? Für das Jahr 2023 prognostizierte Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers einen Gewinn: „Wir haben uns Handlungsfreiheit hart erarbeitet.“ Das negative Eigenkapital bliebe erst einmal ein „stetiger Begleiter“, der Plan für die Trendwende sei aber bereits verabschiedet worden: „Erst als Peter Knäbel und ich kamen, war das Einhalten von Budgets Pflicht. Davor optional. Darauf bin ich richtig stolz.“ Applaus der Menge. Die war ohnehin nur dann unzufrieden, wenn über eine Ausgliederung gesprochen wurde. Mitglieder, die Anträge dazu stellten oder darüber sprechen wollten, wurden gnadenlos niedergepfiffen. Schalke bleibt Schalke.

Alles friedlich also?

Hatten die Mitglieder nur wenig kritische Zwischenfragen, geriet nach der Versammlung Dr. Bernd Schröder in einer Medienrunde in Erklärungsnot, als es um die Suche nach einem neuen Trikotsponsor ging. Verhandlungen mit Hydrogen Deutschland waren gescheitert, Gerüchte über Verbindungen der Firma nach Russland kamen auf. „Ein sehr junges Unternehmen, im Aufbau befindlich, sie sind noch nicht so weit“, sagte Schröder. „Diese Gerüchte über Oligarchen, nur weil einer einen russischen Nachnamen hat, da ist nichts Substanzielles dran.“ Doch wieso hat Schröder überhaupt mit Hydrogen verhandelt – dass die Firma klein sei, war ja bekannt, wurde der Vorstandschef gefragt. „Aus den Gesprächen würde ich nichts erzählen wollen. Dass das rausgekommen ist, ist doof. Wir haben immer allgemein gesprochen, von bis und wann das möglich ist“, sagte er. Wer Hauptsponsor wird und wann? Sagte Schröder nicht.

Schalke: Axel Hefer ist unzufrieden mit Bernd Schröder

Axel Hefer zeigte sich sogar ungewöhnlich unzufrieden mit Schröder, öffentliche Kritik von Aufsichtsräten an Vorständen ist selten. „Unser Anspruch muss es sein, zur Mitgliederversammlung einen Sponsor zu präsentieren. Das können wir nicht, das ist nicht gut, keine Frage“, sagte Hefer. „Bei allen Sachen ist es wichtig zu schauen, wo Fehler gemacht worden sind, damit man die Fehler nicht nochmal macht.“ Ein bisschen Zündstoff gibt es eben immer auf Schalke.

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Aber auch ganz viel Folklore. Und so endete die Versammlung mit einer Gesangseinlage des langjährigen Mitglieds Norbert Hauka – und einem ungewöhnlichen Angebot. 50.000 Euro habe er mit seiner Frau gespart und würde die Schalke zinslos zur Verfügung stellen. Damit der Wiederaufstieg gelingt.